Borkenkäferbekämpfung

Synthetische Duftstoffe ziehen Fressfeinde an

16.09.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Spuren der Verwüstung: Der Wald kämpft mit der größten Borkenkäferplage seit 70 Jahren. (Bildquelle: © Foto-Rabe/Pixabay/CC0)

Spuren der Verwüstung: Der Wald kämpft mit der größten Borkenkäferplage seit 70 Jahren. (Bildquelle: © Foto-Rabe/Pixabay/CC0)

Der deutsche Wald befindet sich in einem sehr ernsten Zustand: Trockenheit schwächt die Abwehrkräfte der Bäume und hat dieses Jahr zur größten Borkenkäferplage seit 70 Jahren geführt. Die gute Nachricht: Wissenschaftler der TU Dresden haben eine umweltschonende Bekämpfungsmethode entwickelt. Das Zauberformel lautet: „ortsfremde Kairomone“.

Borkenkäfer finden vor allem in kränkelnden und absterbenden Bäumen günstige Entwicklungsbedingungen. Und die gibt es immer häufiger: Trockenheit und Hitze schädigen die Bäume in den letzten Jahren mit hoher Regelmäßigkeit. Nur noch ca. ein Drittel der Fichten gelten als gesund, bei den Eichen zeigen lediglich die Hälfte der Bäume keine sichtbaren Schäden. Hinzu kommt, dass Borkenkäfer sich rasant vermehren können. Ein einzelnes Käferpaar des Großen Buchdruckers kann bis zu 100 000 Nachkommen haben.

Effektive Abwehrmaßnahmen gegen den Käfer sind rar. Oft bleibt den Waldbesitzern nur übrig, befallene Bäume frühzeitig aus dem Wald zu nehmen und somit die Massenvermehrung einzudämmen.

Natürliche Feinde der Borkenkäfer als Verbündete

Professor Michael Müller, Professor für Waldschutz der TU Dresden, und sein Team haben jetzt eine neue und nachhaltige Methode zur Bekämpfung der Borkenkäfer entwickelt. Sie setzt auf Lockduftstoffe, die die natürlichen Feinde der Borkenkäfer anlocken und die Borkenkäferpopulation dezimieren sollen. Die Methode wurde im Verbundprojekt „bioProtect“ jetzt weiterentwickelt.

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Warum haben es Borkenkäfer aktuell so leicht? Wie genau schädigen sie die Bäume? Das erklärt Professor Michael Müller in diesem Video.

Videoquelle: TU Dresden / youtube.com

Solche Stoffe werden Kairomone genannt: Ein Botenstoff zur Informationsübertragung zwischen Arten, von denen nur der Empfänger etwas hat. In unserem Fall also die Jäger der Borkenkäfer wie der Ameisenbuntkäfer. Die Lockduftstoffe sind von den Pheromonen der Borkenkäfer abgeleitet und können im Labor in großen Mengen synthetisiert werden.

Borkenkäfer austricksen

Damit die Duftstoffe nicht zusätzlich Borkenkäfer in großer Zahl in den Wald locken, greift das Forschungsteam auf einen Trick zurück. In Laubwäldern nutzten sie die Borkenkäfer-Pheromone aus Nadelwäldern, in Nadelwäldern diejenigen aus Laubwäldern. Und weil die Borkenkäfer in Laubwälder nicht die Pheromone der Borkenkäfer im Nadelwald erkennen können und umgekehrt, werden die Käfer durch die ortsfremden (allochthonen) Kairomone ausgetrickst. Die Jäger wiederum können beide Lockstoffarten erkennen und den Düften folgen.

Müller hofft, dass die Methode in ein paar Jahren marktreif ist: „Dann kaufen Waldbesitzer im Fachhandel keine Insektizide, sondern naturnahe Stoffe, die sie an Rohholzstapeln anbringen“. Die Stoffe können zum Beispiel in Ampullen angebracht werden. Treffen die ersten Borkenkäfer ein, warten dort schon die zuvor angelockten Jäger. Als Larven fressen die Ameisenbuntkäfer die Borkenkäferstadien, die bereits im Holz sind. Die erwachsenen Käfer gehen auf der Rinde auf die Jagd, wo sie anfliegende Borkenkäfer fangen und fressen. So verhindern oder vermindern sie den Befall.

Der Wald muss sich erholen

Diese Methode schützt so geerntetes Holz, mindert den Bruterfolg der Borkenkäfer etwa in Schutzgebieten und hält Populationsdichten auf niedrigerem Niveau. Das große Problem der Massenvermehrung ließe sich allerdings erst dann lösen, wenn der betroffene Wald sich einmal richtig von Hitze und Trockenheit erholt hätte. Dann könnten auch die natürlichen Abwehrstrategien der Bäume den Befall wieder wirksam eindämmen.