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Gen-editierter Reis profitiert von Stickstoff-fixierenden Bakterien

04.10.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Dank zweier ausgeschalteter Enzyme könnten Reiswurzeln stärker von Stickstoff-fixierenden Bakterien besiedelt werden, was in einer Studie rund ein Viertel mehr Ertrag zur Folge hatte. (Bildquelle: © Park Misso m / Pixabay)

Dank zweier ausgeschalteter Enzyme könnten Reiswurzeln stärker von Stickstoff-fixierenden Bakterien besiedelt werden, was in einer Studie rund ein Viertel mehr Ertrag zur Folge hatte. (Bildquelle: © Park Misso m / Pixabay)

Von einer effizienten Stickstoffaufnahme unserer Kulturpflanzen profitieren Ertrag, Umwelt und Klima. Jetzt hat die Pflanzenforschung einen neuen Weg entdeckt, Getreidearten mit molekularem Stickstoff zu versorgen – durch eine Beeinflussung des Wurzelmikrobioms.

Nitratbelastetes Grundwasser, eutrophierte Seen und Lachgas-Emissionen, die den Klimawandel beschleunigen: Die Stickstoffdüngung in der Landwirtschaft steigert zwar die Erträge, doch die Gesellschaft zahlt dafür einen hohen Preis. Die Pflanzenforschung hat nun einen neuen Weg aufgezeigt, wie dieses Problem im Getreideanbau mittelfristig deutlich verringert werden könnte.

Die Probleme mit dem Stickstoffeintrag resultieren vor allem daher, dass die Landwirtschaft mehr Stickstoff in Form von Nitrat und Ammonium auf die Felder ausbringt, als die Pflanzen verwerten können: Nur etwa die Hälfte des ausgebrachten Stickstoffs nehmen die Pflanzen auf, bevor der Regen den Nährstoff in tiefere Bodenschichten spült oder er als Lachgas in die Luft entweicht. Eine Gefahr für Grundwasser und Klima. Nötig wird die Stickstoffdüngung überhaupt erst, weil Pflanzen elementaren Stickstoff nicht direkt wie CO2 aus der Luft binden können – wo er reichlich vorhanden wäre. Manche Mikroorganismen hingegen besitzen diese Fähigkeit.

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Stickstoff-fixierende Bakterien, sogenannte Rhizobien, gehen eine Symbiose mit Leguminosen ein. Die Bodenbakterien binden elementaren Stickstoff aus der Luft und wandeln ihn in eine pflanzenverfügbare Form um.

Stickstoff-fixierende Bakterien, sogenannte Rhizobien, gehen eine Symbiose mit Leguminosen ein. Die Bodenbakterien binden elementaren Stickstoff aus der Luft und wandeln ihn in eine pflanzenverfügbare Form um.

Bildquelle: © kelly marken / Fotolia.com

Bodenbakterien liefern Stickstoff – nur nicht bei Getreide

Wie auch Pflanzen davon profitieren können, zeigt sich am besten am Beispiel der Leguminosen: Die Hülsenfrüchtler gehen eine Symbiose mit bestimmten Stickstoff-fixierenden Bakterien ein, die in Knöllchen an den Wurzeln leben. Diese sogenannten Rhizobien wandeln mittels Enzymen, den Nitrogenasen, elementaren Stickstoff in Ammonium um. Im Gegenzug sondern die Pflanze bestimmte Stoffwechselprodukte ab, von denen die Bakterien profitieren. Pflanzen scheiden dazu gut ein Fünftel ihres fixierten Kohlenstoffs in Form von Stoffwechselprodukten aus, um damit Mikroben in Rhizosphäre und Rhizoplane zu ernähren.

Bei Getreidearten existiert jedoch keine derartige Symbiose. Die Pflanzenforschung hat daher bereits mehrere Ansätze erprobt, um die Stickstoffaufnahme bei Getreidepflanzen zu verbessern – ohne durchschlagenden Erfolg. Der Ansatz, die Gene für die bakterielle Nitrogenase in Pflanzen zu etablieren, scheitere daran, dass die Getreidepflanzen diese Gene nicht stabil exprimierten. Und auch der Ansatz, eine Symbiose wie bei Leguminosen nachzubilden, blieb lange erfolglos.

Reisabsonderung fördert Biofilme

Doch jetzt haben Pflanzenforscher:innen bei Reis einen neuen Weg beschritten, um Bakterien als Ammoniumquelle zu mobilisieren. Sie haben die Pflanzen gentechnisch so verändert, dass diese die Biofilmbildung der entsprechenden Bakterien fördern und so deren Ansiedlung an den Wurzeln begünstigen. Die Biofilme bilden sauerstoffarme Milieus, was die Aktivität von Nitrogenasen fördert.

