Methanfreie Zone
Kabelbakterien für einen klimafreundlicheren Reisanbau
Die Reduktion der globalen Methanemissionen ist ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Große Mengen des Treibhausgases gelangen durch den weltweiten Reisanbau in die Atmosphäre. Wissenschaftler haben nun an einer einfachen aber nachhaltigen Methode geforscht, diese Mengen deutlich zu reduzieren. Ihre verblüffenden Ergebnisse zeigen, was mithilfe kleinster Lebewesen möglich ist.
Methan ist ein Treibhausgas, das man gedanklich vor allem mit Viehwirtschaft und Förderung von Erdgas in Verbindung bringt. Doch auch auf Reisfeldern wird Methan in großen Mengen freigesetzt – mindestens 11 Prozent der durch den Menschen verursachten Methanemissionen gehen laut Schätzungen darauf zurück. Schuld daran ist die Gemeinschaft von Mikroorganismen, die auf den gefluteten Feldern organisches Material abbauen. Allen voran „methanogene“ Archaeen – sie stehen am Ende dieses Prozesses und bilden Methan als Nebenprodukt ihrer Energiegewinnung.
Mit Sulfat gegen die Methanflut
Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurde bisher auf Sulfat zurückgegriffen. Denn unter den Mikroorganismen gibt es auch Bakterien, die ihre Energie mithilfe des Salzes der Schwefelsäure gewinnen. Die „Sulfatdüngung“ gefluteter Reisfelder bewirkt, dass sulfatatmende Bakterien mit den methanogenen Bakterien um Stoffe wie Wasserstoff und Acetat konkurrieren. Stehen den methanogenen Bakterien geringere Mengen dieser Stoffe zur Verfügung, wird ihr Energiestoffwechsel gebremst und damit auch die Methanproduktion.
Doch leider ist diese Reduktion von Methangasen nicht nachhaltig: Da das Sulfat ständig durch die sulfatatmenden Bakterien zu Schwefelwasserstoff reduziert wird, ist die Methode von einer ständigen Düngung durch die Reisproduzenten abhängig.
Neue Wege dank Kabelbakterien
Ein deutsch-dänisches Forscherteam der Universitäten Duisburg-Essen (UDE) und Århus (AU) hat daher einen neuen Ansatz untersucht: Kabelbakterien sollen helfen, das Sulfat auf den Reisfeldern zu recyceln und so für sulfatatmende Bakterien immer wieder verfügbar zu machen. Dies ist möglich, da Kabelbakterien bei ihrer Energiegewinnung Schwefelwasserstoff (Sulfid) zu Sulfat oxidieren. Sie wurden erst 2012 entdeckt und verdanken ihren Namen den langen stromleitenden Ketten, zu denen sie sich zusammenschließen.
Neue Methode verspricht deutliche Methanverringerung
Ein perfekter Kreislauf, den die Wissenschaftler an Reispflanzen im Labor auf seine Wirksamkeit überprüft haben. Dazu pflanzten sie Reis in gefluteten Behältern an und beimpften die Hälfte der Behälter einmalig mit einer Kabelbakterien-Lösung (Ca. Electronema sp.). Die Auswertungen zeigten, dass in den Behältern mit Kabelbakterien signifikant höhere Mengen an Sulfat in den oberen Bodenschichten auftraten und die Methanproduktion gleichzeitig einbrach. Vicent Valentin Scholz, Absolvent der UDE und Doktorand am Zentrum für Elektromikrobiologie der Uni Århus, berichtet: „Unsere Erwartungen wurden weit übertroffen: Die Reis-Töpfe mit den Kabelbakterien emittierten 93 Prozent weniger Methan als die Töpfe ohne.“
Vielversprechend, aber noch nicht einsatzbereit
Die neuen Erkenntnisse stimmen optimistisch, müssen allerdings noch durch Feldversuchen überprüft werden. Gelingt es auch hier, die Methanmengen mithilfe der Bakterien ohne Nebenwirkungen auf das ökologische Gleichgewicht zu reduzieren, wäre dies ein bedeutsamer Schritt für einen klimafreundlicheren Reisanbau.
Quelle:
Scholz, V.V. et al. (2020): Cable bacteria reduce methane emissions from rice-vegetated soils. In: Nature Communications 11: 1878, (20. April 2020), doi: 10.1038/s41467-020-15812-w.
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Titelbild: Reisanbau auf gefluteten Feldern. Die Mikroorganismen im Wasser produzieren das klimaschädliche Treibhausgas Methan. (Bildquelle: © H.Hach/Pixabay/CC0)