Noroviren mit Zitronensäure stoppen

Zitronensaft ist ein natürliches Desinfektionsmittel

07.09.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die in Zitronensaft enthaltene Zitronensäure reduziert die Infektionsfähigkeit von Noroviren. (Bildquelle: © Maren Beßler / pixelio.de)

Die in Zitronensaft enthaltene Zitronensäure reduziert die Infektionsfähigkeit von Noroviren. (Bildquelle: © Maren Beßler / pixelio.de)

Zitronensaft kann die Infektionsfähigkeit von Noroviren reduzieren – den gefürchteten Erregern schwerer Magen-Darm-Erkrankungen. In Experimenten konnte Forscher zeigen, dass die im Saft enthaltene Zitronensäure an die Viren bindet und dafür sorgt, dass sich deren Struktur verändert. Zitronensäure ist bereits in einigen Desinfektionsmitteln enthalten. Zitronensaft alleine, könnte womöglich schon als Infektionsschutz ausreichen, vermuten die Forscher.

Noroviren sind weltweit verbreitete Erreger schweren Magen-Darm-Erkrankungen. Gut die Hälfte aller Erkrankungen lässt sich auf diese Viren zurückführen. Oft werden große Menschengruppen infiziert. Vor allem Einrichtungen, in denen viele Menschen in engem Kontakt sind, wie Kindergärten, Flughäfen oder Krankenhäuser, sind betroffen. Denn die Viren sind sehr hartnäckig und verbreiten sich schnell. Erst einmal infiziert, sind die Betroffenen hoch ansteckend. Bereits 10–100 Viruspartikel reichen für eine Infektion aus. Die Viren werden direkt von Mensch-zu-Mensch, über den Handkontakt mit kontaminierten Flächen oder durch den Verzehr von verunreinigten Lebensmitteln übertragen. Kinder und ältere Personen sind dabei besonders gefährdet.

Schutz vor Noroviren wird erforscht

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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Noroviren. Maßstab = 100 nm

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Noroviren. Maßstab = 100 nm

Bildquelle: © Hans R. Gelderblom/RKI

Bereits aus früheren Untersuchungen wusste man, dass Fruchtsäfte wie Orangen- oder Granatapfelsaft die Noroviren daran hindert, menschliche Zellen zu infizieren. Der Wissenschaftler Grant Hansman, heute der Leiter der C.H.S.-Nachwuchsgruppe Noroviren am Deutschen Krebsforschungszentrum und der Universität Heidelberg, entdeckte vor geraumer Zeit zufällig, dass Zitronensäure an spezielle Proteine der Viren binden kann. Nun erforschte er mit Kollegen diesen Zusammenhang weiter.

Zitronensäure bindet an die richtigen Stellen

Zitronensäure (auch Citrat genannt) erhielt ihren Namen, weil sie erstmals aus Zitronensaft gewonnen wurde. Die Säure ist jedoch allgegenwärtig und kommt in den unterschiedlichsten Pflanzen vor, wie in Orangen, Äpfeln, Himbeeren oder aber in Gemüse. Sie tritt sogar im Stoffwechsel aller Lebewesen in Erscheinung (vgl. Citratzyklus).

Das Wissenschaftlerteam testete den Effekt, den Zitronensaft und ein citrathaltiges Desinfektionsmittel auf Noroviren haben. Humane Noroviren lassen sich bisher jedoch nicht auf Zellkulturen vermehren und sind daher auch nicht im Labor kultivierbar. Die Forscher mussten daher auf „Virus-ähnliche Partikel“ zurückgreifen. Diese Partikel besitzen die gleiche Oberflächenstruktur wie die echten Viren und erlauben es, Experimente durchzuführen, die auf intakte Erreger übertragbar sind.

Die Zitronensäure aus beiden Quellen dockte an den Virenoberflächen an und veränderte deren Morphologie. Die Forscher entdeckten durch eine Röntgenstrukturanalyse, dass die Säure genau an die Stelle bindet, mit der die Viren an menschliche Zellen andocken, wenn sie diese infizieren. Wird dieser Bereich blockiert, sinkt ihre Infektionsfähigkeit.

Zitronensaft als natürliches Desinfektionsmittel

Das getestete citrathaltige Desinfektionsmittel wirkte in den Untersuchungen genau wie der Zitronensaft. Die antivirale Wirkung des Desinfektionsmittels ist also ebenfalls auf die darin enthaltene Zitronensäure zurückzuführen.

Mit diesem Wissen könnte man bestehende Produkte verbessern. Es weckt zudem die Hoffnung, zukünftig einen natürlicheren und sicheren Infektionsschutz vor den gefürchteten Viren zu haben. Man weiß, dass Norovirus-Erkrankungen vor allem in der Winterzeit gehäuft auftreten. Das ist auch die Zeit des Jahres, in der Menschen öfter mit Erkältungen zu kämpfen haben. Die heiße Zitrone, die man vorbeugend trinkt, könnte also schon ein Schritt in die richtige Richtung sein. Eventuell muss man sie nur äußerlich anwenden, um sich noch weiter vor Krankheitserregern zu schützen. „Vielleicht sind ja die paar Tropfen Zitronensaft, die man üblicherweise auf eine Auster träufelt, eine guter Infektionsschutz“, spekuliert Hansman, der die Studie leitete. Er schätzt, dass der Saft einer Zitrone ausreichen könnte, um die Hände zu dekontaminieren. Eine andere Überlegung ist, ob auch andere natürliche Pflanzeninhaltsstoffe an die Viren andocken und sie so unschädlich machen können.

Die Zitronensäure wirkt jedoch nur Infektionen entgegen. Ob sie auch bei bereits infizierten Menschen eine Linderung der unangenehmen Symptome hervorrufen kann, will er jetzt mit seinen Kollegen erforschen.


Quelle:
Koromyslova, A.D., White, P. und Hansman, G.S. (2015): Treatment of norovirus particles with citrate. In: Virology, (Epub, 18. August 2015), doi: 10.1016/j.virol.2015.07.009.

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Titelbild: Die in Zitronensaft enthaltene Zitronensäure reduziert die Infektionsfähigkeit von Noroviren. (Bildquelle: © Maren Beßler / pixelio.de)