Auch Zucker steuert Blütenbildung

Lichtverhältnisse, Alter und Energiegehalt müssen zum Blühen stimmen

12.02.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflanzen bilden Blüten aus, um sich zu vermehren. (Quelle: © Kenny Louie / Wikimedia.org; CC BY 2.0)

Pflanzen bilden Blüten aus, um sich zu vermehren. (Quelle: © Kenny Louie / Wikimedia.org; CC BY 2.0)

Wie eine Pflanze ihren Energiegehalt auf molekularer Ebene überprüft, bevor sie den kräftezehrenden Vorgang des Blühens einleitet, war bisher unklar. Forscher konnten nun zeigen, dass die Zuckerverbindung Trehalose-6-Phosphat als wichtiges Signalmolekül in diesem Prozess fungiert.

Um sich erfolgreich zu vermehren, muss eine Pflanze genau dann blühen, wenn die Bedingungen dazu optimal sind. Die Tageslänge ist einer der wichtigsten Faktoren für den Beginn der Blütenbildung. Manche Pflanzen brauchen lange Tage und blühen daher im Sommer, andere bevorzugen kürzere Tage und blühen dementsprechend im Frühjahr oder Herbst. Aber nicht nur die Tageslänge beeinflusst den Zeitpunkt der Blüte. Auch die Umgebungstemperatur und der Hormonstatus sind für die Steuerung der Blütenentwicklung entscheidend.

Ist genügend Zucker da?

Schon lange wurde vermutet, dass Pflanzen sich auch dahingehend absichern müssen, dass ihnen genügend Energie für den kräftezehrenden Prozess des Blühens zur Verfügung steht. Wie Forscher vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und dem Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen jetzt berichten, übernimmt in der Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana, das Zuckermolekül Trehalose-6-Phosphat (T6P) eine Schlüsselrolle bei der Überwachung der Energiereserven und somit bei der Entscheidung, wann die Blütenbildung beginnt.

T6P, das vom Enzym Trehalose-6-Phosphat Synthase 1 (TPS1) aus Glukose-6-Phosphat und Uridin Diphophat (UDP)-Glukose synthetisiert wird, kommt in den meisten Pflanzen nur in Spuren vor. Daher vermuten die Wissenschaftler, dass es als Signalmolekül fungiert und Informationen über die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten an andere Stoffwechselwege weitergibt. „Allerdings wusste bisher niemand, wie das Molekül in das komplexe genetische Netzwerk, das den Zeitpunkt der Blütenbildung steuert, eingreift“, so Vanessa Wahl, Erstautorin der Veröffentlichung.

Trehalose-6-Phosphat steuert Blühvorgang über das „Florigen

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Bei der Ausbildung der Blüten sind nicht nur äußere Einflussfaktoren entscheidend. (Quelle: © Andrés Nieto Porras / Wikimedia.org (CC BY-SA 2.0).

Bei der Ausbildung der Blüten sind nicht nur äußere Einflussfaktoren entscheidend. (Quelle: © Andrés Nieto Porras / Wikimedia.org (CC BY-SA 2.0).

Die Tageslänge nehmen Pflanzen über die Blätter wahr. Unter Langtagbedingungen führt ein Zusammenspiel aus Lichtrezeptoren und anderen Proteinen dazu, dass im Zellkern der Blätter der Ackerschmalwand das Gen FLOWERING LOCUS T (FT, syn. Florigen) abgelesen wird. Das FT-Protein wandert bis in die Sprossspitze und bewirkt, dass anstelle der Blätter nun Blüten gebildet werden.

„Wir konnten zeigen, dass FT in der TPS1-Knock-Out-Mutante auch unter Langtagbedingungen nicht mehr induziert werden kann“, so Markus Schmid vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Darin sehen die Forscher einen Hinweis darauf, dass T6P als Reporter dient, der die Pflanze darüber informiert, ob ausreichend Kohlenhydrate für das Blühen zur Verfügung stehen.

„Selbst wenn die Tage im Frühjahr ausreichend lang sind, um der Pflanze das Blühen zu ermöglichen, muss zur Induktion der Blütenbildung auch der Kohlenhydratspeicher ausreichend gefüllt sein“, veranschaulicht Schmid. „War die Pflanze durch möglicherweise zu niedrige Temperaturen oder durch andere widrige Umwelteinflüsse bisher nicht in der Lage, genügen Saccharose zu bilden, wird der Blühzeitpunkt über das Fehlen des Signalmoleküls T6P hinausgezögert, bis die Umweltbedingungen zum Blühen günstiger sind.“

Im Alter: Blüten auch unter nicht optimalen Bedingungen

Mit zunehmendem Alter beginnt die Ackerschmalwand jedoch ganz unabhängig von der Tageslänge mit der Blütenbildung. Dieser Sicherheitsmechanismus wird durch eine spezielle Mikro-RNA (miRNA156) geregelt und gewährleistet, dass sich Pflanzen auch unter weniger guten Bedingungen fortpflanzen. „miRNA156 ist speziell in jungen Pflanzen sehr stark exprimiert und verhindert so zu frühes Blühen“, erklärt Schmid. Im Laufen der Entwicklung von Arabidopsis wird kontinuierlich immer weniger miRNA156 exprimiert.

Umgekehrt werden auf diese Weise die Zielgene der miRNA156, die sogenannten SQUAMOSA PROMOTOR BINDING PROTEIN-LIKE (SPL) Gene, in ihrer Expression immer weniger gehemmt. SPL-Gene fördern das Blühen. So blühen ältere Arabidopsispflanzen auch unter Kurztagbedingungen, um gegen Ende des Lebens die Fortpflanzung zu sichern.

Auch bei diesem Prozess scheint T6P eine wichtige Rolle zu spielen: Die Wissenschafter konnten zeigen, dass T6P sowohl die Herstellung der miRNA156 als auch die Expression ihrer Zielgene, welche zusammen die altersabhängige Induktion des Blühens kontrollieren, beeinflusst. Das Zuckermolekül steuert somit zwei der wichtigsten Kontrollwege, die den Zeitpunkt der Blütenbildung regulieren: den FT- und den miRNA156-Kontrollweg.

„Obwohl klar war, dass die Pflanze ihren Energiegehalt überprüfen muss, bevor sie mit der Blütenbildung beginnt, gab es bisher keine Erklärung dafür, wie das auf molekularer Ebene funktionieren sollte“, beschreibt Vanessa Wahl den Stand der Wissenschaft vor der Entdeckung. Dem Wissen über das komplexe Netzwerk, das die Blütenbildung reguliert, konnten die Forscher aus Potsdam und Tübingen einen wichtigen Faktor hinzufügen.


Quelle:
Wahl, V. et al. (2013): Regulation of Flowering by Trehalose-6-Phosphate Signaling in Arabidopsis thaliana. In: Science, Vol. 339 no. 6120 pp. 704-707, (8. Februar 2013), DOI: 10.1126/science.1230406.
 


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Titelbild: Pflanzen bilden Blüten aus, um sich zu vermehren. (Quelle: © Kenny Louie / Wikimedia.org; CC BY 2.0)