Symbiose sorgt für Phosphor

Ein Pilz wirft pflanzliche Protonenpumpe an

04.06.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Weil die Quellen für Phosphatdünger weltweit zuneige gehen, benötigt die Landwirtschaft Alternativen. (Bildquelle: © epicture/iStock/Thinkstock)

Weil die Quellen für Phosphatdünger weltweit zuneige gehen, benötigt die Landwirtschaft Alternativen. (Bildquelle: © epicture/iStock/Thinkstock)

Ohne Phosphor können Pflanzen nicht wachsen. Doch die weltweiten Vorräte für Phosphat-haltige Dünger gehen zuneige. Um gute Ernteerträge auch in Zukunft garantieren zu können, warfen Wissenschaftler einen Blick auf eine Pilz-Pflanzen-Symbiose.

Jedes Lebewesen benötigt Phosphor, denn das Element ist Bestandteil des Erbguts und für den Energiehaushalt unerlässlich. Pflanzen versorgen sich mit Phosphor in Form von Phosphat, indem sie Salze aus dem Boden aufnehmen. Wo der Phosphatgehalt im Boden nicht ausreicht, wird mit Düngemitteln nachgeholfen. Doch auch die Phosphatquellen zur Produktion von Düngemitteln sind nicht unendlich verfügbar. Noch sind diese unerlässlich, denn ohne ausreichende Phosphatversorgung würden die Ernteerträge unserer Nutzpflanzen einbrechen.

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Etwa 80 % aller Landpflanzen können mit arbuskuläre Mykorrhiza-Pilzen in Symbiose leben und so ihre Versorgung mit Phosphor sichern.

Etwa 80 % aller Landpflanzen können mit arbuskuläre Mykorrhiza-Pilzen in Symbiose leben und so ihre Versorgung mit Phosphor sichern.

Bildquelle: © andreusK/ iStock/ Thinkstock

Pilz versorgt Pflanze mit Phosphor

Wissenschaftler haben nun ihr Augenmerk auf eine bisher wenig beachtete Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen gerichtet, welche die Situation entspannen könnte. Etwa 80 Prozent der Landpflanzen können nämlich eine „Ehe“ mit bestimmten Pilzen eingehen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Pilz Phosphat aus dem Boden aufnimmt und an die Pflanzen abgibt, während er für seine Dienstleistung von der Pflanze mit Zucker versorgt wird. Bei den Pilzen handelt es sich um ausschließlich unterirdisch wachsende, arbuskuläre Mykorrhiza-Pilze. Mit ihren Hyphen dringen sie in die Wurzel der Pflanze ein, mit der sie in Symbiose leben. Nach den Strukturen, die sie dabei ausbilden, nennt man sie Arbuskel von lateinisch arbuscula, das Bäumchen.

Höherer Phosphorgehalt beeinflusst pflanzlichen Stoffwechsel unterschiedlich

Bislang war unklar, ob diese Symbiose auf alle Pflanzen die gleiche Wirkung ausübt. „Irrtümlich wurden bislang die an bestimmten Pflanzenarten gewonnenen Erkenntnisse auf andere Pflanzenarten übertragen. Doch so einfach ist es nicht“, erklärt Caroline Müller, die die Arbeitsgruppe Chemische Ökologie an der Universität Bielefeld leitet. Zusammen mit ihren Kollegen konnte sie zeigen, dass nicht alle Pflanzen gleich auf den Pilz reagieren. „Das gilt sogar für Pflanzenarten, die eng miteinander verwandt sind“, sagt Müller. In ihrer Studie haben die Wissenschaftler fünf Pflanzenarten (Spitzwegerich Plantago lanceolata, Breitwegerich Plantago major, Gamander Ehrenpreis Veronica chamaedrys, Schneckenklee Medicago truncatula und einjähriges Rispengras Poa annua) analysiert und geprüft, welche Stoffe in deren Blättern zu- oder abnehmen, wenn ihre Wurzeln mit dem Pilz infiziert sind. Für jede der Pflanzen erstellten die Forscher also einen metabolischen Fingerabdruck. Die Analyse zeigte, dass alle getesteten Pflanzen eine Gemeinsamkeit hatten: „Wenn sie mit dem Pilz in Symbiose waren, erhöhte sich bei allen der Gehalt an Phosphor in den Blättern“, so die Biologin Rabea Schweiger. Doch es zeigte sich, dass jede Pflanzenart nach eigenen Regeln funktioniert: „Spannend war, dass der Stoffwechsel jeder Pflanzenart jeweils ganz anders auf den Pilz und die pilzvermittelte höhere Phosphor-Dosis reagiert hat“, sagt Schweiger. So bildete beispielsweise die Arzneipflanze Spitzwegerich in Symbiose größere Mengen des Abwehrstoffs Catalpol, was die Wissenschaftler bei anderen Pflanzen nicht beobachten konnten.

