Forscher berechnen Europas Treibhausgasbilanz

17.03.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wie reagieren Ökosysteme auf den Klimawandel? (Quelle: © iStockphoto.com/ Y-Image)

Wie reagieren Ökosysteme auf den Klimawandel? (Quelle: © iStockphoto.com/ Y-Image)

Im Projekt „GHG-Europe“ wollen 40 Forschergruppen aus ganz Europa gemeinsam die Treibhausgasbilanz Europas berechnen. Sie wollen verstehen, wie Ökosysteme auf den Klimawandel reagieren und wie sie dauerhaft klimafreundlich genutzt werden können.

Der überwiegende Teil der europäischen Landfläche wird land- und forstwirtschaftlich genutzt. Mit Blick auf den Klimawandel ist es daher von besonderem Interesse, wie viel Treibhausgase durch die Land- und Forstwirtschaft aufgenommen und gebunden beziehungsweise in die Atmosphäre abgegeben werden.  

Bündelung der europäischen Klimaforschungskompetenz

Im GHG-Europe-Projekt will das europäische Forscherteam nun diese Mechanismen umfassend erforschen. Koordiniert wird das Projekt, dass Wissenschaftler aus 40 Arbeitsgruppen aus ganz Europa vereint, vom Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig. Die Europäische Union unterstützt das Forschungsvorhaben mit fast 7 Millionen Euro innerhalb der nächsten dreieinhalb Jahre. Weitere 12 Millionen Euro fließen aus nationalen und universitären Mitteln in das Projekt.

Die beteiligten Wissenschaftler haben ein ehrgeiziges Ziel: sie wollen die Treibhausgasbilanz Europas berechnen, die Größenordnung verschiedener Treibhausgasquellen und –senken erfassen und  ihre regionale Verteilung und zeitliche Dynamik bestimmen. Dabei sollen die anthropogenen Faktoren wie die Landnutzung von natürlichen Faktoren wie dem Wetter und der Klimavariabilität getrennt betrachtet werden, um die ablaufenden Prozesse besser zu verstehen. Hierdurch wollen die Wissenschaftler dann abschätzen, welche Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft ergriffen werden müssen, um deren positiven Effekt für die Klimabilanz auch für die Zukunft zu erhalten. 

Welche Ökosysteme werden am sensibelsten auf Klimaveränderungen reagieren? Welche Managementoptionen stehen in der Land- und Forstwirtschaft zu Verfügung, um Kohlenstoffsenken zu erhalten und Treibhausgasemissionen zu minimieren? Fragen dieser Art soll "GHG-Europe“ beantworten. Ein weiteres Ziel des europäischen Projekts ist es, die Erkenntnisse aus verschiedenen nationalen und internationalen Klimaforschungsprojekten zu einer integrierenden Gesamtbewertung zusammenzufassen. 

Umfassende Betrachtung der drei wichtigsten Treibhausgase

Die Wissenschaftler bringen Langzeitmessungen aus ganz Europa zusammen und initiieren Treibhausgasmessungen in Regionen, die bisher kaum untersucht wurden, wie die osteuropäischen Wälder und die mediterrane Macchia (Strauchheide). Aufbauend auf den Messungen von über 100 kontinentalen Mess-Stationen, verteilt über alle Klimaregionen und Ökosysteme Europas, wird dann analysiert, welchen Beitrag die unterschiedlichen Landnutzungssysteme zu den Emissionen und Senken der drei wichtigsten Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan (CH4) leisten. Die Messwerte aus diesem Netzwerk an Beobachtungsstationen fließen in Computer-Modelle, um Vorhersagen über zukünftige Treibhausgasemissionen bei sich veränderndem Klima treffen zu können. Dazu werden auch sozioökonomische Modelle genutzt, um die Wechselwirkungen zwischen ökonomischer Entwicklung, Landnutzungsszenarien und Treibhausgas-Emissionen zu verstehen. 

Die gleichzeitige Betrachtung der drei wichtigen Treibhausgase Kohlendioxid, Lachgas und Methan ist besonders wichtig, um die Rolle der Land- und Forstwirtschaft für den Klimaschutz zu verstehen, so Anette Freibauer, Projektkoordinatorin von GHG-Europe.

Wälder nehmen weltweit etwa ein Drittel der menschlichen Emissionen von Kohlendioxid auf. Jedoch unterliegt dieser Prozess starken jährlichen Schwankungen. So ging die Kohlendioxid-Aufnahme der Wälder im besonders warmen Sommer 2003 fast auf Null zurück.  Auf der anderen Seite werden Lachgas und Methan aus der Landwirtschaft und durch die Entwässerung von Mooren freigesetzt und kompensieren in Europa völlig die positive Rolle der Wälder für den Klimaschutz.

Das Wissen darüber, wie Ökosysteme auf den Klimawandel reagieren und wie sie dauerhaft klimafreundlich genutzt werden können, ist unabdingbar für langfristige Klimaschutzbemühungen. ’GHG-Europe’ will eine Gesamtklimabilanz möglich machen. In dieser sollen nicht nur die positiven Senkenleistungen der Biosphäre berücksichtigt sein, sondern auch die durch die Landnutzung und natürliche Quellen verursachten Treibhausgase. 

Hintergrund der Forschungen sind die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und die laufenden Verhandlungen für ein Post-Kyoto-Abkommen, in dem eine deutliche Verringerung der Treibhausgas-Emissionen festgeschrieben werden soll.


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