Grüne Symphonien

Verhelfen Schallwellen Chilisamen bei der Keimung?

14.05.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Verständigen sich Pflanzen auch über Schallwellen? Noch ist nicht klar, wie sie akustische Reize abgeben oder wahrnehmen könnten. (Quelle: © istockphoto.com / Andrejs Zemdega)

Verständigen sich Pflanzen auch über Schallwellen? Noch ist nicht klar, wie sie akustische Reize abgeben oder wahrnehmen könnten. (Quelle: © istockphoto.com / Andrejs Zemdega)

Pflanzen kommunizieren auf den unterschiedlichsten Wegen. Sie rufen bei einem Schädlingsangriff mit Hilfe chemischer Moleküle nach Unterstützung, reagieren auf Berührungen sowie Veränderungen in den Wellenlängen des Lichts. Doch können sie auch gezielt Schallwellen aussenden und sich darüber verständigen?

Das zumindest glauben Forscher von der Universität Westaustraliens. In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der Fachzeitschrift BMC Ecology zeigen sie, dass Chilisamen besser keimen, wenn sie sich in der Nähe von Basilikumpflanzen befinden. Diesen Effekt beobachteten sie selbst dann noch, wenn das Basilikum unter einer schwarzen Acrylglasbox versteckt und eine Kommunikation über Licht oder chemische Signale nicht möglich war. Die Autoren der Studie sind deshalb der Meinung: Pflanzen nutzen auch akustische Signale oder magnetische Felder für ihre Kommunikation!

Wie genau diese Signale produziert, ausgesendet oder wahrgenommen werden – all das ist bisher nicht erforscht. Somit ist es nicht verwunderlich, dass es unter den Pflanzenforschern bisher mehr Zweifler als Zustimmer gibt.

Der Vorteil von akustischer Kommunikation bei Pflanzen ist schwer vorstellbar

„Als erstes müssen Beweise dafür her, dass Pflanzen auf die akustischen Signale anderer Pflanzen reagieren“, schreiben Wissenschaftler aus den USA und Großbritannien in der Fachzeitschrift Behavioral Ecology zu diesem Thema. Danach sei zu klären, ob sowohl das Produzieren als auch das Empfangen von Geräuschen den Pflanzen einen Vorteil verschaffe und sich diese Fähigkeiten daher im Laufe der Evolution durchgesetzt haben.

Wer ohne diese Vorarbeit gleich zeigen will, dass Pflanzen über akustische Signale kommunizieren, der starte ein „vom Konzept her sehr anspruchsvolles Unterfangen“. Das ist eine klare Absage an die Herangehensweise von Monica Gagliano, Autorin der Basilikum-Chili-Studie.

Doch die ist von ihrer Sache überzeugt. Erste Versuche auf dem Gebiet der pflanzlichen Kommunikation führte die Meeresbiologin bereits im Jahr 2010 durch. Damals verwendeten sie statt des Basilikums eine Fenchelpflanze. Es gibt Vermutungen, nach denen Fenchel durch die Freisetzung chemischer Verbindungen das Wachstum benachbarter Pflanzen inhibiert und sogar zu deren Absterben führen kann. Allerdings gibt es auch gegenteilige Meinungen.

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Manche Menschen spielen ihren Pflanzen Musik vor, um das Wachstum anzukurbeln. Vielleicht steckt ein Körnchen Wahrheit hinter dieser Idee.

Manche Menschen spielen ihren Pflanzen Musik vor, um das Wachstum anzukurbeln. Vielleicht steckt ein Körnchen Wahrheit hinter dieser Idee.

Bildquelle: © istockphoto.com / Yury Zap

Fenchel hemmt und hilft zugleich

Die Chilisamen zeigten sich von der Anwesenheit des Fenchels jedoch nicht sehr beeindruckt. Sie keimten genauso gut wie die Samen aus der Kontrollgruppe. Daraus zogen die Wissenschaftler die etwas abenteuerliche Schlussfolgerung, dass die vermuteten, wachstumshemmenden chemischen Signale des Fenchels gleichzeitig durch ein noch unbekanntes wachstumsförderndes Signal aufgehoben werden. Sie postulierten, dass magnetische Felder oder akustische Reize dieses unbekannte Signal sein könnten.

Tatsächlich ist nachgewiesen, dass Pflanzen akustische Signale ausstoßen, die sich mit Frequenzen zwischen 10 und 240 Hertz am unteren Ende des Hörbereichs befinden. Diese Töne entstehen als Nebenprodukt eines physiologischen Vorgangs wenn im Xylem der Pflanzen die Wassersäule auseinanderreißt und sich Luftblasen bilden (Kavitation). Gerade bei Trockenheit sind solche Plopp-Geräusche oft zu hören und dienen Pflanzenforschern als Maßstab für den Trockenstress einer Pflanze.

Doch es sind auch andere Geräuschquellen innerhalb der Pflanzenzelle denkbar. Gagliano verweist darauf, dass das Motorprotein Myosin Vibrationen produziert. Wenn nicht nur eine Zelle vibriert sondern alle im Gleichtakt schwingen, dann wird das Signal dadurch verstärkt. Falls es sich außerhalb der Pflanze ausbreiten kann, so könnte es Informationen über den Zustand der Pflanze an die Nachbarn verbreiten. Theorien dazu, wie die Nachbarn diese akustischen Signale aufnehmen könnten, gibt es bisher noch keine.

Leistet Gagliano wichtige Pionierarbeit oder hat sie sich in eine falsche Theorie verbissen?

In einem Artikel mit dem Namen „Green Symphonies“ verweist die australische Forscherin darauf, dass es über einhundert Jahre gedauert hat, bis die Forschergemeinde den Daten geglaubt hat, nach denen Fledermäuse  Schallwellen zur Orientierung nutzen. Zu verrückt schien die Idee damals und zu verrückt erscheint sie heute wenn es um Pflanzen geht.

„Wir hoffen, dass zukünftige Studien aufklären werden ob Pflanzen tatsächlich akustische Signale für die Kommunikation verwenden oder ob Pflanzengeräusche nicht eher mit dem Wind in den Weiden zu vergleichen sind: hörbar, aber ohne Konsequenzen für die Pflanze selbst“, heißt es in einer Antwort auf diesen Artikel.


Quelle:

  • Gagliano, M. et al. (2013): Love thy neighbor: facilitation through an alternative signaling modality in plants. BMC Ecology, (Online-Veröffentlichung am 7. Mai 2013), doi: 10.1186/1472-6785-13-19.
  • Bailey, N.W. et al. (2013): Green symphonies or wind in the willows? Testing acoustic communication in plants. Behavioral Ecology, (22. Januar 2013), doi: 10.1093/beheco/ars228.
  • Gagliano, M. (2013): Green symphonies: a call for studies on acoustic communication in plants. Behavioral Ecoloty, (29. Januar 2013), doi: 10.1093/beheco/ars206.

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