Mit CRISPR/Cas gegen Zitruskrebs

Forscher setzen erfolgreich auf Promotor-Editing

19.06.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Symptome des Zitruskrebs an der Frucht. Zum Handeln ist es jetzt bereits zu spät. (Bildquelle: © USDA/wikimedia.org/gemeinfrei)

Symptome des Zitruskrebs an der Frucht. Zum Handeln ist es jetzt bereits zu spät. (Bildquelle: © USDA/wikimedia.org/gemeinfrei)

Zitruskrebs gehört in Ländern mit Anbaugebieten von Zitrusfrüchten wie Orangen, Mandarinen oder Zitronen zu den verheerendsten Pflanzenkrankheiten. Die derzeitigen Strategien zur Bekämpfung sind mit hohen Aufwänden und Auswirkungen auf Umwelt und Menschen verbunden. Völlig fernhalten lässt sich der Erreger von Zitruskrebs dennoch nicht. Mithilfe von CRISPR/Cas haben Forscher nun aber einen Weg gefunden, die Resistenz zu erhöhen.

Xanthonomas ist eine Bakteriengattung, die weltweit fast alle höheren Pflanzen befällt. Xanthonomas citri (XCC) hat es, wie der Beiname verrät, auf Zitruspflanzen (Citrus) abgesehen. Bei Befall bilden sich auf den Früchten, Blättern und Stängeln Läsionen und mit Flüssigkeit gefüllte Pusteln. Zitruskrebs lautet dann die Diagnose. Obwohl für Menschen ungefährlich, handelt es sich um eine wirtschaftlich bedeutende Krankheit. Die Vitalität der Pflanzen ist erheblich beeinträchtigt und die fleckigen Früchte für den Verkauf ungeeignet. Ein internationales Forscherteam hat nun einen neuen Weg gefunden, die Orangensorte Citrus sinensis Osbeck resistent gegen den Erreger zu machen. Dieser basiert auf der Modifikation eines spezifischen Elements des Promotors des CsLOB1-Gens.

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Typisch für Zitruskrebs sind Läsionen auf den Blättern.

Typisch für Zitruskrebs sind Läsionen auf den Blättern.

Bildquelle: © USDA/wikimedia.org/gemeinfrei

Tatort Zitrushain

Verglichen mit den aufwendigen, mitunter brachialen Methoden, mit denen Landwirte ihre Plantagen zu schützen versuchen, gleicht die neue Methode einem minimalinvasiven Eingriff. Da sich X. citri über Winde und Wassertropfen, kontaminierte Geräte oder infizierte Jungpflanzen Zutritt zu Zitrushainen verschaffen kann, werden trotz penibler Vorsichtsmaßnahmen vorsorglich immer auch große Mengen an Pestiziden eingesetzt. Denn hat sich X. citri erstmal breit gemacht, hilft nur noch die Radikalkur, d.h. Abholzung. Aufgrund der Vielzahl an Infektionswegen war den Autoren der im Fachmagazin „Plant Biotechnology Journal“ erschienenen Studie klar, dass man bei der Pflanze selbst ansetzen müsse, um sie effektiv vor Zitruskrebs zu schützen. Und zwar auf genetischer Ebene.

Die Strategie: Das Bakterium aushungern

Die Idee des Teams war es, die Bakterien am Überleben und Ausbreiten in der Pflanze zu hindern. Sie nutzten dabei den Umstand, dass X. citri darauf angewiesen ist, in die zellulären Prozesse seines Wirts einzugreifen, um zu überleben und sich zu vermehren. Einerseits um aus dem pflanzlichen Stoffwechsel Nährstoffe für sich abzuzweigen, andererseits um die Bildung der erwähnten Pusteln anzustoßen, in denen der Nachwuchs gedeihen kann. Es spricht für die Anpassungsfähigkeit und Effizienz des ursprünglich aus Asien stammenden Erregers, dass er dafür nur ein Gen manipulieren muss: CsLOB1.

CsLOB1 (Abkürzung für Citrus sinensis Lateral Organ Boundary 1) gehört zu einer Gruppe hoch konservierter pflanzenspezifischer Gene, die für eine Reihe von Transkriptionsfaktoren codieren, die viele Wachstums- und Entwicklungsprozesse von Pflanzenorganen regulieren. Statt also viele verschiedene Gene einzeln zu modifizieren, bemächtigt sich das Bakterium lieber einer wichtigen genetischen Schaltstelle, von der aus sich die nachgelagerten Gene bequem steuern lassen.

Was passiert bei einer Infektion?

