Schon gewusst? „Klick-Klick“ ist ein Hilferuf im Pflanzenreich

Pflanzen senden bei Stress Ultraschall-Signale aus

05.04.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Nicht nur Tomaten, sondern auch Tabak und Getreide machen bei Stress Geräusche im Ultraschallbereich. (Bildquelle: © Johanna / Pixabay)

Nicht nur Tomaten, sondern auch Tabak und Getreide machen bei Stress Geräusche im Ultraschallbereich. (Bildquelle: © Johanna / Pixabay)

Eine ungewöhnliche Entdeckung haben Forscherinnen und Forscher der Universität Tel Aviv gemacht: Pflanzen geben bei Stress Geräusche im Ultraschallbereich von sich. Diese Entdeckung könnte nicht nur unser Verständnis der Pflanzenwelt erweitern, sondern auch praktische Anwendungen haben.

Stress macht Pflanzen laut

Pflanzen kennen wir als ruhige Zeitgenossen. Wer hat denn schon etwas über „plappernde“ Pflanzen gehört? Doch weit gefehlt. Denn wenn sie gestresst sind, zum Beispiel durch Wassermangel oder durch Beschneiden, dann senden sie offenbar für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbare Ultraschall-Geräusche aus. Ein Forscherteam um Evolutionsbiologin Lilach Hadany hat Tomaten- und Tabakpflanzen belauscht und dabei herausgefunden, dass gestresste Pflanzen bis zu 50 Plopp-Laute pro Stunde abgeben – die Lautstärke ist sogar vergleichbar mit einem menschlichen Gespräch.

Individueller Geräusche-Code

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Tomatenpflanzen, deren Geräusche in einem Gewächshaus aufgenommen werden. Die Frequenz wurde so abgesenkt, dass sie für menschliche Ohren hörbar ist.

Videoquelle: © Ohad Lewin-Epstein, CC BY-SA / Audioquelle: Khait et al., CC BY-SA

Die Geräusche waren so spezifisch, dass die Forscher mit einem trainierten Algorithmus zwischen den beiden Stressoren unterscheiden konnten: Durstige Pflanzen hörten sich anders an als die beschnittenen Exemplare.

Auch andere Pflanzen machen Geräusche

Weitere Experimente zeigten: Auch andere Pflanzen wie Mais und Weizen geben unter Stress solche Geräusche ab, ebenso ein Kaktus. Wie genau die Geräusche entstehen, ist noch unklar, aber die Forscher vermuten, dass sie durch Kavitation entstehen: Kleine Luftbläschen im Gefäßsystem der Pflanzen entstehen bei Unterdruck und platzen dann unter dem Einfluss höheren Drucks.

Wer hört auf diese Signale?

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Auch dieser Kaktus sendet bei Stress hörbare Signale aus.

Auch dieser Kaktus sendet bei Stress hörbare Signale aus.

Bildquelle: © Itzhak Khait /CC BY-SA

Der Sinn und Zweck dieser Geräusche ist noch unklar. Die Forscher vermuten, dass andere Pflanzen in der Umgebung die Geräusche wahrnehmen könnten, um sich auf Wassermangel oder andere stressigen Situationen vorzubereiten. Dass Pflanzen Geräusche wahrnehmen können, ist durch andere Studien bereits wahrscheinlich. So gibt es Hinweise darauf, dass Pflanzen auf das Summen von Bestäubern reagieren und dann mehr Nektar produzieren. Die Forscher wollen nun untersuchen, ob und welche Organismen auf die Klick-Geräusche der gestressten Pflanzen reagieren.

Ein Frühwarnsystem für Landwirte?

Neben dem reinen Erkenntnisgewinn könnte die Entdeckung der Ultraschall-Geräusche auch sehr praktische Anwendungen haben. Wenn es gelänge, die Geräusche mit spezialisierten Systemen zu erfassen und auszuwerten, könnten Landwirt:innen herausfinden, welcher Teil ihrer Nutzpflanzen mehr Wasser benötigt. So ließe sich dann effizienter bewässern.


Quelle:
Khait, I. et al. (2023): “Sounds emitted by plants under stress are airborne and informative”. In: Cell, Vol. 186 (30. März 2023). doi: 10.1016/j.cell.2023.03.009

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Titelbild: Nicht nur Tomaten, sondern auch Tabak und Getreide machen bei Stress Geräusche im Ultraschallbereich. (Bildquelle: © Johanna / Pixabay)