Alt und gesund

Alte Weizenarten enthalten viele gesunde Stoffe und sollten öfter verzehrt werden

05.02.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Alte Weizenarten wie das Einkorn haben hohe Gehalte an gesunden Inhaltsstoffen. (Bildquelle: © wwicki63 - Fotolia.com)

Alte Weizenarten wie das Einkorn haben hohe Gehalte an gesunden Inhaltsstoffen. (Bildquelle: © wwicki63 - Fotolia.com)

Forscher fanden heraus, dass alte Weizenarten wie das Einkorn hohe Gehalte an fettlöslichen Antioxidantien enthalten, die unserer Gesundheit zugutekommen.

Moderner Saatweizen (Triticum aestivum) hat nicht den besten Ruf: Aufgrund seines hohen Gehaltes an Klebereiweißen (auch Gluten genannt) ist er für manche Menschen unverträglich. Andere denken bei Weizen lediglich an labberiges Weißbrot. Dass Weizen auch eine gesunde Seite hat, geht in der öffentlichen Wahrnehmung meist unter. Getreide der Gattung Weizen, vor allem als Vollkorn verwendet, ist eine wichtige Quelle für verschiedene Nährstoffe wie Vitamin E und andere fettlösliche Antioxidantien. In einer neuen Studie untersuchten Forscher der Universität Hohenheim die Gehalte lipophiler Antioxidantien in alten Weizenarten.

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Vielfältiger Weizen

Untersucht wurden die Getreidearten Emmer (Triticum dicoccum), Einkorn (Triticum monococcum), Dinkel (Triticum spelta), Brot- oder Weichweizen (Triticum aestivum) und Hartweizen (Triticum durum). Relevanz im weltweiten Anbau haben heute davon vor allem zwei Arten: Weichweizen und Hartweizen. Den Schwerpunkt bei den Nährstoffanalysen legten die Forscher auf vier Gruppen lipophiler (fettlöslicher) Antioxidantien, die in den untersuchten Weizenarten vorkommen: Auf Carotinoide (besonders auf das Carotinoid Lutein), auf Tocochromanole, Alkylresorcinole sowie Sterylferulate.

Lutein ist das Carotinoid, das im Weizen die höchsten Konzentrationen erreicht. Es ist neben Zeaxanthin ein wichtiges Pigment der Macula lutea („gelber Fleck“, wichtig für scharfes Sehen) im menschlichen Auge. Es wird vermutet, dass eine regelmäßige Aufnahme von Lutein mit der Nahrung unter anderem die Wahrscheinlichkeit einer altersbedingten Maculadegeneration verringern kann. Außer im Weizen ist es zum Beispiel auch in Grünkohl enthalten.

Tocochromanole sind eine Gruppe von fettlöslichen Substanzen, die als „Vitamin E“ zusammengefasst werden. Tocochromanole haben wie die Carotinoide antioxidative Eigenschaften: Sie können reaktive Sauerstoffspezies (sogenannte „freie Radikale“) inaktivieren, die sonst durch ihre starke Oxidationswirkung zu Zellschäden führen und eine Reihe von Krankheiten (Krebs, Arteriosklerose) begünstigen können.

Alkylresorcinole sind eine weitere Gruppe antioxidativer Substanzen, die allerdings größtenteils in der äußeren Körnerschicht vorkommt und daher nur bei Vollkornmehl in höheren Konzentrationen zu finden sind. Bei Alkylresorcinolen werden entzündungshemmende Eigenschaften sowie eine schützende Wirkung vor Darmkrebs vermutet.

Sterylferulate, Verbindungen von Phytosterinen mit Ferulasäure, sind die vierte wichtige Gruppe lipophiler Antioxidantien im Weizen. Ferulasäure hat als Phenolsäure antioxidative Eigenschaften, während die Sterine sich positiv auf erhöhte Cholesterinwerte auswirken können. Sterylferulate finden sich vor allem in den Weizenkeimlingen.

Einkorn auf der Überholspur

Die Forscher pflanzten jeweils 15 Sorten von Emmer, Einkorn, Dinkel, Weich- und Hartweizen in vier verschiedenen Regionen Deutschlands. Nach der Ernte wurden die Körner auf ihre Gehalte an lipophilen Antioxidantien untersucht. Dabei übertrafen die Einkornsorten alle anderen untersuchten Sorten der anderen Weizenarten, besonders in ihrem Luteingehalt, bei den Tocochromanol-Gehalten (hier besonders die Einkorn-Sorte „Terzino“) und bei den Sterylferulaten. Die Alkylresorcinol-Gehalte variierten innerhalb der verschiedenen Weizenarten. Die höchsten Gehalte fanden die Forscher bei einigen Weichweizen- und wiederum bei verschiedenen Einkornsorten.

