Pilz-Pflanzen-Interaktion

Paradox: Ein Abwehrmittel und Eintrittstor zugleich

19.12.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Gute Freunde: Viele Pilze gehen mit Pflanzen eine vorteilhafte Symbiose ein. Doch pathogene Pilze könnten laut Studie die zugrundeliegenden Mechanismen nutzen, um die Pflanze zu infizieren (Symbolbild; Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Gute Freunde: Viele Pilze gehen mit Pflanzen eine vorteilhafte Symbiose ein. Doch pathogene Pilze könnten laut Studie die zugrundeliegenden Mechanismen nutzen, um die Pflanze zu infizieren (Symbolbild; Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Pilze können für Pflanzen nützlich oder schädlich sein. Einige helfen ihnen bei der Beschaffung von Nährstoffen. Andere hingegen verursachen Krankheiten. Und beide nutzen zum Eintritt in die Pflanzenzellen das Glucan-bindende Protein (GBP). Das Beispiel zeigt, warum die Evolution auch teils nachteilige Proteine konserviert.

Pflanzen gehen mit Pilzen mitunter symbiotische Beziehungen ein. Da wären zum Beispiel die arbuskulären Mykorrhiza-Pilze, die den Pflanzen Nährstoffe liefern und sich dafür mit Zucker „bezahlen lassen“. Andere Pilze hingegen gelten als Schädlinge, weil sie Wachstum und Ertrag der Pflanzen schmälern und sogar zu deren Tod führen können.

Einiges ist bereits über das komplexe Wechselspiel zwischen Pflanzen und Pilzen bekannt. Doch immer noch kommen neue Details ans Licht. Kürzlich hat ein Team von Wissenschaftlern um Professorin Alga Zuccaro vom Institut für Pflanzenwissenschaft der Universität Köln dem komplexen Puzzle ein neues Teil hinzugefügt.

Ein Molekül für Freund und Feind

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Pilzmycel um Pflanzenwurzeln.  Die symbiontischen Pilze bilden feine Fäden, die bis in die Wurzelzellen eindringen (Symbolbild).

Pilzmycel um Pflanzenwurzeln.  Die symbiontischen Pilze bilden feine Fäden, die bis in die Wurzelzellen eindringen (Symbolbild).

Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

Sie fanden heraus, dass das Molekül β-Glukan-Bindeprotein (GBP) eine wichtige Rolle bei der Kolonisierung der Pflanzen mit Pilzen spielt. Schalteten sie die zwei homologen Proteine GBP1 und GBP2 in Gerste (Hordeum vulgare) aus, so zeigten die Pflanzen beim Kontakt mit Pilzen eine stärkere Immunantwort als Wildtyp-Pflanzen. Unter anderem verstärkten sie ihre Zellwände massiv und großräumig mit Callose und bildeten somit eine Barriere gegen die eindringenden Pilze. Das führte dazu, dass sowohl pathogene als auch symbiotische Pilze nicht mehr in die Pflanze eindringen konnten.

 „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass GBP bei der Etablierung einer Symbiose mit nützlichen Pilzen involviert ist und dass diese Rolle vielleicht von Pathogenen ausgenutzt wird“, heißt es in dem Paper, dass im Journal Cell erschienen ist.

gbp-Mutanten sind phänotypisch unauffällig

Andere offensichtliche Auswirkungen auf den Phänotyp der Pflanze ließen sich bei den gbp-Mutanten nicht beobachten. Sowohl Länge als auch Gewicht der Sprossachsen und Wurzeln war vergleichbar mit dem von Wildtyp-Pflanzen.

Mit diesen neuen Erkenntnissen lässt sich auch die Rolle von pflanzlichen β-1,3-Glucanasen bei Pilzabwehr und pilzlichen Symbiosen erweitern. Die Enzyme katalysieren die Hydrolyse von β-Glucanen, einem Hauptbestandteil der Zellwände vieler Pilze. Durch das Aufbrechen dieser Glucane werden die Zellwände der Pilze geschwächt, was zu deren Tod führt. Zusätzlich kann die Aktivität der Glucanasen auch die Freisetzung von weiteren Abwehrstoffen in der Pflanze stimulieren, wie Phytoalexinen, die antimikrobielle Eigenschaften haben.

„Jahrzehntelang wurden die pflanzlichen β-1,3-Glucanasen hauptsächlich nur als Teil dieses Verteidigungsmechanismus angesehen, um das Eindringen von Mikroben zu behindern. Unsere Arbeit zeigt, dass β-1,3-Glucanasen wie die von Gerste auch eine Rolle als Kompatibilitätsfaktor für die Besiedelung mit [nützlichen] Pilzen spielen“, schreiben die Autorinnen und Autoren.  

Wie genau durch die Abwesenheit von gbp1 und gbp2 eine verstärkte Immunantwort vermittelt wird, muss noch erforscht werden.


 Quelle: 
Wanke A, van Boerdonk S, Mahdi LK, Wawra S, Neidert M, Chandrasekar B, Saake P, Saur IML, Derbyshire P, Holton N, Menke FLH, Brands M, Pauly M, Acosta IF, Zipfel C, Zuccaro A. A GH81-type β-glucan-binding protein enhances colonization by mutualistic fungi in barley. Curr Biol. 2023 Dec 4;33(23):5071-5084.e7. doi: 10.1016/j.cub.2023.10.048 

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