Lauschangriff beim Hummelflug

Bestäubungserfolg kann mit der Summfrequenz vorhergesagt werden

27.06.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hummel im Anflug: Hummeln sind wichtige Bestäuber und haben damit großen Einfluss auf Ernteerträge. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; public domain)

Hummel im Anflug: Hummeln sind wichtige Bestäuber und haben damit großen Einfluss auf Ernteerträge. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; public domain)

Ein Forschungsteam hat die Frequenz des Summtons von Hummeln mit ihrem Körperbau in Relation gesetzt und kann so über Aufnahmen mit dem Mikrophon die Blütenbesuche von Hummeln analysieren.

Die große Bedeutung von Bienen und Hummeln für die Bestäubung ist unbestritten. Umso gravierender ist, dass es immer weniger Bestäuber gibt, die diesen Job übernehmen können. Die Gründe hierfür liegen vor allem im Rückgang geeigneter Habitate für Nistplätze sowie in der starken Abnahme von Nahrungspflanzen. Schätzungen gehen davon aus, dass die jährlichen Verluste in der Landwirtschaft durch die Abnahme an Bestäubern weltweit um die 200 Milliarden US-Dollar betragen. Umso wichtiger ist es, die Bestäubung hier zu überwachen und notfalls mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern. Bisher wurde dafür aufwändig „nach Sicht“ gearbeitet, indem notiert wurde, welche Arten wie oft welche Blüten anfliegen. In einer neuen Studie hat ein Forscherteam jetzt einen akustischen Ansatz ausprobiert.

Summ summ summ

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Körpergröße und Flügellänge sind zwei der wichtigen Parameter, die sowohl über den Summton der Hummelart als auch über ihren Bestäubungserfolg bei bestimmten Pflanzenarten entscheiden.

Körpergröße und Flügellänge sind zwei der wichtigen Parameter, die sowohl über den Summton der Hummelart als auch über ihren Bestäubungserfolg bei bestimmten Pflanzenarten entscheiden.

Bildquelle: © pixabay/ CC0

Das Forschungsteam wollte das Geräusch, das verschiedene Hummelarten beim Fliegen machen – den typischen Summton – zur Bestimmung der Hummelart und Quantifizierung der Anzahl der Blütenbesuche nutzen. Aber es sollten auch individuelle Merkmale einzelner Tiere an Hand des Flug-Geräusches erkannt werden. Denn der Befruchtungserfolg verschiedener Blüten ist auch abhängig von Körpergröße und Zungenlänge der Tiere. Auch welche Blüten bevorzugt befruchtet werden, kann dadurch genauer vorhergesagt werden.

Dazu fing die Arbeitsgruppe in den Sommern 2014 und 2015 in Colorado (USA) sowohl Königinnen als auch Arbeiterinnen zweier häufig vorkommender Hummelarten (Bombus balteatus, B. sylvicola) und bestimmten Zungenlängen sowie Flügellänge der Tiere.

Die bei diesem Prozedere künstlich unterkühlten und erstarrten Hummeln wurden anschließend wieder „auf Normaltemperatur gebracht“ und konnten sich am Blütennektar stärken. Dabei nahm das Forschungsteam das Fluggeräusch des Hummelfluges auf und analysierte die jeweils charakteristische Frequenz. Anschließend wurden Maße und Frequenz zueinander in Beziehung gesetzt. Die gefangenen Hummeln wurden markiert und anschließend in der Umgebung, in der sie gefangen wurden, wieder in die Freiheit entlassen.

Summgeräusch und Blütenbesuch

Als zweites untersuchte das Forschungsteam, ob die Aufnahme von Summgeräuschen die Anzahl der Hummelbesuche ebenso gut erfassen konnte wie die visuelle Kontrolle. Auf drei Untersuchungsflächen in Colorado mit zwei Wildkleearten (Trifolium dasyphyllum, T. parryi) hat das Forscherteam dies getestet. Beide Arten sind auf Besuche von Hummeln mit den typischen Parametern der beiden untersuchten Hummelarten (Zungenlänge, Körpergröße) angewiesen, um bestäubt zu werden.

