Pflanzen nutzen „Zellmüll“ zur Vitamin-Erzeugung

Ausgeklügelte Recycling-Strategie entscheidet über Vitamin E-Gehalt in Samen

26.10.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflanzen reichern Vitamin E zum Schutz ihrer Samen an. Besonders reiche Vitamin E-Quellen sind kalgepresste Öle aus Oliven- und Sonnenblumenkernen. (Bildquelle: © Syomao - Fotolia.com)

Pflanzen reichern Vitamin E zum Schutz ihrer Samen an. Besonders reiche Vitamin E-Quellen sind kalgepresste Öle aus Oliven- und Sonnenblumenkernen. (Bildquelle: © Syomao - Fotolia.com)

Pflanzliches Vitamin E ist ein wichtiger Wachstumsfaktor für Pflanzen und für uns Menschen sogar lebenswichtig. Ein bislang unbekanntes Gen sorgt dafür, dass Pflanzen Vitamin E zum Schutz ihrer Samen anreichern. Ein Umstand, dem Tier und damit auch wir unser Leben verdanken.

Vitamin E wird eine Fülle gesundheitsfördernder Eigenschaften zugeschrieben. Als Radikalfänger schützt es unsere Zellen vor schädlichen Abbauprodukten, wirkt cholesterinsenkend und es soll sogar die Fruchtbarkepflanzenit fördern. Hinter dem Begriff verbirgt sich jedoch keine einzelne Substanz, sondern eine ganze Reihe fettlöslicher Verbindungen, mit teilweise unbekannten Funktionen. Die am besten erforschte Vitamin E-Form ist das α-Tocopherol. Tocopherole sind ein fester Bestandteil der Zellmembran und daher für alle Tiere und den Menschen lebenswichtig.

Menschen und Tiere können die unterschiedlichen Vitamin E-Formen jedoch nicht selber bilden, sondern nur über die pflanzliche Nahrung aufnehmen, zum Beispiel über pflanzliche Öle aus Weizenkeimen, Sonnenblumenkernen und Oliven. Dementsprechend groß ist das Interesse, die biochemischen Prozesse der Vitamin E-Produktion besser zu verstehen, um Samen mit höherem Vitamin E-Gehalt herzustellen.

Vitamin E schützt Samen

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Vitamin E ist auch als Anti-Aging-Mittel in Hautcremes zu finden.

Vitamin E ist auch als Anti-Aging-Mittel in Hautcremes zu finden.

Bildquelle: © iStock.com/Denira777

Ein bisher unbekanntes Gen spielt bei der Vitamin E-Anreicherung eine zentrale Rolle, wie Wissenschaftler der Rheinische Friedriche-Wilhelm-Universität Bonn und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf herausfanden. Eigentlich kommen Pflanzen auch ohne Vitamin E zurecht, allerdings lässt die Keimfähigkeit ihrer Samen bei Vitamin E-Mangel deutlich nach. In der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana entdeckten die Forscher Mutanten, deren Samen schon nach verhältnismäßig kurzer Lagerung nicht mehr keimten. Ursache der reduzierten Keimfähigkeit war ein defektes Gen namens VTE6. „Wenn VTE6 defekt ist, finden wir in Arabidopsis kaum noch Vitamin E“, erklärt Peter Dörmann, Abteilungsleiter des Instituts IMBIO der Universität Bonn. „Schon nach dreimonatiger Lagerung sind die Samen nicht mehr keimfähig – normalerweise überdauern sie einige Jahre ohne größere Beeinträchtigung.“

Pflanze nutzt Recycling-Strategie für die Vitamin E Produktion

Das Gen VTE6 trägt die Bauanleitung für ein Enzym, das für den Zusammenbau des Tocopherol-Moleküls verantwortlich ist. Die molekulare Struktur von Tocopherol besteht aus zwei Ringen und einem Schwanz aus Phytol. Phytol ist ein Abbauprodukt des Chlorophylls, das in großen Mengen frei wird, wenn beispielsweise Zellen sterben oder die Blätter im Herbst ihre Farbe verlieren. Mit dieser ausgeklügelten Recycling-Methode löst die Pflanze gleich zwei Probleme auf einmal: Sie verhindert, dass sich schädliche Stoffwechselprodukte in den Zellen anreichern und schützt ihre Samen vor oxidativen Schäden, um sie möglichst lange keimfähig zu halten.

Vitamin E gegen Krebs und Zellalterung

Die Wissenschaftler hoffen, dass diese Ergebnisse neue Ansätze liefern um den Vitamin E-Gehalt in Pflanzen zu steigern. Vor allem in der Pharma- und Kosmetikbranche setzt man auf Vitamin E, weil es die Haut vor Alterung schützen und sogar Krebszellen eliminieren soll. Eindeutige Belege gibt es dafür noch nicht, sagt Peter Dörmann: „Ob Vitamin E über die lebensnotwendige Menge hinaus nennenswerte positive Effekte hat, ist noch nicht eindeutig erwiesen.“


Quelle:
vom Dorp, K. et al. (2015): Remobilization of Phytol from Chlorophyll Degradation Is Essential for Tocopherol Synthesis and Grpwth of Arabidopsis. In: The Plant Cell 27 (9), (9. Oktober 2015), doi: 10.1105/tpc.15.00395.

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Titelbild: Pflanzen reichern Vitamin E zum Schutz ihrer Samen an. Besonders reiche Vitamin E-Quellen sind kalgepresste Öle aus Oliven- und Sonnenblumenkernen. (Bildquelle: © Syomao - Fotolia.com)