Einblicke in die Entstehung von Nährstoffbarrieren in Wurzeln

27.05.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wurzeln regulieren, welche Nährstoffe sie aufnehmen. (Quelle: © DAV - Fotolia.com)

Wurzeln regulieren, welche Nährstoffe sie aufnehmen. (Quelle: © DAV - Fotolia.com)

Bestimmte Proteine in der Schutzschicht der Pflanzenwurzel sorgen dafür, dass sich Nährstoffbarrieren in speziellen Regionen der Zellwände bilden. Damit sind Forscher den Vorgängen, die zur Entwicklung dieser Barrieren führen, einen großen Schritt näher gekommen.

Vielfältige Mechanismen arbeiten bei der Nährstoff- und Wasseraufnahme über die Wurzeln aus dem Boden zusammen. Die Umgebung bietet der Pflanze ein riesiges Repertoire an Substanzen an, darunter sowohl lebensnotwendige Nährstoffe als auch gefährliche Giftstoffe. Daher hat die Wurzel im Laufe der Evolution diverse Mechanismen entwickelt, notwendige von unnötigen oder gar giftigen Stoffen zu unterscheiden.

So befindet sich um den Zentralzylinder eine Schutzschicht, die sogenannte Endodermis. Der Zentralzylinder transportiert Nährstoffe und Wasser in alle Teile der Pflanze. Giftstoffe sollten in diese zentrale Versorgungseinheit einer Pflanze nach Möglichkeit nicht hineingelangen.

Die Endodermis filtert Nährstoffe und Wasser. Die Pflanze wird bestmöglich versorgt und unter optimalen Bedingungen herrscht in der Pflanze immer der richtige Wasserdruck. Durch diesen Wasserdruck (Turgor) erlangt die Pflanze Stabilität. Bekannt war bisher, dass sich in den Zellwänden der Endodermis eine besondere Zellstruktur entwickelt. Diese sogenannten Casparischen Streifen bilden einen Ring um die Zelle und blockieren den Nährstofftransport im Zellzwischenraum ebenso wie innerhalb der Zellwände. Nährstoffe und Wasser können daher nur kontrolliert an bestimmten Durchlasszellen der Endodermis zum Zentralzylinder gelangen. Unbekannt war dagegen, welche biochemischen Vorgänge zu der typisch ringförmigen Lokalisierung der Casparischen Streifen führen. Eine internationale Forschergruppe unter Beteiligung von Molekularbiologen der Universität Tübingen fand nun heraus, dass bestimmte Proteine die Stellen markieren, an denen sich kurz darauf die Casparischen Streifen bilden.

Fünf Proteine mit zentraler Bedeutung

Die Wissenschaftler führten ihre Experimente mit Wurzeln der Modelpflanze Arabidopsis thaliana durch. Sie identifizierten fünf Proteine, deren Funktionen bisher unbekannt waren. Diese fünf sogenannten CASPs (=casparian strip membrane domaine proteins) waren aufgefallen, da sie sich vor allem in den Regionen der Endodermis anhäuften, wo sich während der Differenzierung einer Zelle die Casparischen Streifen bilden. Diese Regionen werden CSD-(casparian strip membrane domain)-Regionen genannt.

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Arabidopsis-Pflanzen.

Arabidopsis-Pflanzen.

Bildquelle: © Claudia Vojta, MPIZ Köln / wikimedia.org;CC BY-SA 2.0 de

Die Wissenschaftler wollten nun herausfinden, ob die CASPs lediglich als Material für den Aufbau der Casparischen Streifen benötigt werden oder ob sie die Position der Casparischen Streifen bestimmen. Durch eine Kombination aus lichtmikroskopischen und elektronenmikroskopischen Untersuchungen fanden die Forscher heraus, dass CASP-Proteine zu Beginn der Zelldifferenzierung gleichmäßig in der Endodermis verteilt sind. Im Laufe der Differenzierung konzentrieren sich die Proteine an wenigen Stellen. In anderen Bereichen verschwinden sie vollständig. An den Sammelstellen der CASPs bilden sich dann die CSD-Regionen, wo sich die Casparischen Streifen entwickeln. Die Forscher schließen daraus, dass die Konzentration der CASP-Proteine an diesen Sammelstellen eng mit der späteren Entwicklung der CSD-Regionen verknüpft ist. Werden die CASP-Proteine dagegen außerhalb der Zelle gebildet, sammeln sich die CASPs nicht in solchen definierten Regionen. Es scheinen also zusätzliche Endodermis-typische Faktoren nötig zu sein, damit die CASPs Proteine sich sammeln bzw. dort massiv von der Zelle produziert werden.

Mutierte Formen der CASP-Proteine führen zu Desorganisation in der Zellwand

In einem weiteren Versuch wurden mutierte CASP-Proteine in die Endodermiszellen eingesetzt. Es zeigte sich, dass die Casparischen Streifen zwar gebildet werden. Sie waren jedoch untypisch in der ganzen Zellwand verteilt. Die sonst ringförmige Struktur bildete sich nicht heraus. Das Experiment bestätigt, dass CASP-Proteine die Stelle markieren, wo sich später die Casparische Streifen bilden. 

Ein Protein mit mehreren Funktionen

Eines der CASP-Proteine ist in der Zelle gleichzeitig auch noch für andere Funktionen zuständig. Neben der Definition der Region, wo die Casparischen Streifen gebildet werden, scheint das CASP-Protein andere Eiweiße zu binden. Durch den zu entstehenden Bindungskomplex aus mehreren Proteinen, verändern diese Eiweiße ihre Position nach der Lokalisierung nicht mehr. Es scheint daher möglich, dass CASP-Proteine mit weiteren Substanzen Komplexe eingehen, um sie so an den von ihnen ausgewählten Ort für andere Aufgaben zu binden.

Ein Türöffner für neue Forschungsansätze 

Nach Auffassung der Forscher sind die CASP-Proteine die ersten bekannten molekularen Faktoren, die zur Bildung einer extrazellulären Diffusionsschranke beitragen. Weitere Studien zur Identifizierung von CASP-regulierenden Faktoren sind nötig, um die Entwicklung der Casparischen Streifen vollständig nachvollziehen und damit bestehende Theorien über die Aufnahme von Nährstoffen über die Wurzel experimentell hinterfragen zu können. Auch für die Entwicklung hochwirksamer Herbizide oder Düngemittel könnte das Wissen von großer Bedeutung sein, da auch diese Substanzen teilweise über die Wurzel aufgenommen werden. Um in geringsten Konzentrationen wirksam zu sein, dürfen diese nichtüber die Barrieren ausgefiltert werden. Zudem könnten CASP-Proteine in anderen Zelltypen außer der Wurzel ähnlich wichtige Rollen spielen. Deren Identifizierung könnte das Wissen über die Entstehung der Struktur von Zellmembranen und damit zur Differenzierung von Zellen enorm erweitern.


Quelle: 

Daniele Roppolo et al. (2011). A novel protein family mediates Casparian strip formation in the endodermis. Nature, Vol 473, pp.380-383, doi: 10.1038/nature10070 (Abstract).

Zum Weiterlesen:

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