Bitte mehr Bor!
Bor-Transportporteine in Samenpflanzen haben ihren evolutionären Ursprung in Bakterien
Zuckerrübe, Raps und Mais brauchen besonders viel davon. Werden Pflanzen nicht ausreichend mit diesem Mikronährstoff versorgt, drohen Herz- und Trockenfäule. Auch die Fruchtbildung und Erträge gehen deutlich zurück. Die Rede ist von Bor. In vielen Düngemitteln sind daher Borsalze enthalten, um einem Mangel vorzubeugen. Alle eukaryotischen Organismen außer Pflanzen besitzen keine Aufnahmemechanismen für Bor. Wie gelangten dann Samenpflanzen zu dieser Fähigkeit? Eine internationale Forschergruppe unter Leitung des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben hat die Antwort gefunden.
Das Halbmetall Bor ist ein wichtiger Mikronährstoff, der in Samenpflanzen für die Festigkeit der Zellwände und eine Vielzahl von Transportprozessen (Wasser, Wachstumshormone) notwendig ist. Auch ein gut funktionierender Energiestoffwechsel, die Blütenbildung und eine hohe Stresstoleranz sind von einer ausreichenden Borzufuhr abhängig. Die Aufnahme von Bor erfolgt, wie bei allen Mikronährstoffen, an den Wurzeln und erfolgt über spezifische Transportkanäle.
Bor-Transportkanäle untersucht
Die Möglichkeit, Bor gezielt aufzunehmen, besitzen Pflanzen jedoch nicht schon immer. Die Bor-Transportkanäle – Nodulin26-like-intrinsic-proteins (NIPs) – hat ein internationales Forscherteam daher genauer auf ihre Herkunft untersucht. Eine Kombination von Sequenzanalysen, phylogenetischen Untersuchungen und Mutantenanalysen führten zum Ursprung der NIPs: Bakterien.
Die Studien der Forscher zeigen, dass die Bildung der Bor-Kanäle auf eine Gensequenz namens „aqpN“ zurückzuführen ist, die sich auch in Chloroflexi-Bakterien und Cyanobakterien wiederfinden lässt. Dort kodiert sie jedoch für ein Kanalprotein, das von den Bakterien für die Arsen-Entgiftung genutzt wird. Zugeordnet werden alle aqpN-Kanäle der Gruppe der Aquaporine, welche generell die Aufnahme ungeladener Moleküle wie Wasser, Glycerin oder Halbmetalle in Zellen ermöglichen.
Genetischer Zuwachs durch horizontalen Gentransfer
Vermutungen legen nahe, dass die Gensequenz erstmalig durch horizontalen Gentransfer von einem Bakterienstamm zu einer charophytischen Alge übertragen wurde. Die Untersuchungen der Forscher an Algen, Moosen und Farnen unterstützen diese These. Solche niederen Pflanzen besitzen nämlich ebenfalls Proteinkanäle, welche nur Arsen und Bor – jedoch kein Wasser oder Silizium, transportieren. Sie ähneln damit stark den ursprünglichen Bakterienkanälen und stellen eine Art evolutionäre Zwischenstufe zu den Bor-Transportkanälen höherer Samenpflanzen dar.
Die Mutantenanalyse der Forscher ergab, dass sich die Transportkanäle im Zuge der Evolution in ihrer Selektivität weiter verändert haben und nun neben Bor auch für weitere Stoffe wie Silizium durchlässig sind.
Problem: Arsen
Die Eigenschaft Arsen zu transportieren ist dabei nicht verloren gegangen. Das führt auch zu Problemen: Reispflanzen auf arsenhaltigen Böden reichern teilweise für Menschen kritisch hohe Mengen dieser toxischen Substanz an.
„Dennoch wären unsere modernen Nutzpflanzen ohne den Besitz eines ursprünglichen bakteriellen Arsen-Detoxifizierungskanals nicht in der Lage, effizienten Bor- oder Silizium-Transport zu regulieren und landwirtschaftlich relevante Ernteerträge wären vermutlich nicht ansatzweise so hoch“, so Dr. Bienert von der Emmy Noether-Forschungsgruppe „Metalloid-Transport“ des IPK in Gatersleben.
Die Transport- und Regulationsmechanismen von Halbmetallen wie Bor und Arsen werden daher auch weiterhin erforscht. Ziel sind Nutzpflanzen, die das Borangebot in Ackerböden effizienter nutzen können und dadurch mehr Ertrag liefern.
Quelle:
Pommerrenig, B. et al. (2019): Functional evolution of Nodulin26-like Intrinsic Proteins. From bacterial arsenic detoxification to plant nutrient transport. In: New Phytologist, (24. September 2019), doi: 10.1111/nph.16217.
Zum Weiterlesen:
Titelbild: Désirée Bienert transformiert die Samenpflanze Arabidopsis thaliana mit Kanalprotein-Genen aus dem Moos Physcomitrella patens. (Bildquelle: © Julie Himpe/IPK Gatersleben)