Hat sich X. citri, z. B. über eine kleine Wunde an der Oberfläche, einmal Zutritt ins darunter liegende Gewebe verschafft, passiert folgendes: Das Bakterium produziert einen Effektor (PthA4), d. h. eine Art Signal- oder Regulationsmolekül. Dieser bindet dann an einem spezifischen Ort im Promotor von CsLOB1, das sogenannte EBEPthA4-Element. Diese Wechselwirkung genügt, um den Promotor zu aktivieren und die Genexpression von CsLOB1 in Gang zu setzen.

Den Hintereingang versperren

Mit dieser wichtigen Information stand der Plan der Forscher fest: Es musste verhindert werden, dass X. citri CsLOB1 aktiviert. Sprich die Bindesequenz im Promotor so zu verändern, dass der Effektor nicht mehr an das EBE-Element binden konnte. Das Mittel zum Zweck: CRISPR/Cas.

Im Genom von Citrus sinensis Osbeck sind insgesamt vier Allele von CsLOB1 enthalten (dreimal CsLOB1- und einmal CsLOBG). Jedes von ihnen besitzt das EBE-Element im Promotor. Um gleich verschiedene Ansätze zu testen - von der Erzeugung einzelner Punktmutationen bis hin zur kompletten Löschung (Deletion) des EBE-Elements - stellten die Forscher gleich fünf verschiedene CRISPR/Cas-Systeme mit verschiedenen sgRNA her.

Vielversprechende Testergebnisse

Anschließend ging es ins Labor, um die Wirkung der fünf CRISPR/Cas-Systeme zu testen. Zuerst in vitro, anschließend in vivo. Insgesamt konnten die Forscher 38 Linien mit Mutationen im gewünschten Zielbereich (dem EBE-Element) erzeugen. Während die Promotoren des CsLOB1--Allels zu 100% mutiert waren, waren bei dem CsLOBG-Allel nur 31,5 % der EBEPathA4-Elemente verändert. Im Nachhinein erwies sich dies aber als völlig ausreichend, da das CsLOB1--Allel anscheinend alleine für die Aktivierung zuständig ist.

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Die vielen Punkte auf den Blättern sind die Pusteln, in denen sich der Erreger vermehrt.

Die vielen Punkte auf den Blättern sind die Pusteln, in denen sich der Erreger vermehrt.

Bildquelle: © Timothy Schubert/wikimedia.org/CC BY 3.0

Wie wirkten sich die Veränderungen im Promotor nun auf die Widerstandskraft aus? Um dies herauszufinden, infizierten die Forscher die Pflanzen im nächsten Schritt mit X. citri. Bei 16 der 38 Linien verhinderten die Veränderungen im EBEPathA4-Element die Aktivierung von CsLOB. Im Vergleich zum Wildtyp führte dies zu einer signifikant höheren Resistenz. Bei zwei Linien (S2-6 und S5-13) blieben jegliche Symptome der Krankheit aus. Am effektivsten erwies sich am Ende die komplette Löschung des EBEPathA4-Elements.

Einsatz in der Epidermis

Zur Zufriedenheit der Forscher tauchten keine unerwünschten Nebenwirkungen auf. Vermutlich wäre dies nicht so gewesen, hätten sie nicht den Promotor, sondern das CsLOB1-Gen selbst modifiziert. Zwar hätte dies im Prinzip zum selben Ergebnis geführt (Unterdrückung der Expression), doch hätte sich das Fehlen von CsLOB1 an anderer Stelle bemerkbar gemacht, da das Protein eben an vielen Wachstums- und Entwicklungsprozessen beteiligt ist. Man hätte das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Bleibt zum Schluss die Frage, in welchem Pflanzengewebe die Mutationen am effektivsten gegen die Krankheit schützt. Auch hier haben die Forscher eine Antwort: in der obersten Zellschicht (L1), der Epidermis.

Es sieht ganz danach aus, als eigne sich CRISPR/Cas dazu, die Zitruskrebs-Resistenz bei Citrus sinensis Osbeck deutlich zu erhöhen. Im Prinzip, so die Autoren, ließe sich der Ansatz auch auf andere Zitruspflanzenarten übertragen und diese so auch gegen Zitruskrebs schützen.


Quelle:
Peng, A., et al. (2017): Engineering canker-resistant plants through CRISPR/Cas9-targeted editing of the susceptibility gene CsLOB1 promoter in citrus. In: Plant Biotechnology Journal, doi: 10.1111/pbi.12733.

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Titelbild: Symptome des Zitruskrebs an der Frucht. Zum Handeln ist es jetzt bereits zu spät. (Bildquelle: © USDA/wikimedia.org/gemeinfrei)