Wie gelangt Phosphor in die Pflanze?

Etwa zeitgleich haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam herausgefunden, wie Phosphor mit Hilfe des Pilzes in die Pflanze gelangt. Wie ihre Kollegen von der Universität Bielefeld benutzten sie für ihre Untersuchungen den Wurzelpilz Rhizophagus irregularis, der mit weltweit vorkommenden arbuskuläre Mykorrhiza-Pilzen eng verwandt ist. Als Modellpflanze diente den Forschern der Schneckenklee (Medicago truncatula).

Auf dem Weg vom Pilz in die Pflanze muss das Phosphat die Membranen von Pflanzen- und Pilzzellen durchdringen. Dafür sind bestimmte Transport-Proteine verantwortlich, die pflanzenseitig in der sogenannten periarbuskulären Membran, also die Membran, welche die baumähnlichen Strukturen des Pilzes in den Pflanzen umhüllen, sitzen. „Unsere Aufgabe war es herauszufinden, woher die Energie für den Transport kommt. Dazu konnten wir auf frühere Arbeiten zurückgreifen, in denen es uns gelungen war, ein Gen des Schneckenklees zu identifizieren, das die Informationen für eine

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Phosphate werden aus Mineralen wie Apatit gewonnen, deren Hauptvorkommen in Nord- und Süfafrika, den USA, Russland und China liegen.

Phosphate werden aus Mineralen wie Apatit gewonnen, deren Hauptvorkommen in Nord- und Süfafrika, den USA, Russland und China liegen.

Bildquelle: ©MarclC/ iStock/ Thinkstock

Protonenpumpe enthält“, so Studienleiterin Franziska Krajinski. Essentiell für diesen Vorgang scheint eine Protonenpumpe zu sein, die ebenfalls in der periarbuskulären Membran lokalisiert ist und Protonen in den Zwischenraum zwischen Pilzmembran und periarbuskulären Membran pumpt. Diese Protonen außerhalb der Pflanzenzelle dienen den Transportproteinen als Energiequelle, mit deren Hilfe sie Phosphat in die Pflanzenzelle transportieren.

Die Wissenschaftler bestätigten ihre Vermutung, indem sie das Gen für die Protonenpumpe ausschalteten. Der Pilz besiedelte die Pflanze zwar trotzdem noch, aber unter Phosphatmangel-Bedingungen zeigten die nicht veränderten Pflanzen (der sogenannte Wild-Typ) ein deutlich besseres Wachstum als die Pflanzen ohne Protonenpumpe. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Wir konnten beweisen, dass ohne die arbuskuläre Protonenpumpe kein Phosphattransport vom Pilz in die Pflanze möglich ist“, sagt Franziska Krajinski, „Ohne diese Pumpe sind die Pflanzen nicht in der Lage, auf phosphatarmen Böden mit Hilfe der Mykorrhizasymbiose gut zu wachsen.“

Da die weltweiten Phosphatvorräte schwinden und eine übermäßige Phosphatdüngung zudem die Gewässer belastet, ist es wichtig, Alternativen zu finden, die ausreichende Ernteerträge garantieren. Mykorrhiza-Produkte werden bereits im Bioanbau als Ersatz für mineralischen Dünger verwendet, in der Zukunft könnten sie jedoch noch eine viel größere Rolle für die Nährstoffversorgung unserer Nutzpflanzen und damit auch für unsere Ernährung spielen.


Quellen:

  • Schweiger, R. et al. (2014): High specificity in plant leaf metabolic responses to arbuscular mycorrhiza. In: Nat Commun., 5:3886, (22. Mai 2014), doi: 10.1038/ncomms4886.
  • Krajinski, F. et al. (2014): The H+-ATPase HA1 of Medicago truncatula Is Essential for Phosphate Transport and Plant Growth during Arbuscular Mycorrhizal Symbiosis. In: Plant Cell. (29. April 2014), doi: 10.1105/tpc.113.120436.

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