Lange haltbar!

2 000 Jahre alte Dattelsamen gekeimt

06.03.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hier noch frisch: Der Samen einer Dattelfrucht. Doch auch 2 000 Jahre alte Samen konnten im Rahmen einer Studie zum Keimen gebracht werden. (Bildquelle: © iStock.com/October22)

Hier noch frisch: Der Samen einer Dattelfrucht. Doch auch 2 000 Jahre alte Samen konnten im Rahmen einer Studie zum Keimen gebracht werden. (Bildquelle: © iStock.com/October22)

Sechs Dattelsamen aus dem historischen Judäa sind im Rahmen einer Studie zu kleinen Palmen herangewachsen. Die Samen stammen aus archäologischen Ausgrabungen und belegen, wie lange Samen überlebensfähig sein können. Das neu gewonnene Wissen über die historischen Dattelpalmen kann für die Züchtung moderner Sorten eingesetzt werden.

Datteln werden auch das „Brot der Wüste“ genannt. Denn Dattelpalmen (Phoenix dactylifera) wachsen gut in heißen (semiariden) Gebieten und ihr Fruchtfleisch hat einen sehr hohen Zucker- und demnach Kaloriengehalt. Einst war Judäa, das Königreich Juda im Süden des heutigen Israels, bekannt für seine vielen und qualitativ hochwertigen Datteln. Die sogenannten „Judäischen Datteln“ wurden in Plantagen rund um Jericho und das Tote Meer angebaut. Gelehrte beschrieben deren Früchte als außerordentlich groß und von süßem Geschmack – ihnen wurde darüber hinaus lange Haltbarkeit sowie medizinische Eigenschaften zugeschrieben. Doch Kriege und Eroberungen in der Region haben auch die legendären Dattelplantagen und das Wissen über die Anbaumethoden zerstört.

Kleine Sensation  

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Ruine von Masada: Bei Ausgrabungen in Israel wurden in der Felsenfestung Masada historische Dattelsamen gefunden.

Ruine von Masada: Bei Ausgrabungen in Israel wurden in der Felsenfestung Masada historische Dattelsamen gefunden.

Bildquelle: © doubanban/Pixabay/CC0

Zwischen 1963 und 1991 gab es archäologische Ausgrabungen und Untersuchungen an mehreren Orten in der Wüste des historischen Judäa, darunter der Felsenfestung Masada – erbaut von König Herodes dem Großen. Dabei wurden auch Dattelsamen gefunden, die anschließend bei Raumtemperatur gelagert wurden.

Bereits im Jahr 2005 gelang es einem Team um Sarah Sallon, einen Samen zum Keimen zu bringen. Er wurde Methuselah genannt und die Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht (Sallon et al., 2008).

Über 10 Jahre später starteten sie einen weiteren Versuch: Aus einer Sammlung von vielen hundert Dattelsamen wurden 34 intakte ausgewählt. Sie wurden 24 Stunden lang in warmem Wasser eingeweicht, danach mit Hormon- sowie Düngerlösungen versorgt und in sterile Blumenerde gepflanzt. Zwei wurden nicht eingetopft – einer als Kontrolle und ein weiterer, weil er nach der Behandlung beschädigt war. Am Ende keimten sechs Samen. Diese erhielten die biblischen Namen Adam, Boaz, Hannah, Jonah, Judith und Uriel.

Rund 2 000 Jahre alt und besonders groß

Mithilfe der Radiokarbonmethode konnte das Team das Alter der Samen ermitteln. Methuselah aus der vorherigen Studie sowie Hannah und Adam aus der aktuellen Studie sind die ältesten Samen (1. bis 4. Jahrhundert v. Chr.), Uriel und Jonah sind die jüngsten (1. bis 2. Jahrhundert n. Chr.) und Judith und Boas liegen im Mittelfeld (Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. bis Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr.).

