Superfood Quinoa: Das Geheimnis der Bläschen
Bollwerk gegen Krankheiten und Schadinsekten
Über 100 Jahre dachte man, dass die Blasenzellen auf der Oberfläche von Quinoa ein Schutz vor Dürre und Salz sind. Weit gefehlt: Eine aktuelle Studie hat aufgedeckt, dass sie eine Barriere gegen Schadinsekten bilden – gefüllt mit Abwehrsubstanzen. Aber auch Pilzerreger könnten sie damit womöglich abwehren. Die Züchtung kann von diesen neuen Erkenntnissen profitieren.
Quinoa ist bekanntermaßen eine proteinreiche, glutenfreie Getreidealternative, die reich an essentiellen Aminosäuren, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen ist. Sie stammt ursprünglich aus den Anden und wird weltweit für ihre ernährungsphysiologischen Vorteile geschätzt. Quinoa eignet sich hervorragend als gesunde Basis für Mahlzeiten und kann in verschiedenen Gerichten als Reis- oder Getreideersatz verwendet werden.
Funktion der Bläschenzellen verkannt
Auf der Oberfläche dieser Pflanze findet man unzählige Bläschenzellen – übrigens auch auf ca. 4000 anderen Pflanzen der Amaranth- und Aizoaceae-Familien. Bisher nahm man an, dass diese Zellen als Wasser- und Salzreservoir dienen und so die Pflanzen vor Wassermangel und Salzüberschüsse im Boden schützen können.
Eine Arbeitsgruppe der Universität Kopenhagen hat das nun widerlegt. Sie führte einen „Stresstest“ mit normalen Quinoa-Pflanzen und gentechnisch veränderten Mutanten durch, die keine Bläschenzellen mehr bilden konnten. Traktiert wurden die Pflanzen u.a. mit Trockenheit, salzigem Wasser, hohe Lichteinstrahlung oder hohe Temperaturen.
Das überraschende Ergebnis: Pflanzen mit Blasenzellen vertrugen Trockenheit und hohe Salzmengen deutlich schlechter als die Mutanten ohne Blasenzellen – diese wuchsen fast ungehindert.
Insektenschutz durch Bläschenzellen
Stattdessen konnten der dänische Doktorand Max Moog beobachten, dass Schadinsekten sich hauptsächlich nur an den mutierten Quinoa-Pflanzen ohne Blasenzellen zu schaffen machten. Die Wildpflanzen waren weitgehend insektenfrei.
Eine Analyse der Inhaltsstoffe der Blasenzellen führte zu einem klaren Befund: Sie enthielten kaum Salz, dafür ein Cocktail aus verschiedenen für Schädlinge giftige Substanzen, z.B. Saponine und Oxalsäure. Die Forscher:innen konnten zeigen, dass diese Substanzen Thripse, Milben, Schmetterlingsraupen und sogar einen bakteriellen Erreger, Pseudomonas syringae, abwehren können. Sie vermuten, dass die Blasenzellen auch gegen Pilzerkrankungen wie den Falschen Mehltau wirken. Nach Meinung des Forschungsteams sind die Bläschenzellen sowohl eine physikalische als auch chemische Barriere für Schädlinge und Krankheiten.
Züchtung kann davon profitieren
Es ist nun denkbar, dass die neuen Erkenntnisse direkt für die Züchtung robusterer und standortangepasster Quinoa-Sorten genutzt werden können: Sorten mit mehr Blasenzellen für Nordeuropa, wo Schädlinge ein größeres Problem darstellen. Und Pflanzen mit weniger Blasenzellen für den Anbau im trockeneren Süden. Auch eine Kombination von hoher Trockenheits- und Schädlingsresistenz scheint machbar: "Bisher wurden diese Blasenzellen bei der Züchtung von Quinoa ignoriert. Wir haben möglicherweise jetzt ein Werkzeug, das es uns ermöglicht, einfach durch Kreuzung einen Weg zu einer besonders toleranten 'Super-Quinoa' zu finden", so Michael Palmgren, der Arbeitsgruppenleiter in Kopenhagen.
Quelle:
Moog, M. W. et al. (2023): „Epidermal bladder cells as a herbivore defense mechanism“. In: Curr. Biol (17. Nov. 2023). doi: 10.1016/j.cub.2023.09.063
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Titelbild: Ballonartigen Blasen auf der Oberfläche vieler Quinoa-Sorten: Sie sind eine Barriere, mit der sich die Pflanzen vor Schädlingen schützen. (Bildquelle: © Universität Kopenhagen)