Antioxidative Kraft fürs Essen

Tomaten mit erhöhtem Betacyaningehalt gegen entzündliche Erkrankungen

27.03.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Tomaten enthalten von Natur aus viele gesunde Stoffe, doch mit dem richtigen Transgen könnten sie sogar entzündliche Erkrankungen lindern. (Bildquelle: © kie-ker / Pixabay)

Tomaten enthalten von Natur aus viele gesunde Stoffe, doch mit dem richtigen Transgen könnten sie sogar entzündliche Erkrankungen lindern. (Bildquelle: © kie-ker / Pixabay)

Betalaine wie Betacyanin sind pflanzliche Antioxidantien, die eine Reihe von Krankheiten effektiv vorbeugen und lindern können. Doch sie kommen nur in wenigen Pflanzenarten vor. Mit „metabolic engineering“ könnten diese wertvollen Inhaltsstoffe nun auch in anderen Kulturarten angereichert werden.

Bunt und gesund: Betalaine werden natürlicherweise nur von Pflanzen aus der Gattung der Nelkenartigen (Caryophyllales) gebildet. Die Lebensmittelindustrie verwendet sie schon lange als Farbstoffe. Diese Stoffgruppe, zu denen die roten Betacyanine und die gelben Betaxanthine zählen, wirken auch antioxidativ. Damit entfalten sie eine förderliche Wirkung bei zahlreichen degenerativen und chronischen Erkrankungen, von Bluthochdruck über Kolitis und Arteriosklerose bis zu Krebs. Das Problem aber: Nur wenige Gemüsearten enthalten diese wertvollen Inhaltsstoffe und beim Kochen des Gemüses gehen die Antioxidantien größtenteils verloren – Beispiel: Rote Beete.

Wirken Betalaine auch in anderen Kulturarten gesundheitsfördernd?

Genau dieser Frage widmete sich nun ein japanisches Forscherteam. Mit Hilfe von metabolic engineering übertrugen die Forscher:innen den Stoffwechselweg für die Betalain-Synthese auf zwei Kulturarten. Sie wählten neben der Kartoffel auch die Tomate aus. Roh verzehrt könnte so aus der Tomate eine gesundheitsfördernde „Betalain-Bombe“ werden.

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Das Gen für das entzündungshemmende Betacyanin stammt aus der Roten Beete.

Das Gen für das entzündungshemmende Betacyanin stammt aus der Roten Beete.

Bildquelle: © Tracy Lundgren / Pixabay

Die übertragenen Biosynthese-Gene für die Betacyanine stammten aus der Roten Beete sowie der Wunderblume. Bereits andere Forschungsgruppen hatten die wesentlichen Biosynthese-Gene identifiziert und auf andere Pflanzenarten übertragen. Allerdings mit dem Ziel, die Betacyanine als natürliches Pflanzenschutzmittel gegen Pilzinfektionen zu nutzen. Die Idee, gesundheitsfördernde Pflanzen zu erzeugen, ist hingegen neu. Dabei war seit Jahren bekannt, dass Betalaine sich in Tierstudien als entzündungshemmend erwiesen hatten.

Dass die Übertragung der Gene geglückt war, zeigte sich schnell: Die transgenen Tomaten- und Kartoffelpflanzen entwickelten eine deutlich dunklere Farbe als ihr jeweiliger Wildtyp. Messungen bestätigten den extrem hohen Gehalt an den Betacyaninen Betanin (1,41 Milligramm pro Gramm Trockengewicht) und Isobetanin (0,22 mg/g) in reifen Tomaten. Die Konzentration in den Kartoffeln lag etwa halb so hoch.

Tomaten Top, Kartoffeln Flop

Eine Überraschung erlebten die Forscher:innen jedoch, als sie die antioxidative Wirkung der Früchte und Knollen untersuchten. Dazu erfassten sie, wie Extrakte daraus auf Makrophagen und gegen Kolitis im Tiermodell wirkten. Zunächst bestätigten sich beim Tomatenextrakt die Erwartungen: Selbst in tausendfacher Verdünnung verringerte der Extrakt in Makrophagen die Transkription des Gens Tnf, das für das entzündungsfördernde Cytokin TNF-α codiert. Der Effekt lag deutlich über dem Niveau des Wildtyp-Tomatenextraktes – denn auch Tomaten haben natürlicherweise bereits entzündungshemmende Inhaltsstoffe. Auch die Gene für weitere entzündungsfördernde Cytokine – Il1β und Il6 – sowie für die Entzündungen auslösende Cyclooxygenase 2 – wurden durch den Extrakt der transgenen Tomaten herunterreguliert. Der Extrakt transgener Kartoffeln hingegen verringerte bei keinem der genannten Gene die Aktivität. Möglicherweise besitzen Kartoffeln einen unbekannten Antagonisten, der die Wirkung von Betacyanin blockiert.

 Tomatenextrakt unterdrückt Symptome der Kolitis

Auch im Tierexperiment bestätigte sich die antioxidative Wirkung der transgenen Tomate. Die Forscher:innen hatten bei Mäusen Darmentzündungen induziert und die Tiere dann über mehrere Tage mit dem Extrakt der transgenen Tomaten gefüttert. Die Tiere verloren dadurch deutlich weniger Gewicht und ihr Darm blieb vollständig intakt. Der Extrakt unterdrückte in den Darmzellen der Tiere eine Reihe von entzündungsrelevanten Genen, darunter auch die Aktivität des Gens Tnf. Diesen Effekt konnte nicht einmal ein Rote-Beete-Extrakt auslösen.

Das Fazit der Forscher:innen: „Wir sind zuversichtlich, dass diese Form der Betalain-Anreicherung ein vielversprechender Weg für die Produktion gesundheitsfördernder Lebensmitteln ist.“


Quelle:
Saito, S., et al. (2023): Metabolic engineering of betacyanin in vegetables for anti‐inflammatory therapy. In: Biotechnology and Bioengineering, 2023; 1-9. doi: 10.1002/bit.28335.

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Titelbild: Tomaten enthalten von Natur aus viele gesunde Stoffe, doch mit dem richtigen Transgen könnten sie sogar entzündliche Erkrankungen lindern. (Bildquelle: © kie-ker / Pixabay)