Genschere live

Mit Nanotechnik die Aktivität von CRISPR/Cas beobachten

20.07.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Mit der neuen Methode können „ideale“ Zielsequenzen für die Genschere abgeleitet werden – die Genomeditierung wird noch präziser. (Bildquelle: © David Laganzon / Pixabay)

Mit der neuen Methode können „ideale“ Zielsequenzen für die Genschere abgeleitet werden – die Genomeditierung wird noch präziser. (Bildquelle: © David Laganzon / Pixabay)

Ein deutsch-lettisches Forscherteam hat eine bahnbrechende Methode entwickelt, mit DNA-Nanotechnik die Generkennung des CRISPR/Cas-Proteinkomplexes unter dem Mikroskop zu verfolgen. Mit den nun vorliegenden Daten können ideale Zielsequenzen ausgewählt werden, die von CRISPR/Cas in höchster Präzision erkannt werden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Aktivität der Genschere an abweichenden Sequenzabschnitten im Genom sinkt dadurch deutlich.

CRISPR-Cas-Proteinkomplexe, auch als "Genscheren" bekannt, spielen eine entscheidende Rolle im Immunsystem von Mikroorganismen. Sie erkennen eindringende Viren oder fremde genetische Materialien und schützen die Bakterien vor Infektionen. Heute werden sie als präzises Werkzeug zur Genomeditierung genutzt – in der Grundlagenforschung, Medizin und nicht zuletzt in der Pflanzenzüchtung. Die Entdeckung der Genschere wurde 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet und führte zu einer wahren Revolution in den Biowissenschaften.

Jedoch bindet die für das „Finden“ der Zielsequenz zuständige RNA des CRISPR-Komplexes gelegentlich auch an leicht abweichende Sequenzen im Genom, was unerwünschte Nebenwirkungen bei medizinischen und pflanzenzüchterischen Anwendungen zur Folge haben kann. Bisher war dieser Prozess jedoch schwer zu beobachten und zu verstehen.

Goldpartikel „als Zeiger“

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Die Forscher:innen konstruierten einen DNA-Rotorflügel und befestigten an dessen Ende einen Goldnanopartikel, um die Bewegungen bei der DNA-Entwindung beobachten zu können.

Die Forscher:innen konstruierten einen DNA-Rotorflügel und befestigten an dessen Ende einen Goldnanopartikel, um die Bewegungen bei der DNA-Entwindung beobachten zu können.

Bildquelle: © Dominik Kauert / Universität Leipzig

Das Forscherteam aus Leipzig und Vilnius entwickelte nun eine innovative Methode, um die Sequenzerkennung der Genschere mit bisher unerreichter Präzision zu analysieren. Mit Hilfe der sogenannten DNA-Origami-Technik konstruierten sie einen 75 nm langen DNA-Rotorflügel mit einem Goldnanopartikel am Ende. Durch die Entwindung der 2 nm dünnen und 10 nm langen DNA-Zielsequenz nach Andocken der Genschere werden die Goldnanopartikel entlang eines Kreises mit einem Durchmesser von 160 nm in Rotation versetzt. Diese Bewegung konnte in einem speziellen Mikroskopaufbau in Echtzeit beobachtet werden.

Dank dieser innovativen Methode konnten die Forscher:innen die Sequenzerkennung durch den CRISPR-Komplex in Echtzeit verfolgen. Eine eher überraschende Erkenntnis dabei war, dass die Basenpaarung von DNA und RNA energetisch kaum von Vorteil und der Komplex während der Sequenzerkennung nur schwach gebunden ist. Erst nach vollständiger Erkennung der gesamten Sequenz kommt es zu einer stabilen Bindung und zum Abbau der DNA. Bei einer "falschen" Zielsequenz wird der Prozess hingegen abgebrochen.

Ideale Zielsequenzen

Der Grund dafür, dass der Erkennungsprozess manchmal fehlerhafte Ergebnisse liefert, liegt insbesondere an zufälligen Molekülbewegungen, wie die Forscher nun gezeigt haben. Die Sequenzerkennung wird durch thermische Fluktuationen während der Basenpaarung angetrieben.

Anhand der gewonnenen Daten wurde ein thermodynamisches Modell der Sequenzerkennung entwickelt, das auch die Erkennung von abweichenden Sequenzabschnitten beschreibt. Dadurch können in Zukunft „ideale“ Zielsequenzen genutzt werden, die die Präzision der Genomeditierung optimieren.

Prof. Dr. Ralf Seidel, der das Team leitete, erklärte: "Diese neue Methode gibt uns einen faszinierenden Einblick in die Funktionsweise von CRISPR-Genscheren und eröffnet vielfältige Möglichkeiten für die zukünftige Genomforschung und Genomeditierung.“


Quelle:
Kauert, D.J. et al. (2023): „The energy landscape for R-loop formation by the CRISPR–Cas Cascade complex.“ In: Nat Struct Mol Biol 30 (2023). doi: 10.1038/s41594-023-01019-2

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Titelbild: Mit der neuen Methode können „ideale“ Zielsequenzen für die Genschere abgeleitet werden – die Genomeditierung wird noch präziser. (Bildquelle: © David Laganzon / Pixabay)