Bienen unter Druck

Stressfaktoren können sich in ihrer Wirkung multiplizieren

01.09.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ein Großteil der Studien zum Thema Bienensterben bezieht sich lediglich auf die Honigbiene, die als Nutztier vom Menschen versorgt wird. (Bildquelle: © jggrz / Pixabay)

Ein Großteil der Studien zum Thema Bienensterben bezieht sich lediglich auf die Honigbiene, die als Nutztier vom Menschen versorgt wird. (Bildquelle: © jggrz / Pixabay)

Nahrungsmangel, Pflanzenschutzmittel und Parasiten – das alles kann sich negativ auf die Tiere auswirken. Doch sind Bienen gleichzeitig mehreren dieser Stressfaktoren ausgesetzt, kann die Sterblichkeit sogar überproportional ansteigen.

Bienen haben es heute alles andere als leicht. In intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen werden zumindest zeitweise ihre Nahrungspflanzen rar. Auch neue eingeschleppte Parasiten setzten den Tieren zu. Zudem kommen sie mit Pflanzenschutzmitteln regelmäßig in Berührung. Viel weiß man bereits über die Auswirkung eines einzelnen Stressfaktors auf die Bienen. Aber bisher wurden kaum die Auswirkungen untersucht, wenn gleichzeitig mehrere Stressfaktoren zusammenkommen. In einer neuen Meta-Studie haben sich Wissenschafter:innen jetzt mit dem Thema intensiver auseinandergesetzt.

Antagonistisch, additiv oder synergistisch?

Dazu werteten die Forscher:innen 356 spezifische Wechselbeziehungen aus 90 verschiedenen Studien aus. Zu den untersuchten Stressoren gehörten Pflanzenschutzmittel (in anwendungsüblichen Mengen), die Belastung durch Parasiten und Nahrungsmangel. Untersucht wurde u. a. die Sterblichkeit und Reproduktionsrate der Tiere, Verhaltensänderungen, Parasitenbefall und Reaktionen des Immunsystems beim gleichzeitigen Auftreten von zwei oder gar drei Stressoren.

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Sind Bienen gleichzeitig mehreren Stressfaktoren ausgesetzt, kann die Sterblichkeit überproportional ansteigen.

Sind Bienen gleichzeitig mehreren Stressfaktoren ausgesetzt, kann die Sterblichkeit überproportional ansteigen.

Bildquelle: © Thomas B. / Pixabay

Theoretisch kann man erwarten, dass sich die Wirkungen mehrerer Stressoren bei den Tieren entweder gegenseitig abschwächen, sich addieren oder im Extremfall sogar multiplizieren. Im letzten Fall spricht man von einer synergistischen Wirkung: Die negativen Effekte auf die Bienen sind höher als die Addition der Einzelwirkungen verschiedener Stressoren.

Tödlicher Stress

Die Forscher:innen fanden beunruhigendes heraus: Waren die Tiere gleichzeitig mit Nahrungsmangel, Pflanzenschutzmittel und Parasitenbefall konfrontiert, verstärken sich die Einzeleffekte synergistisch. Zu erkennen war das an der überproportionalen Zunahme der Sterblichkeit. Wirkten nur zwei Stressoren gleichzeitig auf die Bienen ein, war ein synergistischer Effekt nur dann zu beobachten, wenn Stress gleichzeitig durch zwei verschiedene Pflanzenschutzmittel ausgelöst wurde. Bei anderen Stressor-Kombinationen wie etwa Parasitenbefall und Nahrungsmangel, Pflanzenschutzmittelkontakt und Nahrungsmangel oder Pflanzenschutzmittelkontakt und Parasitenbefall kam es lediglich zu einer additiven Wirkung.

Untersuchte man die Auswirkungen von gleichzeitig zwei Stressoren auf das Verhalten der Bienen bei der Nahrungssuche oder Reaktion des Immunsystems, konnte lediglich eine antagonistische oder additive Wirkung beobachtet werden.

Die Hintergründe für die synergistische Wirkung bei der simultanen Einwirkung von drei Stressoren bleibt im Moment aber noch unklar, resümierten die Forscher:innen. Sie betonten auch, dass die meisten Studien lediglich die Auswirkungen auf die Honigbiene untersucht haben. Daten zu Wildbienen waren deutlich seltener. Die Forscher:innen können bislang nur vermuten, dass die Auswirkungen auf Wildbienen ähnlich sind wie bei der Honigbiene.

Pflanzenschutzmittel unterschätzt

Auch brauche es noch vertiefte Informationen zur Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf die Tiere. Insbesondere deren Kombinationswirkung sei bisher höchstwahrscheinlich unterschätzt worden, so die Forscher:innen. Insbesondere Azole und Pyrethroide wirken synergistisch und erhöhen die Bienensterblichkeit überproportional.

Größere Datenlücken gebe es zudem beim Stressfaktor Nahrungsmangel und seine Interaktion mit anderen Stressoren. Dabei wird er in Zukunft durch fortschreitenden Habitatverlust und den Klimawandel weiter an Bedeutung gewinnen. Zeit zu forschen!


Quelle:
Siviter, H. et al. (2021): Agrochemicals interact synergistically to increase bee mortality. In: Nature, Vol 596, (19. August 2021), doi: 10.1038/s41586-021-03787-7.

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Titelbild: Ein Großteil der Studien zum Thema Bienensterben bezieht sich lediglich auf die Honigbiene, die als Nutztier vom Menschen versorgt wird. (Bildquelle: © jggrz / Pixabay)