Auf den Zeitpunkt kommt es an

Weizenertrag schwankt durch temporäre Umwelteinflüsse unterschiedlich stark

10.11.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Regen oder Sonnenschein? Umwelteinflüsse beeinträchtigen oder fördern den Ertrag von Feldfrüchten wie Weizen. Eine neue Studie zeigt jetzt auf, welche Zeitpunkte dabei am kritischsten sind und wie über 200 verschiedene Sorten reagieren. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Regen oder Sonnenschein? Umwelteinflüsse beeinträchtigen oder fördern den Ertrag von Feldfrüchten wie Weizen. Eine neue Studie zeigt jetzt auf, welche Zeitpunkte dabei am kritischsten sind und wie über 200 verschiedene Sorten reagieren. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)

Sonne, Regen, Temperaturschwankungen – all diese Umwelteinflüsse beeinflussen den Ertrag unserer Feldfrüchte. Eine neue Studie zeigt jetzt, zu welchen Zeitpunkten Winterweizen besonders anfällig für Umwelteinflüsse ist und welche Sorten sich relativ unempfindlich zeigten.

Feldfrüchte sind dem Wetter schutzlos ausgeliefert. Sonneneinstrahlung, Temperatur oder Niederschlag – all diese Umweltfaktoren beeinflussen den Ertrag. Aufgrund des Klimawandels müssen Pflanzen in Zukunft mit mehr Extremwetterereignissen zurechtkommen. Doch wie genau beeinflusst das Wetter den Ertrag von unterschiedlichen Weizensorten?

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Grundlage der Studie in Nature Plants war der Winterweizen-Versuch BRIWECS. Das Bild zeigt verschiedene Sorten am Versuchsort Quedlinburg mit unterschiedlich starkem Gelbrost-Befall.

Grundlage der Studie in Nature Plants war der Winterweizen-Versuch BRIWECS. Das Bild zeigt verschiedene Sorten am Versuchsort Quedlinburg mit unterschiedlich starkem Gelbrost-Befall.

Bildquelle: ©Holger Zetzsche / JKI

Um diese Frage zu beantworten, hat ein Forschungsteam unter der Leitung von Professor Tsu-Wei Chen von der Humboldt-Universität Berlin ein neues statistisches Verfahren entwickelt. Damit konnten es zeigen, dass Umweltfaktoren in bestimmten Zeitfenster den Ertrag besonders stark beeinflussen. Auch wurde dadurch deutlich, dass manche Pflanzen aufgrund ihrer Gene wesentlich sensibler, andere hingegen relativ unempfindlich auf Umwelteinflüsse reagierten.

220 Sorten an sechs Standorten

Das Experiment war ein wahrliches Mammutprojekt und lief über drei aufeinanderfolgende Saisons (2014/15, 2015/16 und 2016/17) hinweg. An sechs Standorten in Groß-Gerau, Hannover, Klein Altendorf, Kiel, Rauischholzhausen und am Julius Kühn-Institut in Quedlinburg wuchsen jeweils 220 unterschiedliche Weizensorten.

In einem Zufallsverfahren wurden den einzelnen Plots unterschiedlich viel Stickstoffdünger und Pflanzenschutzmittel zugeteilt. Wetterstationen registrierten jede Stunde Sonneneinstrahlung, Temperatur und Niederschlag. Die Bodenfeuchte wurde modelliert. Von jeder Weizensorte ermittelten die Forschenden die Ertragskomponenten Kornzahl pro Ähre, Ährenzahl und Tausendkorngewicht.

Altes bestätigt, neues erkannt

Mit Hilfe von statistischen Verfahren konnten die Forschenden sowohl bereits bekannte Erkenntnisse bestätigen als auch neue Schlüsselmomente der Pflanzenentwicklung erkennen. „Es ist bereits bekannt, dass Winterweizen in der Blütezeit von etwa Ende Mai bis Anfang Juni sehr empfindlich gegenüber hohen Temperaturen ist“, erklärt Tsu-Wei Chen. Wenn in dieser Zeit die Temperatur auf über 30 Grad Celsius steigt, befindet sich die Pflanze im Hitzestress. Sie betreibt weniger Photosynthese, Blütchen werden abgestoßen und infolgedessen auch weniger Körner gebildet. Der Ertrag sinkt.

Von den zahlreichen neuen Erkenntnissen heben die Forschenden in der Studie vier besonders hervor:

  1. Die Intensität der Sonneneinstrahlung während der späten Kornfüllungsphase beeinflusst das Gewicht der reifen Körner.
  2. Die Nachttemperatur vor der Blüte steuert die Korngröße.
  3. Niederschläge und Bodenwassergehalt nach der Blüte erhöhen die Anzahl der Ähren.
  4. Hohe Niederschläge während der Kornfüllungsphase führen zu einer geringeren Anzahl an Körnern pro Ähre.
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Matthias Erb erforscht an der Universität Bern Biotische Interaktionen und hat die Experimente zur Fruchtfolge von Mais und Weizen geleitet.

Matthias Erb erforscht an der Universität Bern Biotische Interaktionen und hat die Experimente zur Fruchtfolge von Mais und Weizen geleitet.

Bildquelle: © Adrian Moser

Die genetische Ausstattung spielt eine wichtige Rolle

Wie empfindlich die Pflanzen auf die jeweiligen Umwelteinflüsse reagieren, hängt stark von ihrer genetischen Ausstattung ab. „Wir haben nicht nur neue sensitive Zeitfenster entdeckt, sondern auch Stressresistenzen in bestimmten Sorten“, betont Tsu-Wei Chen.

Mit Hilfe der neuen Methode lässt sich auch vorhersagen, welche Erträge unter zukünftigen Klimabedingungen zu erwarten sind. Züchter können jetzt testen, ob die Auswahl von relativ unempfindlichen Genotypen dazu führt, die Ertragsstabilität oder Stresstoleranz zu verbessern.

Warum genau manche Sorten stärker auf Umwelteinflüsse in bestimmten Zeitfenstern reagieren als andere und welche Gene dafür verantwortlich sind, muss in zukünftigen Studien noch geklärt werden.


Quelle:
Sabir, K., Rose, T., Wittkop, B. et al. Stage-specific genotype-by-environment interactions determine yield components in wheat. Nat. Plants 9, 1688–1696 (2023). https://doi.org/10.1038/s41477-023-01516-8

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Titelbild: Regen oder Sonnenschein? Umwelteinflüsse beeinträchtigen oder fördern den Ertrag von Feldfrüchten wie Weizen. Eine neue Studie zeigt jetzt auf, welche Zeitpunkte dabei am kritischsten sind und wie über 200 verschiedene Sorten reagieren. (Bildquelle: © Pexels / Pixabay)