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Die Evolution des Weizen: Hier wird deutlich, wie sich unser moderner Saatweizen entwickelt hat. Das Poster kann hier heruntergeladen werden: Komm ins Beet-Poster

Die Evolution des Weizen: Hier wird deutlich, wie sich unser moderner Saatweizen entwickelt hat. Das Poster kann hier heruntergeladen werden: Komm ins Beet-Poster

Bildquelle: © Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

Eine Auswertung der Gesamtgehalte an lipophilen Antioxidantien aller 75 Sorten ergab, dass alle 15 Einkornsorten unter den Top 20 der gehaltreichsten Weizensorten lagen. Einkorn hatte damit insgesamt die höchsten Werte an lipophilen Antioxidantien, gefolgt von Weichweizen, Dinkel, Emmer und Hartweizen.

Altes verbessern

Alte Getreidesorten sind also sehr gesund. Und nicht nur das: Sie brauchen weniger Dünger als moderne Getreidesorten und sind aufgrund ihrer harten Spelzen resistenter gegenüber Schädlingen als Weichweizen. Das reduziert wiederum den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Allerdings haben sie auch Nachteile, wie ihre lange Halme, die bei starkem Wind oder Regen leicht umknicken und so für die Ernte verloren gehen können. Zudem müssen sie vor der Verarbeitung von ihren festsitzenden Spelzen befreit werden, während bei modernen Weizensorten die Spelzen weicher sind und die Körner bereits im Mähdrescher abfallen. Und alte Sorten sind natürlich nicht so ertragreich wie die modernen Weich- und Hartweizensorten. All das macht sie teurer im Vergleich zum modernen Weizen.

Gute genetische Grundlagen

Allerdings gibt es auch Grund zur Hoffnung. Denn moderne Hart- und Weichweizensorten haben mehr als einhundert Jahre züchterischen Vorsprung. In diesem Prozess wurden sie vor allem auf hohe Erträge selektiert. Somit ergeben sich zwei grundsätzliche Ansätze. Zum einen versucht man den modernen Getreidesorten wieder mehr gesunde Stoffe unterzujubeln. Ein bekanntes, jedoch auch kontrovers diskutiertes Beispiel ist der „Goldene Reis“. Bei diesem versucht man mit gentechnischen Mitteln gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe zu erhöhen. Wie die aktuellen Untersuchungen zeigen, bringen viele alte Getreidarten und deren Sorten diese Stoffe schon mit, und zwar über ihre natürliche genetische Veranlagung, wie die Forscher feststellten. Daraus ergibt sich der zweite Ansatz: Alte Getreidearten können durch konventionelle Züchtung deutlich verbessert werden – auch  ganz ohne Gentechnik.

Alte Weizensorten verdienen daher, dass man sich näher mit ihnen befasst und sie nicht nur einmal zu Forschungszwecken ausprobiert. Vielmehr sollten Wege untersucht werden, wie diese wieder stärker in Produktion genommen und auf den Tisch gelangen können. Eine steigende Nachfrage nach diesen alten Getreiden würde auch für ein entsprechendes züchterisches Engagement sorgen, sodass nicht nur die guten Stoffe, sondern auch die Erträge auf längere Sicht gesteigert werden könnten, zusätzlich zu den umweltfreundlicheren Anbaubedingungen. Und für die Gesundheit ist ein „Einkornbrötchen“ allemal gut. Zusätzliche werden die Agrobiodiversität, also die Vielfalt der angebauten Kulturpflanzen, erhöht und die Fruchtfolgen ließen sich erweitern.  


Quelle:
Ziegler, J. U. et al. (2016): Lipophilic antioxidants in wheat (Triticum ssp.): A target for breeding new varieties for future functional cereal products. In: Journal of functional foods 20 (2016), doi:10.1016/j.jff.2015.11.022.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Alte Weizenarten wie das Einkorn haben hohe Gehalte an gesunden Inhaltsstoffen. (Bildquelle: © wwicki63 - Fotolia.com)