SEEDS-Projekt auf dem Weg zum „Super-Raps“
Anzahl der Schoten und Samengewicht durch Cytokinin erhöht
Die Steigerung des Ertrags ist ein wichtiges Ziel der Pflanzenzüchtung. Der Ertrag hängt von vielen Faktoren ab – auch Pflanzenhormone sind beteiligt. Ein Team der FU Berlin konnte an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zeigen, dass durch eine gezielte Steuerung des Hormongehalts der Samenertrag steigt. Im Rahmen des BMBF-Projekts „SEEDS“ gelang es ihnen, diesen Ansatz erfolgreich auf die Nutzpflanze Raps zu übertragen.
Das Pflanzenhormon Cytokinin beeinflusst viele Wachstums- und Entwicklungsprozesse. In Wurzeln und Spross entfaltet es entgegengesetzt Wirkungen: In der Wurzel hemmt es das Längenwachstum und die Bildung von Seitenwurzeln. Im Spross fördert es die Bildung von Blüten und Samen. Um ertragreiche neue Sorten von Nutzpflanzen zu entwickeln, könnte das Phytohormon daher ein geeigneter Ansatzpunkt sein.
CKX-Gene entdeckt
Thomas Schmülling, Professor an der Freien Universität Berlin, hat mit seinem Team vom Dahlem Centre of Plant Sciences in früheren Untersuchungen an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana eine Genfamilie identifiziert, die mit dem Hormonhaushalt der Pflanze in Verbindung steht (Bartrina et al., 2011): Die CKX-Gene – die Abkürzung steht für Cytokininoxidase/Dehydrogenase – kodieren für Enzyme, die Cytokinin abbauen.
Bei Arabidopsis thaliana gibt es gleich sieben dieser CKX-Gene. Schalteten die WissenschaftlerInnen zwei bestimmte CKX-Gene, CKX3 und CKX5, aus, bildeten die Pflanzen daraufhin mehr Cytokinin und infolgedessen mehr Blüten und deutlich mehr Samen. In Arabidopsis wurde eine Ertragserhöhung von mehr als 50 % gemessen.
Wissenstransfer von Modellpflanze auf Nutzpflanze
Raps (Brassica napus) ist die mit Arabidopsis am nächsten verwandte Nutzpflanze. In Raps gibt es sechs nah verwandte, sogenannte orthologe, CKX-Gene (BnCKX). Daher stellte sich das Team beim Forschungsprojekt „SEEDS“ die Frage: Könnte man durch Ausschaltung dieser Gene auch den Ertrag von Raps erhöhen?
Da der allotetraploide Raps aus zwei Elterngenomen besteht, entdeckten sie nicht weniger als 23 Kopien der sechs BnCKX-Gene – darunter vier BnCKX3 und zwei BnCKX5-Gene. Die Ausschaltung genau dieser Gene hatte bei Arabidopsis die Zahl der Samen pro Pflanzen emporschnellen lassen. Durch TILLING erzeugte der Kooperationspartner Bayer CropScience BnCXK-Knockout-Mutanten von allen sechs Genen. Anschließend wurden durch Kreuzung Pflanzen gewonnen, in denen weder BnCKX3- noch BnCKX5-Gene aktiv waren.
In diesen Mutanten wies das Team deutlich höhere Cytokinin-Konzentrationen im Spross nach. Und nicht nur das: Sie bildeten im Gewächshaus und Freiland am Hauptspross bis zu 72 Prozent mehr Blüten und doppelt so viele Schoten mit mehr Samengewicht aus. Dies war ein erneuter Beweis, dass die an einer Modellpflanze gewonnenen Erkenntnisse oftmals direkt auf Nutzpflanzen übertragen werden können.
Da die Messung des Ertrags bisher auf den Hauptspross beschränkt blieb, möchte das Team der FU die entdeckten Effekte nun auch unter realen Anbaubedingungen, also auf dem Feld für die ganze Pflanze, überprüfen. Dort wird es auch spannend sein zu sehen, wie sich der veränderte Cytokinin-Gehalt im Spross auf die Wurzelentwicklung auswirkt.
Erkenntnisse auch für Getreide interessant
CKX-Gene könnten auch im Zusammenhang mit anderen wichtigen Nutzpflanzen interessant werden: „In Reis nutzt man das Wissen um die Bedeutung der CKX-Gene für den Ertrag bereits für die Züchtung neuer ertragreicher Sorten. Aber auch andere wichtige Getreidearten wie Weizen oder Gerste haben CKX-Gene. Spannend ist, dass die Funktion dieser Gene – nämlich die Beteiligung an der Ertragsbildung – seit der evolutionären Trennung von einkeimblättrigen und zweikeimblättrigen Pflanzen erhalten geblieben ist“, erklärt Projektleiter Schmülling. Die Genfamilie könnte also auch bei der Züchtung ertragreicher Getreidepflanzen eine große Rolle spielen.
Das Projekt „SEEDS“
Die vorliegenden Ergebnisse des Projektes „SEEDS“ wurden im „Journal of Experimental Botany“ veröffentlicht. Im Projekt forschte die FU Berlin gemeinsam mit dem Unternehmen Bayer CropScience an der Ertragsteigerung von Raps. Das Unternehmen stellte dabei die TILLING-Rapsmutanten zur Verfügung und führte die Kreuzungen durch. Mittlerweile ist dieser Unternehmensbereich ein Teil der BASF.
Das Projekt wurde von 2014 bis 2018 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Förderprogramm „PLANT-KBBE IV“ gefördert. Das Akronym PLANT-KBBE steht für „Transnational PLant Alliance for Novel Technologies – towards implementing the Knowledge-Based Bio-Economy in Europe“. Die internationale Fördermaßnahme wurde gemeinsam von Frankreich, Spanien und Deutschland getragen. Übergeordnetes Ziel der PLANT-KBBE-Förderinitiative war die Etablierung bzw. Fortsetzung transnationaler Forschungsprojekte zwischen Forschergruppen und Unternehmen der Partnerländer.
Quellen:
- Schwarz I. et al. (2020): Cytokinin regulates the activity of the inflorescence meristem and components of seed yield in oilseed rape. In: Journal of Experimental Botany, Vol. 71, No. 22 pp. 7146–7159, (31. Dezember 2020), doi: 10.1093/jxb/eraa419.
- Jameson, P.E. und Song, J. (2020): Will cytokinins underpin the second ‘Green Revolution’?. In: Journal of Experimental Botany, Vol. 71, No. 22 pp. 6872–6875, (31. Dezember 2020), doi: 10.1093/jxb/eraa447.
Zum Weiterlesen:
- Die Vielfalt von Raps - Forscher zünden nächste Raketenstufe
- Rapsgenom entschlüsselt - Eine ungewöhnliche Pflanze mit viel Potential
- Cytokinin - Ein Hormonschalter treibt neue Blüten
- Hormone für mehr Rapsöl
- Durchbruch im PLANT 2030 Projekt ROOT - Gerste: Mehr Nährstoffe und Widerstandskraft durch größeres Wurzelsystem
Titelbild: Geglückte Experimente: Am Hauptspross bildete der Raps bis zu 72 Prozent mehr Blüten und doppelt so viele Schoten mit mehr Samengewicht aus. (Bildquelle: © Dr. Ireen Schwarz )
PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationalen Förderinitiativen: „Pflanzenzüchtungsforschung für die Bioökonomie I & II“, „Nutzpflanzen der Zukunft“, „Innovative Pflanzenzüchtung im Anbausystem (IPAS)“ und „Bioökonomie International“. Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030