Scotty, weniger Energie!
Pflanzen mit Defekt im Proteasom bilden mehr Chlorophyll und sparen Energie
Chloroplasten importieren einen Großteil ihrer Proteine aus dem Cytosol. Wie viele davon bereitstehen, wird durch unterschiedliche Regelkreise bei der Transkription und Translation bestimmt. Jetzt haben Forscher noch einen weiteren Mechanismus entdeckt: Das Proteasom baut diese Proteine kontinuierlich wieder ab. Das scheint verschwenderisch, bewahrt Pflanzen aber vermutlich vor Schäden durch zu viel Photosynthese.
Chloroplasten können viele ihrer Proteine nicht selbst herstellen. Die Gene dafür befinden sich im Zellkern der Pflanze und werden auch dort abgelesen. Im Zellplasma entstehen dann die Proteine, die von den Chloroplasten aufgenommen werden. Oder aber direkt wieder vernichtet!
Denn ein Teil der für die Chloroplasten bestimmten Vorläuferproteine wird vom einer Art zellulärem Müllschlucker, dem Proteasom, einfach wieder abgebaut. Das berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Sacha Baginsky, Professor für Biochemie der Pflanzen an der Ruhr-Universität Bochum. Sie haben bei Untersuchungen der Modellpflanze Arabidopsis thaliana bemerkt, dass Pflanzen mit weniger effizientem Proteasom mehr Vorläuferproteine in die Chloroplasten importieren. Vermutlich kommt es durch den verringerten Abbau von Proteinen dazu, dass Chloroplasten-Proteine in größerer Anzahl und über eine längere Zeit im Cytoplasma verfügbar sind und deshalb besser importiert werden können.
Regulation auf vielen Ebenen
Pflanzen investieren also Energie in die Herstellung von Proteinen, nur um sie direkt wieder zu recyclen. Was auf den ersten Blick verschwenderisch erscheint, ist vermutlich einfach ein zusätzlicher Sicherheitsmechanismus. „Redundanz bedeutet Robustheit und das ist für ein lebendes System durchaus erstrebenswert“, sagt Sacha Baginsky. „Was heute verschwenderisch erscheint, kann schon morgen lebensrettend sein.“ Der Umsatz dieser Vorläuferproteine ist zudem nicht massiv, denn Regulation findet auch vorher statt, auf transkriptioneller, posttranskriptioneller und translationaler Ebene. „Aber alles in allem schützt diese Redundanz die Pflanzen besser“, sagt Baginsky.
Quelle:
Grimmer, J. et al. (2020): Mild proteasomal stress improves photosynthetic performance in Arabidopsis chloroplasts. In: Nature Communications, (3. April 2020), doi: 10.1038/s41467-020-15539-8.
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Titelbild: Für ihre Arbeiten nutzte das Team als Modellorganismus die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). (Bildquelle: © Markus Scholz, Uni Halle)