Kuriose Pflanzenwelt: Der Wüstenrhabarber
Diese Wüstenpflanze schafft sich eine eigene Oase
Mitten in der Wüste erwartet man nicht viel Grün – doch eine Pflanzenart mitten in der Negev gedeiht auch bei extrem geringen Niederschlagsmengen üppig. Wie geht das?
Die Wüste verlangt nach extremen Anpassungsformen – für Tier und Pflanze. Doch dass eine Pflanze inmitten ausgedörrter Flächen in den Wüstengebirgsregionen in Israel und Jordanien saftig grüne Blätter hervorbringt, gleicht schon einem biblischen Wunder.
Diese Pflanzen bilden bis zu vier große Blätter, die sich als Rosette dem Boden anschmiegen. Teilweise erreicht die Blattfläche eine Größe von bis zu einem Quadratmeter. Es ist der Wüstenrhabarber (Rheum palaestinum), eine mehrjährigen Pflanze, die auch mit unserem Rhabarber verwandt sind.
Wie schaffen es diese Pflanzen zu überleben?
Das Geheimnis steckt in ihren Blättern. Sie sind wie Berg und Tal auffällig stark gefurcht und das nicht ohne Grund. Denn wenn es mal in den Wintermonaten regnet, wird das kostbare Nass von den Blättern aufgefangen und über die Furchen direkt zur Wurzel geleitet. Damit das Wasser gut zum gewünschten Punkt abläuft, sind die Blätter von einer dicken Wachsschicht bedeckt, die Wasser abperlen lässt („Lotuseffekt“). Das bewirkt, dass auch geringste Niederschlagsmengen ohne nennenswerte Verluste vom Blatt ablaufen können.
Der Wüstenrhabarber hat also einen Weg gefunden, dass Wasser nicht flächig versickern zu lassen, sondern auf seinen engen Wurzelraum zu konzentrieren. Und das Wurzelwerk wächst daher auch nicht breitflächig im Boden, sondern besteht nur aus einem vertikalen Wurzelpfahl, zu dem das aufgefangene Wasser zentral geleitet wird.
Wieviel Wasser hat denn die Pflanze pro Jahr zur Verfügung?
Die jährliche Niederschlagsmenge in dieser Wüstenregion beträgt ca. 45 mm. Aber eine durchschnittlich große Pflanze erhält über den „Auffangtrick“ so viel Wasser zur Wurzel geleitet, als ob sie in einem Gebiet mit 426 Millimeter Jahresniederschlag wachsen würde.
Selbst bei geringen Niederschlagsmengen wird der Boden um die Wurzel herum mehr als zehn Zentimeter tief durchtränkt wird. An benachbarten unbewachsenen Stellen dringt das Wasser dagegen nur einen Zentimeter in den Boden ein und verdunstet rasch wieder.
Was kann die Pflanzenforschung und Landwirtschaft davon lernen?
Das Beispiel zeigt, wie sparsam mit Wasser umgegangen werden kann. Die letzten Dürrejahre haben auch uns vor Augen geführt, wie knapp das Wasser in der Landwirtschaft werden kann und dass die Anbausysteme mit dem wenigen verfügbaren Wasser besser haushalten müssen.
Im Prinzip ähnelt die Taktik des Wüstenrhabarbers der innovativen Tröpfchenbewässerung, wie sie zunehmend in der Landwirtschaft genutzt wird. Das ist eine spezielle Bewässerungstechnik, bei der über Tropfschläuche nur geringfügige Wassermengen direkt an die Pflanzen abgegeben werden – im Gegensatz zur wenig sparsamen großflächigen Beregnung von ganzen Feldern.
Und Pflanzenforscher:innen haben das Ziel, dass Kulturpflanzen generell mit weniger Wasser auskommen können. Ein Beispiel gibt es hier.
Quelle:
Lev-Yadun, S. et al. (2009): Rheum palaestinum (desert rhubarb), a self-irrigating desert plant. In: Naturwissenschaften 96, 393–397 (März 2009). doi: 10.1007/s00114-008-0472-y.
Zum Weiterlesen:
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- Trockene Zeiten, magere Erträge - Wie kann man Pflanzen an lange Dürrephasen „gewöhnen“?
Titelbild: Der Wüstenrhabarber: Ein Überlebenskünstler in einem der trockensten Gebiete der Welt. (Bildquelle: © Gideon Pisanty / wikimedia.org / CC BY 3.0)