Glyphosatrückstände im Trinkwasser

Metallorganische Gerüstverbindungen für die Trinkwasserreinigung

09.05.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Glyphosateinsatz auf einem Acker. (Bildquelle © 1737576 / Pixabay)

Glyphosateinsatz auf einem Acker. (Bildquelle © 1737576 / Pixabay)

Glyphosat ist einer der meistgenutzten Pflanzenschutzmittelwirkstoffe weltweit. Sorge bereitet, dass die Substanz bis in das Grundwasser gelangen kann. Mit einem neuen Verfahren kann der Wirkstoff deutlich günstiger als bislang möglich aus Trinkwasser herausgefiltert werden.

Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist seit Jahren umstritten. Ein Argument in der Debatte sind mögliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken, die der Wirkstoff verursachen kann. Eben erst hat beispielsweise ein internationales Forschungsteam berichtet, dass sich bei Erdbeeren, die mit dem Herbizid behandelt wurden, das endophytische Mikrobiom verändert.

Vor diesem Hintergrund werden auch Rückstände des Herbizids im Trinkwasser kritisch beäugt. Würde sich die Debatte ändern, wenn es einen einfachen Weg gäbe, die Chemikalie aus dem Wasser herauszufiltern?

Breitspektrumherbizid Nummer 1

Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat haben einen Anteil von 60 Prozent aller Verkäufe bei Breitbandherbiziden. Chemisch handelt es sich bei Glyphosat um N-(Phosphonomethyl)glycin. Der Wirkstoff blockiert das pflanzliche Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-Phosphat-Synthase und bekämpft besonders gut einjährige breitblättrige Gräser. Weil die Verbindung sehr stabil und gut wasserlöslich ist, kann Glyphosat infolge der Anwendungen auf Feldern und Grünflächen bis ins Grundwasser gelangen.

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Mittels Glyphosat werden die Baumscheiben einer Apfelplantage von Bewuchs freigehalten.

Mittels Glyphosat werden die Baumscheiben einer Apfelplantage von Bewuchs freigehalten.

Bildquelle: © Mnolf/Wikimedia, CC-BY-SA-3.0

Spezielle Grenzwerte gibt es in Deutschland nicht. Allerdings gilt für alle Pestizide in der EU, dass sie eine Konzentration von 0,1 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser nicht überschreiten dürfen. Bislang existiert jedoch kein effizienter und kosteneffektiver Ansatz, um Glyphosat aus dem Trinkwasser herauszufiltern. Schätzungen für Großbritannien besagen, dass es mit den bestehenden Techniken mehr als eine Milliarde Euro kosten würde, die nötige Wasseraufbereitungstechnik zu installieren, und weitere 50 bis 100 Millionen pro Jahr, sie zu betreiben.

Adsorption mittels metallorganischer Gerüstverbindungen

Ein internationales Forschungsteam hat jetzt einen neuen Ansatz vorgestellt, der vielversprechend scheint. Unter Chemiefachleuten gelten Adsorptionsverfahren als interessanteste Methode, weil sie einfach, günstig und umweltfreundlich ist. Um Glyphosat zu adsorbieren, wurden bislang Aktivkohle, Zeolith und Kohlenstoffkomposite erprobt. Sie haben sich jedoch meist als wenig spezifisch und begrenzt in der Adsorptionskapazität erwiesen. Der neue Ansatz arbeitet deshalb mit metallorganischen Gerüstverbindungen (MOFs).

MOFs bilden ein poröses Material, das eine extrem große Oberfläche aufweist und chemisch vielseitig anpassbar ist. Ihre Adsorptionskapazität kann über die Porengröße, Form und chemische Modifikationen gesteuert werden. Für ihre Versuche erzeugten die Wissenschaftler:innen mittels selektiver Ligandenentfernung titanbasierte MOFs (MIL-125-Ti) in mehreren Varianten: Einige bildeten mittelgroße Hohlräume aus, die nicht miteinander verbunden waren. Andere besaßen eher rissartige und enge Hohlstrukturen.

Rekordverdächtige Adsorptionskapazität

In der Praxis zeigte sich dann, dass die erste Variante weit effizienter Glyphosat adsorbieren konnte und auch eine deutlich höhere Adsorptionskapazität besaß. Die beobachtete Kapazität lag bei bis zu 440 Milligramm je Gramm. Detaillierte Analysen zeigten, dass die größeren Hohlräume sowohl mehr relevante Bindungsstellen für Glyphosat bereitstellten als auch leichter zugänglich waren für die Moleküle. Entscheidend für die Adsorption ist demnach eine Titan-Phosphonat-Koordination, die durch Wasserstoffbrücken unterstützt wird.

Grundsätzlich dürfte diese Art MOF für die Trinkwasserreinigung praxistauglich sein: Weitere Tests ergaben, dass das Adsorbens in wässriger Lösung sehr stabil ist und wiederverwertet werden kann. Nach vier Adsorptionszyklen hatte sich die Effizienz lediglich von 98 auf 96 Prozent verringert.


Quelle:
Naghdi, S., et al. (2023): Glyphosate Adsorption from Water Using Hierarchically Porous Metal–Organic Frameworks. In: Advanced Functional Materials, 2023, 2213862. doi: 10.1002/adfm.202213862.

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Titelbild: Glyphosateinsatz auf einem Acker. (Bildquelle © 1737576 / Pixabay)