Weniger Insekten-Bestäubung durch Luftverschmutzung

Ozon, Abgase und Feinstaub stören die Tier-Pflanze-Interaktionen

19.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Eine Hummel bestäubt unwissentlich ein Löwenmäulchen. Angezogen wurde das Insekt von der Blüte der Pflanze und dem darin enthaltenen Nektar. (Bildquelle: © Jacek Halicki, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Eine Hummel bestäubt unwissentlich ein Löwenmäulchen. Angezogen wurde das Insekt von der Blüte der Pflanze und dem darin enthaltenen Nektar. (Bildquelle: © Jacek Halicki, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Ein Übersichtsartikel der Universität Würzburg fasst den aktuellen Wissensstand zusammen, wie die Insekten-Bestäubung durch Luftverschmutzung gestört werden kann. Dies gefährdet nicht nur die Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren, sondern kann auch die landwirtschaftliche Produktivität erheblich mindern.

Viele Pflanzen sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen. Die Tiere übertragen bei Blütenbesuchen die männlichen Pollenkörner auf die weiblichen Organe – ein essentieller Bestandteil der Reproduktion und die Voraussetzung für die Entwicklung von Samen und Früchten.

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Ozon kann aggressiv auf Pflanzen wirken. Dieses geschädigte Blatt des Ackersenfs zeigt weiße nekrotische Flecken. Hier ist das Gewebe stark geschädigt.

Ozon kann aggressiv auf Pflanzen wirken. Dieses geschädigte Blatt des Ackersenfs zeigt weiße nekrotische Flecken. Hier ist das Gewebe stark geschädigt.

Bildquelle: © Laura Duque

Insektensterben nicht das einzige Problem

Bereits der weltweit zu beobachtende Insektenschwund führt dazu, dass einige Wild- und Kulturpflanzenarten nicht mehr ausreichend bestäubt werden. Das zwingt Landwirte schon zu teilweise kuriosen Gegenmaßnahmen. Zum Beispiel übernehmen in der chinesischen Region Shaanxi seit einiger Zeit Heerscharen von Landarbeitern die Aufgabe, die Blüten von Apfelbäumen mühsam per Hand zu bestäuben. Natürliche Bestäuber wie Bienen sind in den Obstplantagen rar geworden - und ohne Bestäubung gibt es keine Äpfel. Auch Bestäubungsroboter könnten bald zum Einsatz kommen.

Die Würzburger Forscher:innen Laura Duque und Ingolf Steffan-Dewenter vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie zeigen nun mit ihrem Beitrag, dass auch Luftverschmutzung zu weniger Insektenbestäubung führen kann. Hauptsächlich verantwortlich sind Ozon, Dieselabgase und Feinstaub. 

Komplexe Interaktionen durch Schadstoffe gestört

Die Wirkungsweise von Schadstoffen kann dabei sehr unterschiedlich sein, resümieren die Autoren. Beispielsweise können bei einigen Arten die Entwicklungszeiten von Pflanzen und Bestäubern durch Ozon oder Stickoxide so ungünstig verschoben sein, dass zum Zeitpunkt der Blüte zu wenige Bestäuber zur Verfügung stehen. Es gibt auch Hinweise, dass die Wahrnehmung der Blüten durch Insekten beeinträchtigt werden kann. So gibt es Beispiele, dass durch Ozon sich die Blütenblattgröße verringert. Auch die durch Pigmente in den Blüten erzeugte „Leuchtkraft“ könne sich verändern und so die visuelle Anziehung der Insekten beeinträchtigen.

Verschmutzte Luft könne außerdem die Qualität der Pollen mindern oder grundlegende Veränderung in der Zusammensetzung von Pflanzen- und Insektengemeinschaften hervorrufen, so die Forscher:innen.

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Die Würzburger Forscher:innen untersuchen die Wirkung von Ozon auf die Pflanzenentwicklung in speziellen Begasungskammern.

Die Würzburger Forscher:innen untersuchen die Wirkung von Ozon auf die Pflanzenentwicklung in speziellen Begasungskammern.

Bildquelle: © Laura Duque

Oxidation der Duftstoffe

Wie fragil diese Interaktionen zwischen Blütenpflanzen und Bestäubern sein kann, zeigt auch eine aktuelle Studie aus den USA. Die Forschenden untersuchten die Auswirkungen von Ozon und dem NO3-Radikal aus Dieselabgasen auf die nächtliche Bestäubung der Nachtkerze (Oenothera pallida) durch Nachtfalter. Die Blüten der Pflanzen verströmen einen starken Duft, der jede Nacht die Falter anlockt. Doch Ozon und das Stickstoffradikal wirken als Oxidationsmittel und bauen die Duftstoffe - vor allem Monoterpene - in der Luft schnell ab. Dadurch finden die nachaktiven Schmetterlinge nicht mehr die Blüten. Das konnten die Forscher:innen auch mit Zahlen belegen: Die Blütenbesuche gingen bei ihren Messungen um ca. 70 Prozent zurück.

Weckruf für weitere Forschung

Insgesamt steckt die Forschung auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen. Für die meisten Pflanzenarten und Bestäuber liegen noch keine Daten vor.  „Weitere Forschungen sind wichtig, um die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bestäubern zu ermitteln, die am stärksten durch Luftverschmutzung gefährdet sind“, erklärt Laura Duque. „Mit unserem Artikel wollen wir Aufmerksamkeit auf die Risiken, die Luftverschmutzung für Insektenbestäubung bedeuten kann, und auf die Wichtigkeit entsprechenden Schutzmaßnahmen lenken“, so die Biologin.


Quellen:

  • Duque, L. und Steffan-Dewenter, I. (2024): „Air pollution: a threat to insect pollination“. In: Frontiers in Ecology and the Environment (9. Januar 2024). doi: 10.1002/fee.2701
  • Chan, J. K. et al. (2024): „Olfaction in the Anthropocene: NO3 negatively affects floral scent and nocturnal pollination“. In: Science, Vol. 383 (8. Februar 2024), doi: 10.1126/science.adi0858

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Titelbild: Eine Hummel bestäubt unwissentlich ein Löwenmäulchen. Angezogen wurde das Insekt von der Blüte der Pflanze und dem darin enthaltenen Nektar. (Bildquelle: © Jacek Halicki, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)