Weizen-Allergie: Ein Auslöser entdeckt
Protein im Endosperm sorgt für schwere Allergien
Forscher haben eines der Proteine im Weizen identifiziert, das maßgeblich für schwere allergische Reaktionen verantwortlich ist. Das könnte sowohl die Diagnose als auch die Therapie von Weizenallergikern maßgeblich verbessern.
Eine allergische Reaktion auf Weizen kann fatale Auswirkungen haben und bis hin zum anaphylaktischen Schock führen. Alpha Purothionin (Tri a 37) heißt einer der Übeltäter im Weizen, der eine solche Reaktion auslösen kann. Eigentlich schützt er das Getreide vor Schädlingen und kommt deshalb in großen Mengen im sog. Endosperm, dem Nährgewebe des Weizenkorns, vor. „In Industrieländern spricht man von einer Nahrungsmittelallergie-Prävalenz von 3-8% bei Kindern und 1-3% bei Erwachsenen. Diese Zahlen beziehen sich auf Nahrungsmittelallergien, die mittels Provokationstests diagnostiziert wurden. Die Zahlen variieren innerhalb verschiedener Länder: Milch und Ei sind gefolgt von Erdnuss (USA), Weizen (Deutschland, Österreich, Japan), Nüsse (Spanien) und Sesam (Israel)“, so Sandra Pahr von der Medizinischen Universität Wien.
Kein Produkt moderner Hochleistungssorten
Da Allergien in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen haben, könnte man vermuten, dass Tri a 37 erst durch moderne Züchtungsverfahren in den Weizen gelangte. Doch Sandra Pahr klärt auf: „Bereits 1942 haben Forscher dieses Protein in Weizenmehl nachgewiesen, jedoch noch nichts über deren Eigenschaft als wichtiges Weizen-Nahrungsmittelallergen gewusst. Da Alpha Purothionin die Pflanze vor eindringenden Schädlingen schützt, nimmt man an, dass dieses für die Pflanze wertvolle Protein, nicht erst durch moderne Züchtungsverfahren entstanden ist. Homologe Proteine findet man außerdem in Roggen und Gerste, jedoch nicht in Dinkel, Hafer, Reis, Mais, Soja und Sonnenblumenkernen.“ Im Rahmen ihrer Promotionsarbeit in der Abteilung für Immunpathologie, unter der Leitung von Rudolf Valenta, gelang es Sandra Pahr, Alpha Purothionin im Weizen zu identifizieren und zu analysieren. Und das könnte einen ganz praktischen Nutzen haben, wenn es darum geht, Weizenallergiker zu diagnostizieren und zu therapieren.
Allergietests mit Verbesserungspotenzial
Grundsätzlich werden drei Arten von Weizenallergien unterschieden:
1) Die Weizennahrungsmittelallergie: Hier werden die Allergene durch Nahrungsmittel über das Verdauungssystem aufgenommen.
2) Das sog. Bäckerasthma: Hier werden die Allergene über die Atmung aufgenommen.
3) Die Pollenallergie: Sie wird ausgelöst durch kreuzreaktive Proteine, die im Weizenkorn und in Gräserpollen enthalten sind.
Doch die Diagnoseverfahren weisen noch erhebliche Mängel auf. „Allergietests (Blut- oder Hauttests) werden heutzutage unter der Verwendung von Weizenextrakten durchgeführt. Aufgrund von Kreuzreaktionen sowie Reaktionen auf Kohlenhydrate kann es dabei zu falsch positiven Ergebnissen kommen. Ungefähr die Hälfte der Gräserpollenallergiker werden als Weizen-Nahrungsmittelallergiker eingestuft, obwohl sie weizen-haltige Nahrungsmittel symptomfrei essen können,“ erklärt Sandra Pahr die Problematik. Andererseits könne es auch zu falsch negativen Ergebnissen kommen, da in diesen wässrigen Test-Extrakten nicht alle Allergene enthalten seien.
Auf dem Weg zur personalisierten Therapie
Pahrs Entdeckung könnte die Tests verlässlicher gestalten und jene Patienten ganz genau herausfiltern lassen, die auch wirklich an einer Weizennahrungsmittelallergie leiden. Ziel der Wissenschaftler ist es, die bestehenden Bluttests zu verbessern und die schlecht-definierten Weizenextrakte zu ersetzen, um so eine gesicherte Diagnose inklusive einer Unterscheidung diverser Weizen-induzierten Allergien zu ermöglichen. In ihrer aktuellen Studie fanden die Forscher nämlich außerdem heraus, dass Patienten, die allergenspezifische Antikörper (IgE) gegen „Tri a 37“ im Blut hatten, ein viermal höheres Risiko besitzen, schwere allergische Reaktionen beim Verzehr von Lebensmitteln mit Weizen zu zeigen.
Aufwendige, teure und zudem gefährliche Provokationstests könnten so, bald der Vergangenheit angehören. Einer exakten Diagnose könnte dann eine personalisierte Therapie bzw. eine Diät-Empfehlung folgen.
Andere allergieauslösende Proteine im Weizen
Die Entdeckung des Proteins Tri a 37 ist ein Schritt auf dem Weg zu jenem großen Ziel, das am Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung der Medizinischen Universität Wien verfolgt wird: „Wir wollen das vielfältige Mosaik an Weizenproteinen, die allergische Reaktionen auslösen können, entschlüsseln“, so Pahr. Das könnte, so die Wissenschafterin, bereits bis Ende dieses Jahres gelingen. Auch ein industrieller Partner ist bereits mit im Boot: In Zusammenarbeit mit Thermofisher Scientific werden die Weizenallergene bereits im Rahmen eines EU-Projektes zu Forschungszwecken in Studien (MeDall Projekt - Mechanisms of the Development of Allergy) verwendet.
Quelle:
Pahr, S. et al. (2013): α-Purothionin, a new wheat allergen associated with severe allergy. In: Journal of Allergy and Clinical Immunology, (published online 01. Juli 2013), doi: 10.1016/j.jaci.2013.05.016.
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