Ende eines Schattendaseins?

„Waisenpflanzen“ sollen in Zukunft für Ernährungssicherheit sorgen

22.05.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bohnenblüte: Sogenannte Waisenpflanzen wie die Helmbohne (Lablab purpureus) könnten zukünftig eine wichtige Rolle für die globale Ernährungssicherheit spielen. (Bildquelle: © Jing / Pixabay)

Bohnenblüte: Sogenannte Waisenpflanzen wie die Helmbohne (Lablab purpureus) könnten zukünftig eine wichtige Rolle für die globale Ernährungssicherheit spielen. (Bildquelle: © Jing / Pixabay)

Noch wird sie eher sparsam in einigen afrikanischen Regionen angebaut - die Helmbohne. Doch sie soll zu einer erstklassigen Kulturpflanze aufsteigen. Dazu untersuchen Forscher:innen ihre Genetik und Eigenschaften wie Trockenheitstoleranz.

Die Welt braucht erneut eine Grüne Revolution: Diesmal geht es aber nicht um die Entwicklung von Hochleistungssorten und Mineraldünger, sondern um bisher von der Forschung vernachlässigte, traditionelle Nutzpflanzen. Sie sollen die Ernährungssicherheit der wachsenden Weltbevölkerung garantieren, denn bisher verlässt sich die Menschheit hauptsächlich auf drei Pflanzenarten: Reis, Mais und Weizen liefern fast die Hälfte der konsumierten Kalorien. Das könnte zu einem großen Risiko werden, sei es aufgrund von Kriegen, den Klimawandel oder durch Pflanzenseuchen. In einer neuen Studie hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Helmholtz Zentrums München eine dieser zukünftigen Nahrungspflanzen genauer untersucht.

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Die Süßkartoffel gehört ebenfalls zu den „Orphan Crops“.

Die Süßkartoffel gehört ebenfalls zu den „Orphan Crops“.

Bildquelle: © iainswife / Pixabay

Die „Waisen“ unter den Kulturpflanzen

Die Helmbohne (Lablab purpureus) ist ein Hülsenfrüchtler, der im tropischen Afrika beheimatet ist und mittlerweile auch in tropischen Regionen Asiens angebaut wird. Sie gehört zu den sogenannten Orphan Crops („Waisenpflanzen“), da sie noch wenig beachtet und kaum erforscht wurde. Dabei ist sie enorm vielseitig: Sie ist gut angepasst an Trockenheit und kann unter verschiedensten Umweltbedingungen gedeihen. Das macht sie interessant für die Entwicklung klimaangepasster Sorten. Dazu hat sie einen hohen Nährwert und enthält pharmakologisch wirksame bioaktive Substanzen. In der Landwirtschaft wird sie als Viehfutter genutzt und reichert „nebenbei“ noch den Boden mit Stickstoff an.

Genetische Vielfalt ist der Schlüssel

Aufgrund der hohen Anpassungsfähigkeit vermuteten die Forscher:innen eine erhebliche genetische Varianz innerhalb der Art. Das erhöht die Chance, passende Genotypen für unterschiedliche Klimate und höhere Erträge zu finden. So identifizierte das Forscherteam 18 Markergene, die mit Biomassezuwachs, Blütezeit und dem Gewicht der Samen in Zusammenhang stehen. Auch 35 Trypsin-Inhibitor-Gene wurden gefunden, die man herauszüchten könnte. Denn die Inhibitoren zählen zu den antinutritiven Komponenten, da sie den Proteinabbau bei der Verdauung blockieren – die rohen Bohnen sind daher ungenießbar.

Die Forscher:innen konnten auch verschiedene Genfamilien identifizieren, die für den Zellwandaufbau und die Photosynthese zuständig sind. Sie sind möglicherweise für die hohe klimatische Anpassungsfähigkeit der Pflanze verantwortlich. Auch konnten sie nachweisen, dass eine lokal in Äthiopien vorkommende zweisamige Wildform und die weiter verbreitete viersamige Wildform unabhängig voneinander domestiziert wurden.

Fit for future

Die Studie liefert ein solides Grundgerüst zur gezielten Optimierung der Bohnenart als Nutzpflanze. Auch bemerkenswert: Die Arbeiten wurden hauptsächlich in Afrika durchgeführt. Lokales Wissen wurde so mit internationaler Spitzenforschung kombiniert – und die Studie könnte auch als Blaupause dienen, um weitere afrikanische Nutzpflanzen aus ihrem Schattendasein herauszuführen.


Quelle:
Njaci, I. et al (2023): Chromosome-level genome assembly and population genomic resource to accelerate orphan crop lablab breeding. In: Nature Communications 14, 17. April 2023. dx.doi.org/10.1038/s41467-023-37489-7

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Titelbild: Bohnenblüte: Sogenannte Waisenpflanzen wie die Helmbohne (Lablab purpureus) könnten zukünftig eine wichtige Rolle für die globale Ernährungssicherheit spielen. (Bildquelle: © Jing / Pixabay)