Vielfalt an Pflanzenarten in Wiesen vergleichbar mit tropischem Regenwald
Auch heimische Wiesen können im Rennen um den Titel der weltweit größten Vielfalt an Pflanzenarten mithalten. Auf kleiner Fläche weisen gemähte Graslandschaften ein Maximum an Arten auf und sind damit selbst den tropischen Regenwäldern überlegen.
Welche Gegenden weisen die höchste Pflanzenvielfalt auf? Bisher galt der tropische Regenwald als artenreichster Lebensraum, doch Forscher fanden nun heraus, dass auch Wiesen konkurrenzfähig sind.
Als Gewinnerregionen der weltweit größten Vielfalt an Pflanzenarten können sowohl Graslandschaften in gemäßigten Zonen, als auch tropische Regenwälder angesehen werden. Der Unterschied liegt in der betrachteten Flächengröße. Untersucht man kleinere Flächen sind abgegraste oder gemähte Wiesen die artenreichsten Lebensräume auf der Erde: Ostdeutschland und Rumänien sowie Argentinien liegen dabei ganz weit vorne. Bis zu 89 verschiedene Pflanzenarten konnten auf einem Quadratmeter identifiziert werden. Geht man von einem größeren Maßstab aus, konnten die Forscher auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern (= 1 Hektar) bis zu 942 Arten ausmachen. Die tropischen Regenwälder in Costa Rica, Kolumbien und Ecuador zählen hier zu den Spitzenreitern.
Grundlage der Analyse war eine Literaturrecherche bereits erhobenen Daten aus über 10 Jahren. Diese stammten aus verschiedenen Quellen und umfassten unterschiedliche Flächengrößen aus allen Regionen der Erde. Sie bezogen Flächen von einem Quadratmillimeter bis zu einem Hektar Größe mit ein. Mit Hilfe von mathematischen Funktionen konnten die Forscher die Artenvielfalt im Pflanzenreich pro Fläche ableiten. Die Studie konzentrierte sich auf alle Arten von Gefäßpflanzen. Ihren Hochrechnungen zufolge besiedeln 219.204 Gefäßpflanzen die Erde. Dies kommt den jüngsten Schätzungen von 275.000 Arten sehr nahe.
Der Grund warum regelmäßig abgegraste, gemähte oder gerodete Graslandschaften eine so hohe Anzahl von Pflanzenarten aufweisen ist noch nicht umfassend geklärt. Es wird vermutet, dass die ständige Bearbeitung des Bodens auch schwächeren Pflanzen dazu verhilft in der Umgebung zu überleben. Die natürlichen Selektionsprozesse werden dadurch ausgebremst, da stärkere Pflanzen sich in der kurzen Zeit bis zum nächsten Kahlschlag nicht durchsetzen können. So können unterschiedliche Pflanzen nebeneinander existieren, die ohne die Störung des Lebensraumes miteinander konkurrieren würden. Als weitere mögliche Erklärung führten sie den Zeitfaktor an. Manche Lebensräume existieren schon seit sehr langer Zeit. So könnten sie in einem langen Prozess für Stabilität und Kontinuität der Arten gesorgt haben. Innerhalb tausender von Jahren war demnach genug Zeit, um Einwanderungen, Selektion und evolutionären Prozessen Raum zu geben.
Quelle:
Wilson, J. B., et al. (2012): Plant species richness: the world. In: Journal of Vegetation Science, 16. März 2012, Doi: 10.1111/j.1654-1103.2012.01400.x.
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