Phytoplankton mit erstaunlichen Fähigkeiten

Meeresalge produziert „Erdöl“

07.09.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

3D-Struktur einer ARC1-Zelle, rekonstruiert aus mehreren elektronenmikroskopischen Bildern. In rot eingefärbt: Lipidkörperchen. (Bildquelle: © Harada et al./ Scientific Reports, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

3D-Struktur einer ARC1-Zelle, rekonstruiert aus mehreren elektronenmikroskopischen Bildern. In rot eingefärbt: Lipidkörperchen. (Bildquelle: © Harada et al./ Scientific Reports, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Eine Alge (Dicrateria rotunda) aus dem Arktischen Ozean ist in der Lage, gesättigte Kohlenwasserstoffe zu produzieren, aus denen auch Benzin, Diesel und Heizöl bestehen. Ein einzigartiger Fund – der die Hoffnung weckt, zukünftig klimaneutrale Treib- und Brennstoffe herstellen zu können.

Noch ist Erdöl ist aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Es wird als Treibstoff für den Verkehr und zum Heizen genutzt. Aber es ist auch ein wichtiger Rohstoff für die chemische Industrie und steckt in vielen alltäglichen Dingen wie in Kunststoffen oder Kosmetik.

Erdöl – das „schwarze Gold“ – entstand vor Jahrmillionen aus Plankton, vor allem Algen, das nach dem Absterben auf den Meeresboden absank. Dort verfestigt es sich mit anderen Sedimenten langsam und wanderte in die Tiefe. Durch steigenden Druck und hohe Temperaturen entstand letztlich das flüssige Erdöl.

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Könnten Algen zukünftig Kraftstoffe produzieren?

Könnten Algen zukünftig Kraftstoffe produzieren?

Bildquelle: © andreas160578 / Pixabay

Es besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Genauer gesagt aus meist linearen und gesättigten Kohlenwasserstoffketten (n-Alkane). Die daraus gewonnenen Treib- und Brennstoffe unterscheiden sich anhand der Länge der Kohlenstoffketten: Benzin 10 - 15 Kohlenstoffatome, Dieselöle 16 - 20 und Heiz-/Schweröle 21 - 38. Doch die Nutzung von Erdöl setzt unserem Klima zu. Bei der Verbrennung dieser Stoffe entstehen große Mengen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid, das in den Erdöllagerstätten seit Jahrmillionen fest gespeichert war.

Zurück zum Anfang: Phytoplankton kann „Erdöl“ direkt herstellen

Eine erstaunliche Entdeckung haben nun Forschende gemacht: Sie fanden eine Meeresalge (Dicrateria rotunda) aus der Gruppe der Haptophyta, die n-Alkane herstellen kann. Der Stamm mit Namen ARC1 wurde auf einer wissenschaftlichen Expedition im Arktischen Ozean gesammelt und anschließend genauer untersucht. Das Phytoplankton kann n-Alkane mit einer Kohlenstoffkettenlänge von 10 - 38 Atomen produzieren – also genau die Verbindungen, aus denen Benzin und Co bestehen. Bisher kannte man keinen Organismus, der dazu fähig ist.

Die Alge speichert die Kohlenwasserstoffe in Lipidkörperchen. Bei Experimenten stellte das Team fest, dass der Gehalt an gespeicherten Kohlenwasserstoffen unter dunklen und stickstoffarmen Bedingungen bis um das Fünffache anstieg. Der Haken: Es handelt sich auch dann noch um Mengen im Nanogrammbereich pro Algenzelle, die für eine rentable Alkan-Ernte wohl noch nicht ausreichen.

Eigenschaft einer einzigen Alge?

Doch ist das nur eine Besonderheit von ARC1 oder gibt es noch weitere Vertreter, die n-Alkane produzieren können? Dafür untersuchten die Forscher:innen noch zehn weitere Dicrateria-Stämme. Ein eindeutiges Ergebnis: Alle waren dazu in der Lage. Dies legt die Vermutung nahe, dass die gesamten Gattung Dicrateria diese Eigenschaft besitzt.

Noch ist unklar, wie genau die Algen diese Kohlenwasserstoffe herstellen. Doch die Entdeckung der Alkan-produzierenden Algen könnte den Weg ebnen, in Zukunft biogene Kraftstoffe herzustellen, die keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen verursachen. Grund genug, diese Algengattung in Zukunft noch genauer zu untersuchen.


Quelle: Harada, N. et al. (2021): A novel characteristic of a phytoplankton as a potential source of straight-chain alkanes. In: Scientific Reports 11, 14190, (19. Juli 2021), doi: 10.1038/s41598-021-93204-w.

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Titelbild: 3D-Struktur einer ARC1-Zelle, rekonstruiert aus mehreren elektronenmikroskopischen Bildern. In rot eingefärbt: Lipidkörperchen. (Bildquelle: © Harada et al./ Scientific Reports, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)