Endosymbiose bei Pilzen und Algen entdeckt
Kooperation verbessert wechselseitig Stickstoff- und Kohlenstoffversorgung
Für beide Seiten profitable Wechselwirkungen zwischen Pilzen und Algen sind in der Natur weit verbreitet und gelten als Wegbereiter für die Ausbreitung von Pflanzen und Flechten an Land. Ein deutsches Forscherteam hat nun erstmals einen solchen Mutualismus analysiert, bei der einige Mikroalgen sogar im Inneren der Pilzhyphen leben.
Es war eine Überraschung, als im Jahr 2018 Forscher berichteten, dass der Bodenpilz Mortierella elongata eine Symbiose mit der Meeresalge Nannochloropsis oceanica eingeht, wenn beide Organismen im Labor gemeinsam kultiviert werden. Aus der Natur ist kein Fall bekannt, in dem M. Elongata symbiotisch mit Algen lebt. Weil beide Organismen bedeutsame Produzenten bei biotechnologischen Produktionsprozessen sind, hat sich ein internationales Forscherteam unter deutscher Beteiligung diese Symbiose näher angeschaut – und dabei eine weitere Überraschung erlebt: Es beobachtete erstmals, wie eine Mikroalge die Filamente eines lebenden Pilzes im Inneren besiedelt.
Gemeinsam erfolgreichere Ölproduzenten
Die Studie aus dem Jahr 2018 hatte gezeigt, dass beide Organismen gemeinsam mehr Öl produzieren. Offen blieb aber, ob Pilz und Algen Nährstoffe austauschen und gegenseitig ihre Fitness verbessern. Der Austausch von Nährstoffen ist ein Phänomen, das häufig zu beobachten ist, wenn Photobionten und Mycobionten eine Symbiose bilden. Mit verschiedenen biochemischen Methoden zeigten die Pflanzenforscher, dass dies auch auf den vorliegen Fall zutrifft. In allen bekannten Fällen wuchsen die Algen jedoch außerhalb der Pilzhyphen und drangen nicht in lebende Zellen ein.
Bereits nach sechs Tagen gemeinsamer Kultivierung von M. elongata und N. oeanica zeigte sich im Rasterelektronenmikroskop eine Wand-zu-Wand-Interaktion beider Organismen, bei der sich die sonst glatte Außenschicht der Algen stellenweise auflöste und faserartige Verlängerungen der Zellen freigab. Nur wenn Pilz und Alge lebendig waren, zeigte sich diese Struktur, die mutmaßlich zur gegenseitigen Verankerung dient. Wurde die Alge mit anderen Pilzen gemeinsam kultiviert, die keine Symbiose formen, behielt N. oceanica ihre glatte Hülle. Insgesamt testeten die Forscher 20 phylogenetisch sehr unterschiedliche Pilze darauf, ob diese mit N. oceanica eine Symbiose eingehen. Mit Ausnahme einzelner Mortierella-Arten verlief die Interaktion jedoch stets neutral oder negativ.
Gegenseitiger Austausch von Stickstoff und Kohlenstoff
Um zu prüfen, ob die an ihren Zellwänden verbundenen Symbionten Nährstoffe austauschen, kultivierten die Forscher beide Organismen zunächst separat und ernährten jeweils einen Symbionten mit Kohlenstoff- und Stickstoffquellen mit 14C- bzw. 15N-Isotopen. Anschließend wurde dieser Symbiont gemeinsam mit seinem normal ernährten Symbiosepartner kultiviert. Dann erfolgte wieder eine Trennung der Organismen durch den enzymatischen Abbau der Zellverbindungen und Filtration. Die folgende Isotopenanalyse ergab, dass die Algen einen großen Teil ihres 14C-Kohlenstoffs an den Pilz übertragen hatten, der vor allem für den Aufbau von Lipiden genutzt wurde. Auch der Pilz lieferte im parallelen Versuch 14C-Kohlenstoff an die Algen. Dabei profitierten Algen, die direkt mit Pilzhyphen verbunden waren, stärker als Algen ohne direkten Kontakt zu den Pilzen. „Der Kohlenstoffaustausch ist demnach abhängig vom physischen Kontakt lebender Partner“, resümieren die Autoren der Studie.
Ein ähnliches Bild zeigte sich für den Stickstoffaustausch zwischen den beiden Organismen, allerdings ohne dass physischer Kontakt erforderlich war. Unter dem Strich übertrug der Pilz doppelt so viel Stickstoff an die Algen wie in umgekehrter Richtung.
Indem die Forscher beide Organismen gemeinsam auf Mangelnährmedien kultivierten, konnten sie zeigen, dass dieser Nährstoffaustausch beiden Partnern einen konkreten Nutzen bringt. Gegenüber der Einzelkultivierung erzeugten Pilz und Alge deutlich mehr Biomasse. Gemeinsam mit der Alge konnte der Pilz sogar auf einem Medium ohne Kohlenstoffquelle wachsen, was sonst unmöglich ist. Die Algen entwickelten zudem eine größere Photosyntheseleistung als in Einzelkultivierung.
Stabile Beziehung auch nach drei Monaten
Die gemeinsame Inkubation beider Symbionten über bis zu drei Monate demonstrierte zudem, dass deren Beziehung stabil ist und gesunde Algenzellen die lebenden Pilzhyphen umgaben. Überraschenderweise fanden die Forscher nun aber auch einige der Algen innerhalb der Pilzhyphen – ein echtes Novum für Pilze und eukaryotische Photobionten. Sowohl diese Algen als auch die besiedelten Pilze waren lebendig und funktional. Den Augenblick und Ort der initialen Besiedelung konnten die Wissenschaftler jedoch nicht beobachten. Als Eintrittspunkt vermuten sie die Spitzen der Hyphen, da diese die am wenigsten differenzierten Zellen innerhalb des Mycels darstellen und dort kontinuierlich Plasmamembranen ab- und Zellwände aufgebaut werden.
Vererbung der Symbionten unklar
Ob diese Endosymbiose im Zuge der Teilung von Pilzzellen vertikal weitergegeben wird, konnte in der Studie ebenfalls nicht geklärt werden, wohl aber, dass sich die Algen innerhalb des Pilzes weiter vermehren. Unklar blieb außerdem, ob es sich bei dem Mechanismus um eine seit Urzeiten bestehende Symbiose handelt - immerhin teilen beide Organismen gleiche Habitate und ökologische Nischen – oder ob es sich um latent vorhandene Fähigkeiten handelt. Das evolutionsbiologische Alter der Symbionten deute jedoch darauf hin, dass Symbiosen zwischen Algen und Pilzen weit länger existieren könnten als bislang vermutet, schreiben die Forscher.
Quelle: Du, Z-Y., et al. (2019): Algal-fungal symbiosis leads to photosynthetic mycelium. In: eLife, (16. Juli 2019), doi:10.7554/eLife.47815.
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Titelbild: Algen der Gattung Nannochloropsis. (Bildquelle: © CSIRO/CC BY 3.0)