Schon gewusst? Tödliches Molekül nach Keanu Reeves benannt
Keanumycine wirken gegen Pilzkrankheiten bei Pflanze und Mensch
Auch Forscher:innen haben ihren Humor. Ein Team des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibnitz-HKI) hat eine neuentdeckte Naturstoffgruppe nach dem kanadischen Schauspieler Keanu Reeves benannt. Sie stammt aus Bakterien der Gattung Pseudomonas.
Auch Forscher:innen haben ihren Humor. Ein Team des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibnitz-HKI) hat eine neuentdeckte Naturstoffgruppe nach dem kanadischen Schauspieler Keanu Reeves benannt. Sie stammt aus Bakterien der Gattung Pseudomonas.
Der Fund dieser neuen Molekülgruppe war nicht rein zufällig. Pseudomonaden wehren sich sehr effektiv gegen ihre Fressfeinde: Amöben. Dazu haben sie sich chemisch mit verschiedenen Giftstoffen aufgerüstet. Das brachte das Team auf die Spur: Im Genom der Bakterien fanden die Forscher:innen Biosynthesegene für gleich drei neue Naturstoffe: Keanumycine A, B und C. Alle gehören zu den sogenannten „nichtribosomalen Lipopeptiden mit seifenartigen Eigenschaften“.
Wirksam gegen Pflanzenkrankheiten
Die Forscher:innen konnten eines der Keanumycine isolieren und seine Wirkung auf verschiedene Pilze testen. So vernichtete er auf Hortensienblättern den Erreger der Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea). Sogar die nicht aufgereinigte Kulturflüssigkeit der Bakterien hemmte bereits zuverlässig das Wachstum des Erreger-Pilzes.
Grauschimmelfäule sorgt im Obst- und Gemüseanbau für beträchtliche Ernteeinbußen. Laut der Forscher:innen sind über 200 Obst- und Gemüsearten von dieser Krankheit bedroht. Da der Wirkstoff biologisch abbaubar ist, würden er sich bei einer Verwendung als Pflanzenschutzmittel nicht im Boden anreichern. Eine gute Voraussetzung für ein nachhaltiges und umweltfreundliches Pflanzenschutzmittel. Nach vorliegenden Erkenntnissen schadet er auch nicht den Pflanzen, die er beschützen soll.
Auch eine Bereicherung für die Humanmedizin?
Auch gegen humanpathogene Pilze wie Candida albicans wirkt die neue Substanz. Es sieht im Moment auch so aus, dass der Wirkstoff auch für menschliche Zellen kaum toxisch ist. Ein Einsatz in der Humanmedizin könnte also möglich sein. Und das käme zur rechten Zeit: Denn es gibt kaum noch wirkungsvolle Präparate gegen Pilzinfektionen (Antimykotika) auf dem Markt.
Weg offen für den Design weiterer Wirkstoffe
Die Strukturen der Keanumycine hat das Forscherteam durch eine Kombination aus kernmagnetischer Resonanz, Tandem-Massenspektrometrie und Abbauexperimenten vollständig aufgeklärt. Ein besonderes Ergebnis dabei: Ein noch nie dagewesenes terminales Imin-Motiv in Keanumycin C haben die Forscher:innen als hochreaktiven Baustein im Molekül entdeckt. Darüber hinaus wurde durch chemische Synthese die absolute Konfiguration der ungewöhnlichen dihydroxylierten Fettsäure von Keanumycin A aufgedeckt, die bisher für diese Lipodepsipeptidklasse nicht bekannt war. Dieses neue Wissen kann zur Entwicklung ganz neuer pharmazeutischer und agrochemischer Antimykotika beitragen.
Quelle:
Götze, S. et al. (2023): „Ecological niche-inspired genome mining leads to the discovery of crop-protecting nonribosomal lipopeptides featuring a transient amino acid building block.“ J Am Chem Soc, doi: 10.1021/jacs.2c11107
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Titelbild: Bakterien der Gattung Pseudomonas (im Bild grün) sind giftig für Amöben (im Bild blau). Hier sieht man, wie Amöben trotzdem versuchen, diese Bakterien zu verdauen. (Bildquelle: © Harikumar Suma/Leibniz-HKI)