„Explosives“ Schaumkraut

Neuer Schleudermechanismus von Schotenfrüchten gefunden

20.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bei einigen Pflanzenarten platzen die Schoten explosionsartig auf und die Samen werden herauskatapultiert (Symbolbild). (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Bei einigen Pflanzenarten platzen die Schoten explosionsartig auf und die Samen werden herauskatapultiert (Symbolbild). (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Die Schotenexplosion, mit dem das Behaarte Schaumkraut seine Samen verbreitet, erinnert an eine Muskelkontraktion - ein Zusammenspiel von Zellwachstum und gekreuzt orientierten Cellulose-Mikrofibrillen in den Zellwänden.

Viele Schotenfrüchte „explodieren“, wenn sie reif sind. Dadurch werden die enthaltenen Samen über größere Entfernungen verteilt und die Folgegenerationen können entfernt von den Elternpflanzen auskeimen. Ein gängiger Mechanismus zur Erzeugung der dazu notwendigen Schotenspannung ist das Austrocknen der Gewebe, wodurch das Gewebe schrumpft. Aber nicht beim Behaarten Schaumkraut.

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Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta)

Behaartes Schaumkraut (Cardamine hirsuta)

Bildquelle: © Angela Hay / MPI für Pflanzenzüchtungsforschung (Köln)

Das Behaarte Schaumkraut (Cardamine hirsuta) ist eine einjährige Pflanze mit einer Höhe von bis zu 30 Zentimetern. Die Samen sitzen innerhalb von Schoten, die aus zwei Klappen bestehen. Ist der Samen ausgereift, kommt es zu einem blitzartigen Einrollen dieser Klappen. Dadurch werden die Samen meterweit mit einer Anfangsgeschwindigkeit von bis zu zehn Metern pro Sekunde herauskatapultiert.

Zellwachstum sorgt den nötigen Druck

Der nötige Druck für die Schotenexplosion wird kurioserweise durch Dehnungswachstum aufgebaut, das letztendlich eine schnelle Kontraktion des Gewebes ermöglicht. Das hat kürzlich ein Forschungsteam der Universität Tübingen und vom Max-Planck-Institut (MPI) für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln herausgefunden.

Mikrozellulosefasern lassen das Gewebe wie ein Muskel kontrahieren

Für diesen Mechanismus sind vor allem gekreuzt verlaufende Mikrozellulosefasern in der Zellwand verantwortlich, die wie Stahlseile ein Korsett um die anwachsenden Zellen bilden. Gabriella Mosca, eine der Erstautor:innen der Studie beschreibt das so: „In den explosiven Schoten sind die Zellulosefasern in den Zellen so angeordnet, dass diese beim Wachsen eine spezifische Form annehmen, die durch den ansteigenden Zellinnendruck eine Kontraktion des ganzen Gewebes bewirken. Das ist ähnlich wie bei einem Muskel von Mensch oder Tier, der sich kontrahiert.“

Mikrotubuli kontrollieren Umorientierung von Mikrozellulosefasern

Für die „explosive Anordnung“ der Mikrozellulosefasern sorgen Mikrotubuli, die sich während der Wachstumsprozesse neu ausrichten – und mit ihnen die Mikrozellulosefasern. Die Mikrotubuli sind eine Art „Schienensystem“ in der Zelle, die den Aufbau und die Orientierung der Zellulosefasern kontrollieren. Wie diese koordinierte Umorientierung funktioniert, ist noch nicht klar. Diese Frage soll nun auch noch vom Forschungsteam beantwortet werden.


Quelle:
Mosca, G. et al. (2024): „Growth and tension in explosive fruit“. In: Current Biology (14 Februar 2024). doi:  https://doi.org/10.1016/j.cub.2024.01.059

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