Ewiger Glanz
Der metallene Glanz von Pollia condensata Beeren scheint einzigartig in der Natur und ist garantiert farbecht. Nicht Farbpigmente, sondern unterschiedliche Mikrostrukturen in den Zellwänden erzeugen das schillernde Blau der Früchte.
Ist die echt? Wer die Pflanze Pollia condensata zum ersten Mal sieht, könnte sie glatt für Garten-Deko halten. Wie schillernde Metallperlen türmen sich die Früchte in dem Blütenstand der afrikanischen Pflanze. Der starke, metallene Glanz ist so einzigartig in der Natur, dass Physiker die Optik der Beeren genauer unter die Lupe nahmen.
Die leuchtend blaue Farbe kommt demnach nicht durch Farbpigmente, sondern winzige Strukturen in der äußeren Fruchtwand zustande. Deren Zellwände bestehen aus einer mehrlagigen Schicht schraubenförmig geschichteter Zellulosefasern. Je nach Anordnung und Drehung der Mikrofasern wird auch das Licht in unterschiedlichen Polarisationsrichtungen und Wellenlängen reflektiert. Durch Variationen in der Zellwandstruktur kann der Lichteffekt von Zelle zu Zelle unterschiedlich ausfallen und erzeugt so das blaue Schillern der Früchte - ganz ohne Pigmente. Der Überzug mit einer transparenten, glatten Cutikula sorgt schließlich für den lackartigen Glanz der Früchte.
Sieht nur gut aus
Hinter der strukturbasierten Farbgebung, so vermuten die Wissenschaftler, steckt eine besondere Strategie der Pflanze, mit geringem Energieaufwand ihre Samen zu verbreiten. Denn die Früchte von Pollia condensata sind eine Mogelpackung. Ihr Inneres enthält kein Fruchtfleisch - sie sind einfach nur hübsch anzusehen. Vögel sammeln die Beeren trotzdem, um damit ihre Nester in der Balzzeit zu schmücken. Möglicherweise lassen sie sich auch täuschen, weil die Beeren denen der Pflanze Psychotria peduncularis ähnlich sehen. Die buschartige Pflanze hat ein ähnliches Verbreitungsgebiet und ihre Beeren sind bei Vögeln eine beliebte Nahrung.
Schmackhafte Früchte der Nachbarn nachzuahmen könnte demnach ein weiterer Grund sein, warum die Pollia condensata Beeren so auffallend gefärbt sind. Die Pflanze spart sich auf diese Weise die Kosten, schmackhafte, nährstoffhaltige Früchte zu erzeugen und sichert trotzdem die Verbreitung ihrer Samen. Ohne Fruchtfleisch und Farbpigmente verrotten die Beeren außerdem viel langsamer und bleiben auch wenn die Pflanze schon lange vertrocknet ist für Vögel attraktiv.
Farbgebung durch Mikrostrukturen ist besonders bei Tieren kein neues Phänomen. Die schillernden Farben vieler Käferarten beruhen ebenfalls auf einer Reflektion des Lichtes durch schraubenförmig angeordnete Mikrofibrillen im Chitinpanzer. Das jede Zelle dabei andere Lichteffekte erzeugt, ist jedoch ein Novum in der Natur, das bisher nur bei Pollia condensata entdeckt wurde. Die Reflektion der Früchte ist so stark, dass der helle Glanz sogar den des Morpho-Schmetterlings übertrifft, der für sein strahlendes Blau berühmt ist.
Ungiftig und farbecht
Wissenschaftler hoffen langfristig die Zellulosestrukturen nachzubauen, um beispielsweise ungiftige Lebensmittelfarbstoffe herzustellen. Wie genau die unterschiedlichen Zelluloseraster in Pflanzen entstehen, ist jedoch noch unklar. Eine der Hypothesen ist, dass Vielfachzucker wie Hemizellulose beim Zusammenbau der Zellulosefasern helfen, diese nach einem vererbten Muster links- oder nach rechtsdrehend auszurichten.
Farben ohne Pigmente könnten möglicherweise auch die Herstellung von Banknoten vereinfachen. Ein Wasserzeichen, das aus
Zellulosestrukturen besteht, sei schließlich so gut wie fälschungssicher.
Quellen:
Vignolini, S. et al. (2012): Pointillist structural color in Pollia fruit. In: PNAS. Online Publikation, 10. September 2012, doi: 10.1073/pnas.1210105109.