Zunächst hat das Team dazu 740 chemische Verbindungen daraufhin untersucht, wie diese bei dem Bakterium Gluconacetobacter diazotrophicus die Bildung von Biofilmen beeinflussen. Unter den drei Substanzen mit den größten positiven Effekten befanden sich zwei Kandidaten, die das besondere Interesse der Forscher:innen weckten: Apigenin und Luteolin. Beide Flavone sind nicht nur pflanzlichen Ursprungs, sondern bekannt dafür, eine wichtige Rolle bei der Symbiose zwischen Leguminosen und Rhizobien zu spielen. Und auch der Syntheseweg beider Moleküle in Reis war bereits bekannt.

Apigenin erhöht die pflanzliche Stickstoffaufnahme

Im nächsten Schritt hat das Team das Reisgenom so verändert, dass die Pflanzen mehr Apigenin anreichern und in die Rhizosphäre absondern. Dazu schalteten die Fachleute mittels CRISPR die beiden Enzyme aus, die Apigenin zu Luteolin abbauen.

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Eduardo Blumwald (rechts) vom UC Davis Department of Plant Sciences, mit dem Postdoktoranden Akhilesh Yadav im Gewächshaus: Das Team um Blumwald hat den abgebildeten Reis modifiziert, um Stickstoff effizienter zu nutzen.

Eduardo Blumwald (rechts) vom UC Davis Department of Plant Sciences, mit dem Postdoktoranden Akhilesh Yadav im Gewächshaus: Das Team um Blumwald hat den abgebildeten Reis modifiziert, um Stickstoff effizienter zu nutzen.

Bildquelle: © Trina Kleist / UC Davis

Die Wurzelextrakte mit erhöhten Gehalt an Apigenin und Apigenin-7-O-Glukosid führten dann in der Tat zu einer verstärkten Biofilmbildung bei G. diazotrophicus.

Indem die Forscher:innen die Wurzeln mit gasförmigem Stickstoff aus 15N-Isotopen begasten, konnten sie auch nachweisen, dass die Reispflanzen wesentlich mehr Stickstoff aus der Luft in ihre Biomasse einbauten. Das war ein deutlicher Beleg dafür, dass Stickstoff-fixierende Bakterien im Wurzelraum diesen Stickstoff für die Pflanze verstärkt verfügbar machten.

Methode wohl bei allen Getreidearten anwendbar

Dass dieser Ansatz großes Potenzial besitzt, zeigten auch die phänotypischen Veränderungen der Reispflanzen: In stickstoffarmen Böden wuchsen sie zwar weniger hoch, bildeten aber mehr Rispen und je nach Linie erhöhte sich der Ertrag um 20 bis 35 Prozent. Außerdem erhöhte sich der Anteil Stickstoff-fixierender Bakterien im Wurzelmikrobiom. Ohne eine Mangelversorgung mit Stickstoff unterschieden sich die gentechnisch veränderten Reispflanzen kaum von der Kontrollgruppe. Die Methode funktionierte zudem in zwei sehr unterschiedlichen Bodentypen – was dafür spricht, dass eine hohe Anpassung an die spezifischen Umweltbedingungen möglich ist.

Weitere Analysen bestätigten, dass Apigenin und Apigenin-7-O-Glukosid bei vielen Stickstoff-fixierenden Bakterien die notwendige Biofilmbildung fördern. Unlängst ergab eine weitere Studie, dass eine Inzucht-Maislinie mit einer Überexpression der Flavonsynthase fünfmal mehr Apigenin und Luteolin ausscheidet, dadurch sich die Bakterienfamilie Oxalobacteraceae in der Rhizosphäre anreichert und bei Stickstoffmangel das Maiswachstum fördert.

Forschung zu Nebenwirkungen steht aus

Eine noch unbeantwortete Frage ist, ob diese Eingriffe auch negative Folgen haben. Immerhin verringern sie die Verfügbarkeit anderer Flavone in der Pflanze und Rhizosphäre. Denkbar wäre, dass dies Infektionen mit pathogenen Bakterien oder Pilzen begünstigen könnte.

Aber die Chancen für eine gesteigerte Selbstversorgung von Getreiden mit Stickstoff sind hoch: Die für die Methode maßgebliche Flavonoidsynthese können alle Getreidearten leisten. Entsprechend optimierte Sorten würden mit weit weniger Stickstoffdüngung auskommen und so Umwelt, Klima und Gesundheit schonen.


Quelle:
Yan, D. et al. (2022): Genetic modification of flavone biosynthesis in rice enhances biofilm formation of soil diazotrophic bacteria and biological nitrogen fixation. In: Plant Biotechnology Journal, (23. Juli 2022), doi: 10.1111/pbi.13894.

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Titelbild: Dank zweier ausgeschalteter Enzyme könnten Reiswurzeln stärker von Stickstoff-fixierenden Bakterien besiedelt werden, was in einer Studie rund ein Viertel mehr Ertrag zur Folge hatte. (Bildquelle: © Park Misso m / Pixabay)