Immun-Zick-Zack

Interaktion zwischen Pilz-Effektor und Mais-Abwehr teilweise aufgeklärt

17.05.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Aufnahme zeigt eine Maispflanze, die mit dem Pilz Ustilago maydis infiziert ist. (Bildquelle: © Khong-Sam Chia)

Die Aufnahme zeigt eine Maispflanze, die mit dem Pilz Ustilago maydis infiziert ist. (Bildquelle: © Khong-Sam Chia)

Im Kampf zwischen Pflanzen und Krankheitserregern ist im Laufe der Evolution ein mehrstufiges Wechselspiel aus Aktion und Reaktion entstanden. Jetzt hat ein Forschungsteam analysiert, wie der Pilz-Effektor Rip1 und die Abwehr von Mais interagieren.

Es ist ein lautloses, aber permanentes Wettrüsten, dass sich in den Pflanzen dieser Welt abspielt: Krankheitserreger befallen Pflanzenzellen und entwickeln Methoden, an die dortigen Nährstoffe zu gelangen und sich zu vermehren. Umgekehrt verfügt die Pflanze über die sogenannte Muster-getriggerte Immunität. Dazu produzieren die Pflanzenzellen Moleküle, die entweder Bestandteile der Pathogene oder eine eigene Verwundung erkennen und Abwehrreaktionen einleiten. Im Laufe der Evolution haben die Erreger „gelernt“ Moleküle zu produzieren, die diese Abwehr blockieren oder irreführen – Fachleute sprechen von Effektoren und der Effektor-getriggerten Anfälligkeit.

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Gesunder Mais: Für die Landwirtschaft ist das zunehmende Verständnis der Interaktion zwischen Effektoren und pflanzlichem Immunsystem von großer Bedeutung.

Gesunder Mais: Für die Landwirtschaft ist das zunehmende Verständnis der Interaktion zwischen Effektoren und pflanzlichem Immunsystem von großer Bedeutung.

Bildquelle: © Rajesh Balouria / Pixabay

Doch auch dagegen entstanden in vielen Fällen neue pflanzliche Verteidigungsmechanismen: die Effektor-getriggerte Immunität. Diese Reaktion ist besonders heftig und erkennt spezifische Muster einzelner Erregermoleküle. Jetzt hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Institutes für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und der Universität Bonn solche Wechselwirkungen zwischen Mais und dem Schadpilz Ustilago maydis genauer untersucht.

Abwehrenzym Lipoxygenase erhöht Anfälligkeit

Bei seiner Besiedlung schüttet der als Maisbrand bekannte Pilz eine ganze Reihe unterschiedlicher Effektoren aus. Aus einer früheren Studie wussten die Forscherinnen und Forscher, dass dieser Effektor-Cocktail unter anderem die Genaktivität der pflanzlichen Lipoxygenase Zmlox3 beeinflusst, um sich erfolgreich zu vermehren. Die neue Studie sollte nun zeigen, welcher Effektor dabei entscheidend ist und wie diese Interaktion genau abläuft.

Molekularbiologische Analysen führten das Team schließlich zum ROS burst interfering protein (Rip1). Zahlreiche andere Schadpilze besitzen ebenfalls konservierte Orthologe zum rip1-Gen. Zunächst charakterisierten die Fachleute das 166 Aminosäuren lange Protein, das über keine bekannten funktionalen Domänen oder Motive verfügt, mit Ausnahme eines 26 Aminosäuren langen Signalpeptids am N-Terminus. Das Protein lässt sich gehäuft an den Rändern der Pilzhyphen und in den Pilzspitzen nachweisen – ein Hinweis, dass das Protein hier vom Pilz in die infizierten Pflanzenzellen ausgeschieden wird. Die Ausscheidung wird vom Signalpeptid gesteuert, denn ohne Signalpeptid verteilen sich die Rip1-Proteine bei entsprechenden Mutanten diffus in der Pilzzelle.

Effektor Rip1 verlagert Zmlox3 in den Zellkern

Erkennt die Pflanze den Erreger, kommt es zur explosionsartigen Vermehrung reaktiver Sauerstoffspezies, die sowohl Teil der Muster- als auch der Effektor-getriggerten Immunität sind. Das dient als Signal zur Einleitung von Abwehrreaktionen, z. B. dem programmierten Zelltod. Er verhindert die Vermehrung des Erregers in infizierten Pflanzenzellen.

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Bildquelle: © Howard F. Schwartz, Colorado State University, United States/wikimedia.org; CC BY 3.0

Analysen des Forschungsteams zeigten, dass Rip1 die Entstehung reaktiver Sauerstoffspezies unterdrückt. Dazu bindet Rip1 direkt an Zmlox3 und verlagert das Enzym in den Zellkern. Unabhängig von der enzymatischen Aktivität von Zmlox3 bewirkt diese Verlagerung, dass die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies zurückgeht. Damit lässt zumindest zum Teil der dämpfende Effekt von Rip1 auf die pflanzlichen Abwehrmechanismen erklären, folgert die Studie. Rip1 scheint aber noch weitere Ziele in der Zelle zu haben, um die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies zu begrenzen – eine Gemeinsamkeit mit einigen anderen Effektoren.

Diese Beobachtung begründet auch, weshalb Mais-Mutanten, bei denen Zmlox3 ausgeschaltet wurde, resistenter gegen Infektionen sind. Eigentlich sollte man erwarten, dass die Pflanze ohne dieses Protein weniger reaktive Sauerstoffspezies bildet und anfälliger ist. Tatsächlich konnten die Forscherinnen und Forscher auch dieses Phänomen für die Mais-Mutanten beobachten – aber erst nachdem sie im Pilz Rip1 ausgeschaltet hatten. Das Abwehrmolekül Zmlox3 wird demnach zu einem Anfälligkeitsfaktor, wenn ein Pathogen über den Effektor Rip1 verfügt. Das passt zu früheren, augenscheinlich widersprüchlichen Studien, in denen Zmlox3 abhängig vom Krankheitserreger mal die Anfälligkeit des Wirts verstärkt und mal abgeschwächt hat.

Für die Landwirtschaft ist das zunehmende Verständnis der Interaktion zwischen Effektoren und pflanzlichem Immunsystem von großer Bedeutung. Es könnte sowohl züchterische Ansätze eröffnen, um die Immunität zu unterstützen, aber auch die Entwicklung spezifischer Pflanzenschutzmittel gegen bestimmte Schädlinge ermöglichen.


Quelle:
Saado, I. et al. (2022): Effector-mediated plant lipoxygenase protein relocalisation triggers susceptibility. In: The Plant Cell, (5. Mai 2022), doi: 10.1093/plcell/koac105.

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Titelbild: Die Aufnahme zeigt eine Maispflanze, die mit dem Pilz Ustilago maydis infiziert ist. (Bildquelle: © Khong-Sam Chia)