Abschließend wurde untersucht, wie akustisch erfasste Hummelbesuche und der Samenansatz tatsächlich im Verhältnis standen. Dazu wurden je 25 Blütenstände des Klees in den Versuchsfeldern für Hummeln mit kleinen Käfigen „abgesperrt“, während 25 weitere zugänglich blieben.

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Mit diesem Ansatz kann in Zukunft die Bestäubungsleistung von Insekten auf Feldern relativ genau mitverfolgt werden. Drohen Ertragseinbußen, besteht die Möglichkeit, noch Gegenmaßnahmen zu ergreifen - z. B. wilde Bestäuber durch zusätzliche Bienenvölker zu unterstützen.

Mit diesem Ansatz kann in Zukunft die Bestäubungsleistung von Insekten auf Feldern relativ genau mitverfolgt werden. Drohen Ertragseinbußen, besteht die Möglichkeit, noch Gegenmaßnahmen zu ergreifen - z. B. wilde Bestäuber durch zusätzliche Bienenvölker zu unterstützen.

Bildquelle: © iStock.com/fotokostic

Summton vs. visuelle Erfassung

Mit den gewonnenen Daten konnte das Forschungsteam die beiden verschiedenen Hummelarten und ihre Körpermaße am Summton eindeutig identifizieren und die Anzahl der Tiere sowie der Blütenbesuche bestimmen. Die akustisch erfassen Zahlen korrelierten gut mit den visuell erfassten, wobei die akustisch erfassten Blütenbesuche etwas höher lagen. Zudem konnte das Forschungsteam mittels der akustisch erfassten Summer auch die Samenausbeute und damit den Ernteertrag vorhersagen.

Kostengünstig, genauer und schonender

Mit diesem relativ einfachen und kostengünstigen Ansatz können Forscher und Landwirte in Zukunft die Bestäubungsleistung von Insekten auf ihren Feldern relativ genau mitverfolgen. Drohen Ertragseinbußen, haben die Landwirte dann die Möglichkeit, noch Gegenmaßnahmen zu ergreifen (zum Beispiel Unterstützung der wilden Bestäuber durch zusätzliche Bienenvölker). Über die akustischen Signale ist es nun auch besser zu prognostizieren, welche Pflanzenarten mit ihren spezifischen Blüten besonders gut von den Hummeln vor Ort bestäubt werden können.

Ein weiterer Vorteil ist die zeitliche Spanne, in der die Bestäubung überwacht werden kann. Visuelle Erfassungen können immer nur kleine Ausschnitte aus dem Geschehen abbilden. Mit dem akustischen Langzeit-Verfahren ist man auch nicht so abhängig von den aktuellen Wetterbedingungen. Die Messdaten der akustischen Überwachung können anschließend über Computerprogramme automatisch ausgewertet werden. Letztlich schont diese Methode die Bestäuber, da ein Fangen und Bestimmen nach der einmaligen Erfassung der Frequenz entfällt.

Neue Forschungsmöglichkeiten

Zudem wäre es damit auch möglich zu untersuchen, ob Pflanzen auf die akustischen Signale des Hummelfluges reagieren. Es konnte bereits nachgewiesen werden, dass Pflanzen das akustische Signal beim Anflug von Schädlingen aufnehmen und „Gegenmaßnahmen ergreifen“. Möglicherweise reagieren sie auch auf die Frequenzen beim Anflug bestimmter Hummelarten und aktivieren verschiedene Anlockungsmechanismen wie die Nektarproduktion.


Quelle:
Miller-Struttmann, N.E. et al. (2017): Flight of the bumble bee: Buzzes predict pollination services. In: PLoS ONE 12 (6), (7. Juni 2017), doi:10.1371/journal.pone.0179273.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Hummel im Anflug: Hummeln sind wichtige Bestäuber und haben damit großen Einfluss auf Ernteerträge. (Bildquelle: © Bernie/wikimedia.org; public domain)