Die Macht der Mykorrhizapilze

Pilze fördern Artenvielfalt

12.03.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Nicht nur Unterschiede in Klima und Geologie, sondern auch die Verfügbarkeit von Symbionten wie dem Mykorrhizapilz beeinflussen die Pflanzenvielfalt an verschiedenen Standorten. (Bildquelle: © Holger Kreft)

Nicht nur Unterschiede in Klima und Geologie, sondern auch die Verfügbarkeit von Symbionten wie dem Mykorrhizapilz beeinflussen die Pflanzenvielfalt an verschiedenen Standorten. (Bildquelle: © Holger Kreft)

Wenn Mykorrhizapilze sich im Boden ansiedeln und gute Lebensbedingungen finden, steigt die Artenvielfalt.

Der Schutz der Biodiversität ist eins der großen Ziele unserer Zeit. Allerdings reicht es nicht, einfach nur einzelne Arten zu schützen. Man muss auch die Mechanismen und Zusammenhänge verstehen, die eine Artenvielfalt erst ermöglichen. In einer neuen Studie befassen sich Forscher mit der Frage, inwieweit Mykorrhizapilze Pflanzenarten bei der Besiedlung von Gebieten helfen oder sie sogar daran hindern.

Mykorrhizapilze, die kleinen Helfer im Boden

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Insel der Seychellen: Weit von Festland entfernte Inseln haben natürlicherweise weniger Pflanzenarten, die eine Symbiose mit Mykorrhiza eingehen als in den gleichen Breiten auf dem Festland.

Insel der Seychellen: Weit von Festland entfernte Inseln haben natürlicherweise weniger Pflanzenarten, die eine Symbiose mit Mykorrhiza eingehen als in den gleichen Breiten auf dem Festland.

Bildquelle: © Pixabay/CC0

Mykorrhizapilze sind Bodenpilze, die nahezu weltweit verbreitet sind. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie mit verschiedenen Pflanzenarten eine Symbiose eingehen können: Dazu siedeln sie sich in den Feinwurzeln ihrer pflanzlichen Partner an und beziehen von ihnen Assimilate aus der Photosynthese. Als Gegenleistung stellen sie der Pflanze Nährstoffe zur Verfügung. Das verschafft diesen Pflanzen einen Standortvorteil.

Man schätzt, dass etwa 90 Prozent der Landpflanzen eine Symbiose mit Mykorrhizapilzen eingehen können. Mykorrhizapilze haben also einen wichtigen Einfluss auf die Verbreitung von Pflanzenarten.

Um die Bedeutung der Mykorrhiza bei der Ansiedlung und Verbreitung von Pflanzenarten zu untersuchen, werteten die Forscher 1.437.761 Datensätze zu Pflanzenvorkommen von 213.710 Bedecktsamer (Angiospermen) aus 1.103 Regionen weltweit aus. In den Datensätzen enthalten waren sowohl Wildpflanzen als auch Nutzpflanzen. Anhand dieser Datensätze wurden die Vorkommen und die Verbreitung von Pflanzenarten mit und ohne Symbiosefähigkeit analysiert.

Mykorrhizapilze als Kolonisationshelfer

Die Forscher fanden heraus, dass Pflanzen, die Symbiosen mit den Pilzen eingehen können, auf Inseln unterrepräsentiert sind. Dort kommen weniger Mykorrhizapilze im Boden vor. Je weiter die Inseln vom Festland entfernt sind, desto stärker zeigte sich dieser Trend. Pflanzen, die nicht auf die Pilzsymbiose angewiesen sind, haben hier also in vielen Fällen einen Vorteil. Neben Faktoren wie Geologie, Isolation und Größe einer Insel ist also für Artenreichtum und -spektrum auch das Vorkommen von Mykorrhizapilzen mitentscheidend.

Auf dem Festland konnten die Forscher eine Zunahme von symbiotischen Pflanzenarten von den Polen hin zum Äquator beobachten. In den arktischen Regionen sind Mykorrhizapilze aufgrund der niedrigen Temperaturen und Schneebedeckung weniger verbreitet. Die Tropen dagegen bieten mit Wärme und viel Feuchtigkeit die idealen Bedingungen für Bodenpilze. Diese Mikroorganismen sind also maßgeblich an der überdurchschnittlichen Zunahme der pflanzlichen Artenvielfalt von den Polen in Richtung der Tropen beteiligt.

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Der menschliche Einfluss: Betreibt der Mensch zum Beispiel Landwirtschaft, verändert er das Land und den Boden.

Der menschliche Einfluss: Betreibt der Mensch zum Beispiel Landwirtschaft, verändert er das Land und den Boden.

Bildquelle: © iStock.com/handsomepictures

Der Mensch ändert alles

Eingriffe des Menschen führen zu neuen Bedingungen. Werden beispielsweise Nutzpflanzen auf einer Insel eingeführt, steigt die Zahl von Wildpflanzenarten, die mit Mykorrhizapilzen eine Symbiose eingehen. Denn einige Nutzpflanzen sind Sträucher oder Bäume, die mit Wurzelballen gepflanzt werden – und die können Mykorrhizapilze enthalten.

Menschliche Eingriffe auf dem Festland führen dagegen tendenziell zu einer Abnahme von Arten, die eine Symbiose mit Mykorrhizapilzen eingehen. Mögliche Gründe sind Eingriffe in den Bodenhaushalt, die Freisetzung von gebietsfremden Pflanzen und Düngung. Das reichliche künstliche Nährstoffangebot, vor allem an Stickstoff und Phosphor, verschiebt das Gleichgewicht hin zu Pflanzenarten ohne Mykorrhizabeteiligung.

Verstehen, was vor sich geht

Die Ergebnisse zeigen also, dass sich entscheidende „Zutaten“ für die Biodiversität einer Region im Boden befinden. Mykorrhizapilze beeinflussen, welche Pflanzen sich ansiedeln und beeinflussen die geografische Verbreitung und die Vielfalt von Pflanzenarten. Ist das Gleichgewicht im Boden gestört, wird das Ökosystem möglicherweise aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Forscher betonen, dass das Zusammenspiel zwischen Pflanzen und Bodenpilzen sehr komplex ist. Diese Zusammenhänge müssen besser verstanden werden, um einen effektiven Schutz von Biodiversität leisten zu können.


Quelle:
Delavaux, C.S. et al. (2019): Mycorrhizal fungi influence global plant biogeography. In: Nature Ecology & Evolution, Vol 3, (25. Februar 2019), doi: 10.1038/s41559-019-0823-4

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Nicht nur Unterschiede in Klima und Geologie, sondern auch die Verfügbarkeit von Symbionten wie dem Mykorrhizapilz beeinflussen die Pflanzenvielfalt an verschiedenen Standorten, zum Beispiel an der trockenen Ostküste Teneriffas. (Bildquelle: © Holger Kreft)