Zellwandsynthese verstehen, um Bioethanol zu gewinnen
Das Projekt GABI-CELLWALL will die Regulation der Zellwandsynthese entschlüsseln, um den Aufbau der Zellwand zu ändern. Dadurch sollen die Pflanzen bessere Ethanolquellen werden. Projektleiter Dr. Staffan Persson vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm beschreibt im Gespräch mit Pflanzenforschung die größten Herausforderungen dabei.
Pflanzenforschung.de: GABI-CELLWALL möchte die Ethanolherstellung aus Pflanzen unterstützen. Wieso konzentrieren Sie sich dabei auf die Zellwand?
Staffan Persson: Die Zellwand besteht nahezu ausschließlich aus verschiedenen Zuckerpolymeren, die zu einem großen Teil zu Ethanol fermentiert werden könnten. Gegenwärtig stammt der Großteil des produzierten Ethanols aus stärkehaltigen Getreidekörnern wie Mais – vor allem in den USA – und Zuckerrohr – vor allem in Brasilien. Da viele dieser Pflanzen wichtig für Nahrungsmittel sind, könnte es nützlich sein, alternative Ethanolquellen zu schaffen, beispielsweise schnell wachsende mit Gräsern verwandte Arten, die mehr Zellwände produzieren.
Pflanzenforschung.de: Was sind die größten Herausforderungen, wenn man Ethanol aus Zellwänden herstellen möchte?
Staffan Persson: Ein Hauptziel ist es, die Effizienz zu erhöhen, mit der die zuckerhaltigen Polymere aus dem Rest der Zellwand extrahiert werden. Dieses Ziel könnte möglicherweise erreicht werden, indem wir einige der zur Zellwand gehörenden Bausteine verändern – was die Architektur der Zellwand verändern könnte.
Pflanzenforschung.de: Wie verhindern Sie für die Pflanze tödliche Veränderungen, wenn Sie die Zusammensetzung der Zellwand modifizieren?
Staffan Persson: Das könnte eine weitere Herausforderung sein. Eine Pflanze mit zu vielen Veränderungen an ihrer Zellwand wird höchstwahrscheinlich nicht in der Lage sein, mit ihrer Umwelt klarzukommen, und wird deshalb nicht lebensfähig sein. Momentan ist es schwierig vorauszusagen, wie die verschiedenen Ansätze solcher Modifikationen ausgehen werden. In jedem Fall haben wir eine Analyse mit Knockout-Ansatz begonnen, um die Bedeutung bestimmter Gene zu untersuchen. Aber wir beabsichtigen ebenfalls, überexprimierende, also in der Genwirkung verstärkte Pflanzen zu erzeugen, deren Phenotyp einen Funktionsgewinn statt eines Verlusts haben könnte, wodurch wir vielleicht die verringerte Lebensfähigkeit umgehen können.
Pflanzenforschung.de: Neben der Ackerschmalwand untersuchen Sie auch die Zwenke. Warum haben Sie zwei Arten gewählt, und warum diese?
Staffan Persson: Die Entscheidung für die Ackerschmalwand ist einfach, weil sie der wichtigste Modellorganismus für Pflanzenbiologen ist und wir glauben, dass wir einiges Wissen, das wir bei der Untersuchung dieser Pflanze gewinnen, auf andere, nützlichere Getreidepflanzen übertragen können. Die Zwenke haben wir gewählt, weil sie als aufkommende Modellart für schnell wachsende Gräser betrachtet wird, Gräser wie Rutenhirse und Miscanthus, die höchstwahrscheinlich die nächsten Pflanzengenerationen für Biokraftstoffe werden.
Pflanzenforschung.de: Werden wir am Projektende eine Pflanze sehen, deren Zellwände geeignet sind für die Ethanolherstellung?
Staffan Persson: Unser übergeordnetes Ziel ist es selbstverständlich, zu versuchen, eine solche Pflanze zu erzielen. Allerdings ist das innerhalb des Zeitrahmens unseres Projekts ein eher unrealistisches Ziel. Wir hoffen zumindest, dass wir ein tieferes Verständnis von der Regulation der Zellwandsynthese haben werden, und dass dieses Wissen die Entwicklung von Pflanzen für die Ethanolherstellung beschleunigen kann.
Pflanzenforschung.de: Vielen Dank für das Gespräch!
Anregungen zum Weiterlesen:
- Eine Vorstellung des Projekts GABI-CELLWALL finden Sie hier: Ethanol aus pflanzlichen Zellwänden
- Einen weiteren Artikel zum Projekt GABI-CELLWALL finden Sie in der neuen Ausgabe 1/2010 des GENOMXPRESS.
- Weiterführende Informationen zum Projekt finden Sie hier: CELLWALL