Start neuer BMBF-Fördermaßnahme
Mehr Tempo für die Züchtung von klima- und standortangepassten Nutzpflanzen
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) investiert in den kommenden Jahren 50 Millionen Euro in innovative Pflanzenzüchtungsforschung. Damit sollen die Grundlagen geschaffen werden, Nutzpflanzen an den Klimawandel anzupassen, Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz im Anbau zu erhöhen und die Vielfalt an Kulturpflanzenarten auf den Äckern auszuweiten. Auch neue Züchtungstechniken wie die Genomeditierung sollen eingesetzt werden, um schneller ans Ziel zu kommen.
Das BMBF hat sich mit der Fördermaßnahme „Moderne Züchtungsforschung für klima- und standortangepasste Nutzpflanzen von morgen“ zum Ziel gesetzt, der Züchtung robuster und leistungsstarker Nutzpflanzensorten neue Impulse zu verleihen. Schließlich sind die Herausforderungen an die Landwirtschaft durch den Klimawandel enorm: Schon heute leiden viele Kulturpflanzenarten unter Hitze, Trockenheit oder anderen Extremwetterereignissen. Hinzu kommen neue wärmeliebende Krankheitserreger und Schädlinge, die sich mit den höheren Temperaturen stärker ausbreiten. Damit müssen zukünftige Nutzpflanzensorten besser umgehen können. Und die Landwirtschaft soll nachhaltiger werden, auch dafür braucht es angepasste Neuzüchtungen.
Weniger Dünger und chemischer Pflanzenschutz
Mit der Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Union wird der Zeitdruck für die Pflanzenzüchtung nochmals erhöht: Bis 2030 sollen die Mengen an chemischen Pflanzenschutzmitteln und Dünger um 50 bzw. 30 Prozent zurückgefahren werden. Ziel: Mehr Nachhaltigkeit und einen effektiveren Klima-, Arten-, Boden- und Gewässerschutz. Um das zu erreichen, brauchen die Landwirt:innen Sorten, die sich weitgehend selbst vor Schaderregern schützen und Nährstoffe im Boden hocheffizient nutzen können - beispielsweise durch Optimierung des Wurzelsystems oder Anpassung von Sorten für den Anbau als Mischkulturen mit komplementärer Nährstoff- und Wasserausnutzung.
Dabei sollen die Erträge der Nutzpflanzen trotz Klimawandel stabilisiert und erhöht werden, um einen Beitrag zur weltweiten Ernährungssicherung zu leisten. Auch die Qualität der Nahrungspflanzen steht im Fokus, beispielsweise durch Anreicherung hochwertiger Inhaltsstoffe wie Vitamine und Spurenelementen oder die Reduzierung von unerwünschten Pflanzeninhaltsstoffen oder Allergenen.
Mehr Vielfalt auf den Äckern
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erhöhung der Agrobiodiversität, also eine Erweiterung der Sortenvielfalt, Etablierung neuer Kulturarten und verstärkte Nutzung von Sonder- und Nischenkulturen. Vielfältigere Agrarsysteme reagieren grundsätzlich weniger empfindlich auf Stressfaktoren, seien es Schaderreger oder klimatische Einflüsse. Auch sollen zukünftige Sorten helfen, die Bodenqualität zu verbessern, Humus schneller aufzubauen und Bodenerosionen zu vermeiden. Ein weiterer Aspekt sind nützliche Interaktionen zwischen Bodenmikroorganismen und Pflanzenwurzeln, die die Widerstandskraft der Nutzpflanzen und den Ertrag positiv beeinflussen können.
Neue Züchtungstechniken inklusive
Der Klimawandel und die Transformation der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit erfordern laut Bundesforschungsministerium entschlossenes Handeln. Das gesamte Spektrum verfügbarer Züchtungstechnologien soll technologieoffen gefördert werden.
So sind neben der konventionellen Züchtung explizit auch Neue Züchtungstechniken bei der Fördermaßnahme eingeschlossen, also auch die sogenannte Genomeditierung mit der Genschere CRISPR/Cas. Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont: „Neue Züchtungstechniken sind eine riesige Chance, Pflanzen effizient, zielgerichtet und sicher zu züchten. Mit unserer neuen Forschungsförderung wollen wir die Züchtung klimaangepasster und ertragreicher Nutzpflanzen voranbringen.“ Doch bislang gelten alle Pflanzen, die durch Neue Züchtungstechniken wie der Genschere bearbeitet wurden, als gentechnisch verändert und dürfen in der EU praktisch nicht angebaut werden.
Änderung des Gentechnikrechts vorausgesetzt
Doch die EU-Kommission hat eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht - der Beschluss des EU-Ministerrats steht noch aus – der einfache genomeditierte Pflanzen vom Gentechnikrecht ausnimmt. Unter diesen Bedingungen könnten Forschende im Rahmen der Fördermaßnahme die Genomeditierung als Methode weiter optimieren und dringend nötige Freilandexperimente durchführen. Auch die Markteinführung genomeditierter Pflanzen wäre dann unproblematisch.
Dazu die Bundesforschungsministerin: „Wir setzen darauf, dass die EU-Kommission den völlig veralteten und wissenschaftlich überholten Rechtsrahmen novellieren wird. Die Position der Wissenschaft hierzu ist klar: Sie unterstützt die EU-Kommission darin. Als Bundesforschungsministerium wollen wir die Chancen der Neuen Züchtungstechniken nutzen und uns nicht wie andere von der Zukunft abmelden.“
Einen weiteren Hintergedanken wird das Bundesforschungsministerium mit der Fördermaßnahme auch noch verbunden haben: Die Stärkung des Forschungsstandortes. Denn mit der umfangreichen Förderung von innovativen Projekten kann dafür gesorgt werden, dass Deutschlands traditionell starke Pflanzenzüchtungsforschung international konkurrenzfähig bleibt.
Einreichungsfrist: 31.01.2024
Forschende Unternehmen sowie Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen können bis Ende Januar 2024 Anträge für Forschungsprojekte einreichen.
Quellen:
- Förderbekanntmachung (Kurzform)
- Förderbekanntmachung im Bundesanzeiger
- Pressemitteilung 73/2023 BMBF:
Stark-Watzinger: Wir wollen die Züchtung klimaangepasster und ertragreicher Nutzpflanzen voranbringen
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Genomeditierung mit CRISPR/Cas
- TRANSCEND - Mehr Tempo bei der Züchtung - Allianz für Innovative Pflanzenwissenschaften gestartet
- „Mit Genomeditierung schütze ich Getreide vor Krankheiten“ - Interview mit Iris Hoffie
- Regulierung neuer Züchtungstechniken in der EU - Eine Datenbank für genomeditierte Pflanzen
Titelbild: Genomeditierte Pflanze auf einem Nährmedium. Der zielgenaue Eingriff in das Erbgut lässt sich in der Regel nicht von natürlicherweise entstehenden Mutationen unterscheiden, kann aber wertvolle Eigenschaften wie Krankheitsresistenzen in Nutzpflanzen erzeugen (Bildquelle: © Andreas Baehring, IPK Gatersleben).