Die Wissenschaftler konnten signifikante Unterschiede zwischen den alten Samen und denen moderner Sorten sowie von wilden Exemplaren festgestellen. Verglich man die modernen Sorten mit den „alten“, so waren die historischen Samen ca. 34 Prozent länger und 25 Prozent breiter. Interessant ist auch, dass die historischen Samen durchschnittlich 65 Prozent länger und rund 40 Prozent breiter waren als heutige wilde Proben.

Damit waren höchstwahrscheinlich auch deren Datteln signifikant größer als die wilder oder heutiger Sorten. Das spricht übrigens auch dafür, dass die historischen Plantagenbetreiber bereits eifrige Züchter waren, denn die schon damals angepriesenen Früchte könnten das Ergebnis von gezielten Kreuzungen sein.

In der Zukunft könnten sie Früchte tragen

Über die Eigenschaften der historischen Früchte wird man noch länger nur spekulieren können, da die Pflanzen erst nach einigen Jahren Blüten bilden. Die Forscher werden dann die weiblichen historischen Pflanzen mit dem Pollen der männlichen Exemplare bestäuben. Eventuell kann man dann das historische Material auch für moderne Züchtungsprogramme nutzbar zu machen.

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So sieht Methuselah, der erste gekeimte Samen, nach ca. 10 Jahren Wachstum aus. Er steht in Kibbutz Ketura, Israel.

So sieht Methuselah, der erste gekeimte Samen, nach ca. 10 Jahren Wachstum aus. Er steht in Kibbutz Ketura, Israel.

Bildquelle: © DASonnenfeld / wikimedia.org / CC BY-SA 4.0

Genetische Mischung

Es wurden auch genetische Analysen durchgeführt. Dabei fand das Team eine Mischung aus den beiden hoch differenzierten Genpools, die bei modernen Dattelsorten unterschieden werden: Der östlichen Population, bestehend aus Sorten, die sich vom Nahen Osten und der arabischen Halbinsel bis nach Nordwestindien und Pakistan erstrecken, und der westlichen Population, die man in Nord- und Subsahara-Afrika findet.

Methusalem, Hannah und Adam sind die östlichsten Genotypen, obwohl man auch bei Ihnen Erbgut aus dem westlichen Genpool fand, was auf frühere Kreuzungen schließt. Boas und Judith sind am stärksten vermischt. Jonas und Uriel sind die westlichsten Genotypen.

Vergleicht man die Genotypen mit heutigen Sorten, ergab sich folgendes Muster: Methusalem und Adam sind am stärksten verwandt mit den modernen Sorten Fardh4 bzw. Khalass vom Arabischen Golf; Hannah und Judith mit den irakischen Sorten Khastawi bzw. Khyara; Uriel, Boas und Jonah mit den marokkanischen Sorten Mahalbit, Jihel bzw. Medjool. Demnach belegen die genetischen Analysen, dass die einstigen Dattelanbauer in der Tat bereits geschickte Züchter waren. 

Lange konserviert

Über die Mechanismen, die die Langlebigkeit von Saatgut bestimmen, ist wenig bekannt. Doch die richtige und vor allem trockene Lagerung ist für die Keimfähigkeit enorm wichtig. Höchstwahrscheinlich hat die besondere Langlebigkeit der Dattelsamen mit den speziellen klimatischen und Umweltbedingungen rund um das Tote Meer zu tun. Hitze sowie geringer Niederschlag und sehr niedrige Luftfeuchtigkeit könnten die Samen über all die Zeit konserviert haben. Aber auch die ungewöhnliche Größe der Samen spielte wohl eine Rolle. Je mehr genetisches Material vorhanden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ausreichend DNA intakt bleibt.


Quelle:
Sallon, S. et al. (2019): Origins and insights into the historic Judean date palm based on genetic analysis of germinated ancient seeds and morphometric studies. In: Science Advances, (05. Februar 2020), doi: 10.1126/sciadv.aax0384

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Titelbild: Hier noch frisch: Der Samen einer Dattelfrucht. Doch auch 2 000 Jahre alte Samen konnten im Rahmen einer Studie zum Keimen gebracht werden. (Bildquelle: © iStock.com/October22)