Der Sonnen entgegen

Wie pflanzliche Lichtsensoren Signale weiterleiten

12.05.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die meisten Pflanzen wachsen der Sonne entgegen. Phytochrome nehmen Licht wahr und informieren die Zellen darüber, ob es Tag oder Nacht ist oder ob sich die Pflanze in der Sonne oder im Schatten befindet. (Bildquelle: Andrea Kusajda / pixelio.de)

Die meisten Pflanzen wachsen der Sonne entgegen. Phytochrome nehmen Licht wahr und informieren die Zellen darüber, ob es Tag oder Nacht ist oder ob sich die Pflanze in der Sonne oder im Schatten befindet. (Bildquelle: Andrea Kusajda / pixelio.de)

Phytochrome sind lichtempfindliche Proteine, über die Pflanzen wahrnehmen, ob es hell oder dunkel ist. Wie diese für Pflanzen essentiellen Lichtsensoren ihre Signale weitergeben, haben Wissenschaftler nun herausgefunden.

Die meisten Pflanzen wachsen der Sonne entgegen. Und das hat einen einfachen Grund: Je mehr Sonnenlicht sie mit ihren Blättern einfangen können, desto mehr Energie gewinnen sie über die Photosynthese. An der Wahrnehmung  des Lichts sind bei Pflanzen vor allem die sogenannten Phytochrome beteiligt, die aber auch in Bakterien, Cyanobakterien, Algen und Pilzen vorkommen. Diese Photorezeptor-Proteine messen das Verhältnis von hellrotem zu dunkelrotem Licht und informieren die Zelle darüber, ob es Tag oder Nacht ist oder ob sich die Pflanze in der Sonne oder im Schatten befindet. Phytochrome kommen in allen Blättern vor. Neben der Schattenflucht steuern sie aber auch Prozesse, wie die Samenkeimung bei sogenannten Lichtkeimern und die Ergrünung bestimmter Pflanzenteile.

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Phytochrome steuern die Samenkeimung bei Lichtkeimern, wie zum Beispiel Roggen (Secale cereale).

Phytochrome steuern die Samenkeimung bei Lichtkeimern, wie zum Beispiel Roggen (Secale cereale).

Bildquelle: © iStock.com/ ivafet

Phytochrome: pflanzliche Augen

„Man kann sich diese Proteine wie pflanzliche Augen vorstellen. Wir konnten in unserer aktuellen Studie zeigen, wie diese Augen auf molekularer Ebene arbeiten“, erklärt Studienleiter Sebastian Westenhoff von der Universität Göteborg. Mit seinem Forscherteam konnte Westenhoff zeigen, wie sich die atomare Struktur der Photosensoren ändert, wenn diese Licht wahrnehmen. Dabei kommt es zu Strukturveränderungen im dreidimensionalen Phytochrom-Protein.

Bakterien liefern Forschungsmaterial

Da sich Phytochrome aus Bakterien einfacher in ausreichender Menge isolieren lassen, haben die Wissenschaftler in ihrer Studie auf diese Quelle zurückgegriffen. „Wir haben bereits gewusst, dass eine strukturelle Veränderung innerhalb des Proteins stattfinden würde, da das Lichtsignal  zur Zelle weitertransportiert werden muss. Wie diese Strukturveränderung jedoch aussieht, war bisher nicht bekannt. Wir konnten zeigen, dass nahezu das gesamte Protein umgebaut wird“, so Westenhoff.

Neue Methode ermöglicht Beobachtung von Proteinen bei der Arbeit

Doch Proteine lassen sich nicht einfach so bei der Arbeit beobachten. Dazu reicht die Auflösung herkömmlicher Mikroskope nicht aus. Erst eine neue Methode (Time-resolved wide-angle X-ray scattering, TR-WAXS), die von Studienleiter Westenhoff entwickelt wurde, machte die Beobachtungen direkt am arbeitenden Phytochrom-Protein möglich. Dabei lösten die Wissenschaftler zunächst mit Laserlicht die Strukturveränderungen in dem lichtempfindlichen Protein aus, die sie dann mit Hilfe von Röntgenstrahlen erfassten.

Kleine Bewegung wird multipliziert

Die Wissenschaftler untersuchten die lichtsensitive Phytochromstruktur sowohl in kristalliner Form als auch beim gelösten Protein. Bei der kristallinen Form konnten sie beobachten, dass eine kleine Bewegung (0,1 bis 0,2 nm) einzelner Atome, die durch die Lichtabsorption ausgelöst wird, über größere Strukturveränderungen (3 nm) im gesamten Proteinkomplex quasi multipliziert wird. „Dieser Vorgang ermöglicht die schnelle und präzise Weitergabe des lichtinduzierten Signals von einem Protein zum nächsten, was schließlich zu Veränderungen auf zellulärer Ebene des Organismus führt“, erklären die Wissenschaftler die Folgen dieses Vorgangs. Ihre Forschungsarbeit hilft nicht nur besser zu verstehen, wie Phytochrome arbeiten. Sebastian Westenhoff sieht darin auch die Grundlage, Nutzpflanzen weiter zu optimieren: „Wenn wir wissen, wie das Lichtsignal weitergeleitet wird, lassen sich darüber Nutzpflanzen züchten, die auch bei schlechten Lichtverhältnissen effizient wachsen können und gute Erträge liefern.“


Quelle:

Heikki T. et al. (2014): Signal amplification and transduction in phytochrome photosensors. In: Nature 509, 245–248 (8. Mai 2014), DOI: 10.1038/nature13310

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Titelbild: Die meisten Pflanzen wachsen der Sonne entgegen. Phytochrome nehmen Licht wahr und informieren die Zellen darüber, ob es Tag oder Nacht ist oder ob sich die Pflanze in der Sonne oder im Schatten befindet. (Bildquelle: iStock.com/ shuchunke)