Schon gewusst? Seegraswiesen in Gefahr

Klimawandel bedroht das Ökosystem des Mittelmeers

07.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die im Mittelmeer einheimische Seegrasart Posidonia oceanica bei Pozzuoli an der Westküste Italiens. Sie bietet ökologische Nischen für zahlreiche maritime Tierarten. Seegraswiesen sind einer der bedeutendsten Kohlenstoffspeicher weltweit. (Bildquelle: © Stephanie Helber / Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung)

Die im Mittelmeer einheimische Seegrasart Posidonia oceanica bei Pozzuoli an der Westküste Italiens. Sie bietet ökologische Nischen für zahlreiche maritime Tierarten. Seegraswiesen sind einer der bedeutendsten Kohlenstoffspeicher weltweit. (Bildquelle: © Stephanie Helber / Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung)

Der Anstieg der Meerestemperatur und des Salzgehalts sind eine Gefahr für indigene Seegrasarten im Mittelmeer. Auch die Ausbreitung invasiver Arten ist dafür mitverantwortlich.

Die Seegraswiesen im Mittelmeer spielen eine kritische Rolle als ökologische Nischen für zahlreiche marine Tierarten und dienen als wichtige CO₂-Senken.

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Seegraswiesen als Kohlenstoffspeicher

Seegraswiesen gehören zu den effizientesten Kohlenstoffsenken der Welt und sind damit für den Klimaschutz von großer Bedeutung:

  • Sie können pro Hektar jährlich etwa 83.000 Kilogramm CO₂ binden. Im Vergleich dazu bindet ein tropischer Regenwald pro Hektar und Jahr nur etwa 22.000 Kilogramm CO₂.
  • Obwohl Seegraswiesen nur etwa 0,2% des Meeresbodens bedecken, sind sie für etwa 10% der jährlichen Kohlenstoffbindung in den Ozeanen verantwortlich.
  • Ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung ist besonders effektiv, weil der Kohlenstoff in den Sedimenten unter den Wiesen über Jahrhunderte bis Jahrtausende gebunden wird.

Doch die Klimaerwärmung und die Einwanderung der invasiven Seegrasart Halophila stipulacea aus dem Roten Meer stellen eine ernsthafte Bedrohung für ihre Existenz dar.

Invasion aus dem Roten Meer

Das ist das Ergebnis einer Studie, die vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) geleitet wurde. Pedro Beca-Carretero, Biologe am ZMT und Erstautor der Studie, betont die Bedeutung des Suezkanals als Einfallstor für tropische Arten ins Mittelmeer, was das Gebiet zu einem Hotspot für marine Bioinvasionen macht.

Immenser Biodiversitätsverlust droht

Durch Modellierung verschiedener Klimaszenarien zeichnen die Forschenden ein düsteres Bild: Die Verschiebung von großen, langlebigen Seegrasarten zu kleineren, schnell wachsenden invasiven Arten könnte die Struktur und Funktion des Lebensraums vieler Tierarten stark beeinflussen. Dies hätte weitreichende Folgen für die biologische Vielfalt und die gesamte Küstenökologie des Mittelmeers.

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Die kleinwüchsige invasive Seegrasart Halophila stipulacea. Die Ausbreitung von dieser Art kann die Funktion der Seegras-Ökosysteme im Mittelmeer stören und die Kohlenstoffbindungskapazität mindern.

Die kleinwüchsige invasive Seegrasart Halophila stipulacea. Die Ausbreitung von dieser Art kann die Funktion der Seegras-Ökosysteme im Mittelmeer stören und die Kohlenstoffbindungskapazität mindern.

Bildquelle: © Stephanie Helber / Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Verlust von Ökosystemleistungen

Die Veränderungen in den Seegraswiesen betreffen nicht nur die direkte Meeresumwelt. Durch den Verlust von Ökosystemdienstleistungen der Seegraswiesen beschleunigt sich der Klimawandel und Wirtschaftszweige wie Fischerei und Gastronomie nehmen Schaden. Beca-Carretero plant, die entwickelten Modelle auch auf andere Meeresregionen anzuwenden, um die globalen Auswirkungen von Umweltveränderungen besser zu verstehen und zu bewerten.

Die Studie unterstreicht die dringende Notwendigkeit, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen und die Ausbreitung invasiver Arten zu kontrollieren. Nur so könnten die wertvollen Ökosysteme des Mittelmeers und die davon abhängigen Gemeinschaften effektiv geschützt werden.


Quelle:
Beca-Carretero, P. et al.: (2024): “Climate change and the presence of invasive species will threaten the persistence of the Mediterranean seagrass community”. In: Science of The Total Environment, Volume 910 (2024). doi: 10.1016/j.scitotenv.2023.168675

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Titelbild: Die im Mittelmeer einheimische Seegrasart Posidonia oceanica bei Pozzuoli an der Westküste Italiens. Sie bietet ökologische Nischen für zahlreiche maritime Tierarten. Seegraswiesen sind einer der bedeutendsten Kohlenstoffspeicher weltweit. (Bildquelle: © Stephanie Helber / Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung)