Alt und gesund
Alte Weizenarten enthalten viele gesunde Stoffe und sollten öfter verzehrt werden
Forscher fanden heraus, dass alte Weizenarten wie das Einkorn hohe Gehalte an fettlöslichen Antioxidantien enthalten, die unserer Gesundheit zugutekommen.
Moderner Saatweizen (Triticum aestivum) hat nicht den besten Ruf: Aufgrund seines hohen Gehaltes an Klebereiweißen (auch Gluten genannt) ist er für manche Menschen unverträglich. Andere denken bei Weizen lediglich an labberiges Weißbrot. Dass Weizen auch eine gesunde Seite hat, geht in der öffentlichen Wahrnehmung meist unter. Getreide der Gattung Weizen, vor allem als Vollkorn verwendet, ist eine wichtige Quelle für verschiedene Nährstoffe wie Vitamin E und andere fettlösliche Antioxidantien. In einer neuen Studie untersuchten Forscher der Universität Hohenheim die Gehalte lipophiler Antioxidantien in alten Weizenarten.
Einkorn auf der Überholspur
Die Forscher pflanzten jeweils 15 Sorten von Emmer, Einkorn, Dinkel, Weich- und Hartweizen in vier verschiedenen Regionen Deutschlands. Nach der Ernte wurden die Körner auf ihre Gehalte an lipophilen Antioxidantien untersucht. Dabei übertrafen die Einkornsorten alle anderen untersuchten Sorten der anderen Weizenarten, besonders in ihrem Luteingehalt, bei den Tocochromanol-Gehalten (hier besonders die Einkorn-Sorte „Terzino“) und bei den Sterylferulaten. Die Alkylresorcinol-Gehalte variierten innerhalb der verschiedenen Weizenarten. Die höchsten Gehalte fanden die Forscher bei einigen Weichweizen- und wiederum bei verschiedenen Einkornsorten.
Eine Auswertung der Gesamtgehalte an lipophilen Antioxidantien aller 75 Sorten ergab, dass alle 15 Einkornsorten unter den Top 20 der gehaltreichsten Weizensorten lagen. Einkorn hatte damit insgesamt die höchsten Werte an lipophilen Antioxidantien, gefolgt von Weichweizen, Dinkel, Emmer und Hartweizen.
Altes verbessern
Alte Getreidesorten sind also sehr gesund. Und nicht nur das: Sie brauchen weniger Dünger als moderne Getreidesorten und sind aufgrund ihrer harten Spelzen resistenter gegenüber Schädlingen als Weichweizen. Das reduziert wiederum den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Allerdings haben sie auch Nachteile, wie ihre lange Halme, die bei starkem Wind oder Regen leicht umknicken und so für die Ernte verloren gehen können. Zudem müssen sie vor der Verarbeitung von ihren festsitzenden Spelzen befreit werden, während bei modernen Weizensorten die Spelzen weicher sind und die Körner bereits im Mähdrescher abfallen. Und alte Sorten sind natürlich nicht so ertragreich wie die modernen Weich- und Hartweizensorten. All das macht sie teurer im Vergleich zum modernen Weizen.
Gute genetische Grundlagen
Allerdings gibt es auch Grund zur Hoffnung. Denn moderne Hart- und Weichweizensorten haben mehr als einhundert Jahre züchterischen Vorsprung. In diesem Prozess wurden sie vor allem auf hohe Erträge selektiert. Somit ergeben sich zwei grundsätzliche Ansätze. Zum einen versucht man den modernen Getreidesorten wieder mehr gesunde Stoffe unterzujubeln. Ein bekanntes, jedoch auch kontrovers diskutiertes Beispiel ist der „Goldene Reis“. Bei diesem versucht man mit gentechnischen Mitteln gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe zu erhöhen. Wie die aktuellen Untersuchungen zeigen, bringen viele alte Getreidarten und deren Sorten diese Stoffe schon mit, und zwar über ihre natürliche genetische Veranlagung, wie die Forscher feststellten. Daraus ergibt sich der zweite Ansatz: Alte Getreidearten können durch konventionelle Züchtung deutlich verbessert werden – auch ganz ohne Gentechnik.
Alte Weizensorten verdienen daher, dass man sich näher mit ihnen befasst und sie nicht nur einmal zu Forschungszwecken ausprobiert. Vielmehr sollten Wege untersucht werden, wie diese wieder stärker in Produktion genommen und auf den Tisch gelangen können. Eine steigende Nachfrage nach diesen alten Getreiden würde auch für ein entsprechendes züchterisches Engagement sorgen, sodass nicht nur die guten Stoffe, sondern auch die Erträge auf längere Sicht gesteigert werden könnten, zusätzlich zu den umweltfreundlicheren Anbaubedingungen. Und für die Gesundheit ist ein „Einkornbrötchen“ allemal gut. Zusätzliche werden die Agrobiodiversität, also die Vielfalt der angebauten Kulturpflanzen, erhöht und die Fruchtfolgen ließen sich erweitern.
Quelle:
Ziegler, J. U. et al. (2016): Lipophilic antioxidants in wheat (Triticum ssp.): A target for breeding new varieties for future functional cereal products. In: Journal of functional foods 20 (2016), doi:10.1016/j.jff.2015.11.022.
Zum Weiterlesen:
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Titelbild: Alte Weizenarten wie das Einkorn haben hohe Gehalte an gesunden Inhaltsstoffen. (Bildquelle: © wwicki63 - Fotolia.com)