Schnelles Handeln erforderlich!

Drastischer Beifuß-Pollen Anstieg prognostiziert

28.05.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ambrosia in die Tonne! Im Frühling beginnen für die meisten Pollenallergiker die Symptome. Und die könnten in den kommenden Jahren durch den Klimawandel noch schlimmer werden. (Bildquelle: © M.E./ pixelio.de)

Ambrosia in die Tonne! Im Frühling beginnen für die meisten Pollenallergiker die Symptome. Und die könnten in den kommenden Jahren durch den Klimawandel noch schlimmer werden. (Bildquelle: © M.E./ pixelio.de)

Keine rosigen Aussichten für Pollen-Allergiker: Höhere Temperaturen und mehr CO2 in der Luft werden allergieauslösende Pflanzen in Zukunft noch besser wachsen lassen. Am Beispiel der hochallergenen Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) haben Wissenschaftler berechnet, dass sich die Pollen-Belastung bis 2050 vervierfachen wird. Nun sind rasche, politische Maßnahmen zum Schutz der Pollenallergiker gefragt.

Die meisten Menschen sehnen nach einem langen Winter die ersten Frühlingsboten herbei. Doch wenn die Natur zu neuem Leben erwacht, kann das für Pollen-Allergiker sehr belastend sein. Denn gerade im Frühjahr fliegen die Pollen der Pflanzen in Hülle und Fülle und sorgen bei Allergikern für juckende, tränende Augen, verstopfte Nasen, Halsschmerzen und Müdigkeit - bis hin zu asthmatischen Anfällen. Laut Prognosen einer aktuellen Studie wird die Pollenbelastung in den nächsten Jahrzehnten noch dramatisch zunehmen. Schuld daran ist der Klimawandel, der dafür sorgt, dass sich Pflanzen neue Lebensräume erobern. Etwa jeder sechste Einwohner Deutschlands reagiert bereits auf Pollen von Bäumen wie Haselnuss (Corylus avellana), Birke (Betula) und Erle (Alnus), aber auch auf Gräser- und Getreidepollen.

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Bei einer Pollenallergie stuft der Körper harmlose Pflanzenpollen (im Elektronenmikroskop) als gefährlich ein und bekämpft sie mit Hilfe des Immunsystems. Unbehandelt verschlimmert sich eine Pollenallergie oft im Laufe des Lebens.

Bei einer Pollenallergie stuft der Körper harmlose Pflanzenpollen (im Elektronenmikroskop) als gefährlich ein und bekämpft sie mit Hilfe des Immunsystems. Unbehandelt verschlimmert sich eine Pollenallergie oft im Laufe des Lebens.

Bildquelle: © Dartmouth College

Ambrosie: Hochallergene Pollen

Bei 12 Prozent der Deutschen lösen die Pollen von Ambrosia artemisiifolia, auch Beifußblättriges Traubenkraut oder Beifuß-Ambrosie genannt, eine allergische Reaktion aus. Die hochallergene Pflanze konnte sich in unseren Breiten durch Saatgut, das mit Ambrosia-Samen kontaminiert war, und Vogelfutter aus Südosteuropa ausbreiten. Ursprünglich war die Pflanze nur in Nordamerika verbreitet, von wo aus sie im 19. Jahrhundert nach Europa eingeschleppt wurde. Zunächst wuchs sie bevorzugt in Südeuropa, seitdem sich die Durchschnittstemperaturen auf der Erde aber immer weiter erhöhen und die Vegetationsperioden länger werden, hat sich Ambrosia artemisiifolia auch Mittel- und Nordeuropa als Lebensraum erobert. Zudem fördert der CO2-Anstieg Wachstum und Pollenproduktion von Ambrosia und anderen Pflanzen.

Viermal mehr Pollen

Ein Team aus Wissenschaftlern hat nun mit Hilfe von Klima- und Vegetationsmodellen herausgefunden, dass die Pollenbelastung durch Ambrosia artemisiifolia in Zukunft weiter steigen wird. Der ernüchternde Befund: "Die Pollenbelastung wird sich bis Mitte des 21. Jahrhunderts voraussichtlich vervierfachen. Der Klimawandel sowie die derzeit noch nicht abgeschlossene Besiedelung geeigneter Lebensräume sind die Hauptursachen dafür", so Biodiversitätsforscher an der Universität Wien Franz Essl. In kühleren Regionen wie beispielsweise in Alpentälern, wo es dieser Wärme liebenden Art noch zu kalt ist, werde die Pollenbelastung besonders massiv steigen.

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Was ist eine Allergie?

Stuft der Körper harmlose Umweltstoffe, die Allergene, fälschlicherweise als gefährlich ein, beginnt das Immunsystem, sich gegen diese Stoffe zu wehren. Diese Abwehrreaktionen können mild bis schwerwiegend, in einigen Fällen sogar akut lebensbedrohlich sein. Bei Pollenallergikern konzentrieren sich die Symptome hauptsächlich auf entzündliche Prozesse in den Schleimhäuten und den Atemwegen. Eine Allergie ist keineswegs „nur“ unangenehm. Unbehandelt kommt es in vielen Fällen zum sogenannten „Etagenwechsel“ oder dem „allergischen Marsch“. Dabei verschlimmern sich die Symptome im Laufe des Lebens. Es besteht die Gefahr, dass weitere Allergien gegen Pollenallergene entstehen.

In ihren Klimaszenarien berücksichtigten die Wissenschaftler sowohl die weitere Ausbreitung der Beifuß-Ambrosie als auch die erhöhte Pollenproduktion und Veränderungen in der Pollenverbreitung durch den Wind. Gerade in Deutschland wird sich die Pollenbelastung den Simulationen zufolge besonders stark erhöhen. Die Berechnungen ergaben, dass rund zwei Drittel des zukünftigen Pollen-Anstiegs durch den Klimawandel verursacht werden, ein Drittel ist davon unabhängig.

Rasche politische Maßnahmen gefordert

Damit Allergiker auch in Zukunft noch das Haus verlassen können, müssen problematische, eingeschleppte Arten frühzeitig bekämpft werden. Seit 1. Januar 2015 ist eine neue Verordnung der EU in Kraft, die durch Quarantänemaßnahmen und rasche Bekämpfung die weitere Ausbreitung problematischer Arten stoppen soll. Dazu müssen allerdings die nötigen Maßnahmen rasch und ambitioniert umgesetzt werden.

Im Fall der Ambrosie seien die nötigen Schritte gut bekannt, schreiben die Forscher: die Verhinderung der Verschleppung der Samen mit Saatgut und Erdreich und die Bekämpfung vorhandener Vorkommen vor der Samenreife im Sommer. "Dies würde es Allergikern künftig wieder ermöglichen, freier durchzuatmen", so Essl abschließend.


Quelle: Hamaoui-Laguel, L. et al. (2015): Effects of climate change and seed dispersal on airborne ragweed pollen loads in Europe. In: Nature Climate Change, (25. Mai 2015), doi:10.1038/nclimate2652.

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Titelbild: Ambrosia in die Tonne! Im Frühling beginnen für die meisten Pollenallergiker die Symptome. Und die könnten in den kommenden Jahren durch den Klimawandel noch schlimmer werden. (Bildquelle: © M.E./ pixelio.de)