INNO GRAIN-MALT: Besseres Malz für unser Bier
„Ein Quantensprung bei der Aufklärung des komplexen Merkmals Brauqualität“
Um gutes Bier zu brauen, benötigt man gute Zutaten. Ein Bestandteil von Bier ist Malz. Das wird hauptsächlich aus Gerste hergestellt. Das PLANT 2030-Projekt „INNO GRAIN-MALT“ forscht daran, Gerste zu entwickeln, die widerstandsfähiger ist gegen Trockenheit und zudem eine höhere Brauqualität und einen besseren Samenertrag aufweist. Pflanzenforschung.de sprach darüber mit Projektkoordinator Dr. Viktor Korzun, KWS LOCHOW GMBH, und mit Prof. Dr. Andres Graner vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), dem Projektpartner in Gatersleben.
Pflanzenforschung.de: In Deutschland gibt es über 1.300 Brauereien, damit nehmen wir in Europa eine Spitzenposition ein. Für die Bierproduktion benötigt man Gerste mit guter Braueignung. Qualitativ hochwertige Braugerste ist also gefragt. Könnten Sie kurz erklären woran Sie genau forschen?
Dr. Korzun: Mälzereien, die Malz aus Getreide herstellen, und Brauereien, die den Malz zur Bierproduktion nutzen, wollen nur eins: Viel und qualitativ hochwertige Braugerste. Diesem Bedarf stehen wechselnde Umweltbedingungen gegenüber, die sich auf die Gerste auswirken. Zum Beispiel Trockenheit und Hitze. Am negativsten wirken sie sich in der Kornfüllungsphaseaus und verringern die Erträge und die Qualität des Malzes. Das ist zwar eine kurze Phase, aber wenn Trockenheit und hohe Temperaturen in der Zeit auftreten, wird daraus ein großes Problem.
In unserem Projekt „INNO GRAIN-MALT“ verbinden wir beide Aspekte. Wir legen die Basis für neue Gerstensorten, die widerstandsfähiger gegen Trockenheit sind, gute Erträge liefern und gleichzeitig eine bessere Braueignung besitzen. Dazu untersuchen wir auch die molekularen Grundlagen der Brauqualität.
Pflanzenforschung.de: Dann verknüpfen Sie in dem Projekt Grundlagen- mit angewandter Forschung.
Dr. Korzun: Genau. Für bestimmte Fragestellungen in der Pflanzenzüchtung müssen wir Grundlagenforschung betreiben und die zugrunde liegenden Mechanismen verstehen. Es ist nicht genug, nur das äußere Erscheinungsbild (Phänotyp) zu betrachten, wir müssen auch die verantwortlichen Gene und deren Wirkung untersuchen. Dieses Wissen verknüpfen wir mit der Entwicklung von molekularen Markern. Sie werden in der Praxis benötigt, um angepasstere und bessere Sorten zu züchten.
Pflanzenforschung.de: Was bestimmt die Brauqualität?
Prof. Graner: Brauqualität ist eine sehr komplexe Eigenschaft, die durch das Zusammenspiel vieler einzelner Komponenten bestimmt ist, z. B. dem Protein- oder ß-Glucangehalt. Will man die Brauqualität einer Probe prüfen, muss man alle einzelnen Qualitätsparameter und deren Wechselspiel betrachten. Das ist sehr aufwändig. Wir haben im Projekt zwei Gerstenlinien gekreuzt und alle Nachkommenlinien auf diese Merkmale hin untersucht. Dabei haben wir Malz aus diesen Linien in sogenannten Kleinmälzungen von der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin e. V. (VLB) herstellen lassen und dieses auf die Braueigenschaften geprüft.
Pflanzenforschung.de: Was ist eine Kleinmälzung?
Prof. Graner: Eine Kleinmälzung ist nichts anderes als eine Mälzung im industriellen Maßstab. Der einzige Unterschied ist, dass bei der Kleinmälzung keine Tonnen, sondern nur wenige hundert Gramm zu Malz verarbeitet werden. Bei einer Kleinmälzung kann jede Qualitätskomponente der einzelnen Probe genau nachgewiesen werden.
Natürlich sind solche Kleinmälzungen und die anschließenden chemischen Analysen der Malze aufwendig und sehr teuer. In einem Forschungsprojekt kann diese Arbeit geleistet werden, nicht aber in der züchterischen Praxis.
Dr. Korzun: Daher sind wir Züchter sehr daran interessiert, für die Brauqualitätsmerkmale genetische Marker zu haben. Durch sie kann bereits in frühen Generationen bestimmt werden, ob das Zuchtmaterial eine gute oder eine schlechte Braueignung hat.
Pflanzenforschung.de: Malz ist gekeimtes Getreide, z. B. Gerste. Weshalb benötigt man den Vorgang des Mälzens beim Bierbrauen? Warum können nicht einfach Gerstenkörner genutzt werden?
Prof. Graner: Der Brauer benötigt Malz, da er der Grundstoff für den Alkohol ist: Hefen vergären beim Bierbrauen den im Malz enthaltenen Zucker zu Alkohol. Ein reifes Gerstenkorn besteht im Wesentlichen aus Stärke, Eiweißen und einem Keimling. Würde man der Hefe nur gemahlene Gerstenkörner geben, könnte sie daraus jedoch keinen Alkohol herstellen. Hefen können nur Einfach- und Zweifachzucker verwerten. Im Korn sind allerdings in erster Linie Mehrfachzucker in Form von Stärke enthalten. In der Mälzerei lässt man die Gerstenkörner deshalb ankeimen. Der Prozess dauert ca. fünf bis sieben Tage. Durch das Keimen werden im Korn Enzyme gebildet, die in der Lage sind, die Stärke abzubauen. Die Körner werden quasi vorverdaut. Nachdem in der sogenannten Maische (heißes Wasser und Malz) die Stärke enzymatisch umgewandelt wurde, gehen die Hefen ans Werk.
Pflanzenforschung.de: Wird der Klimawandel die Bierproduktion beeinflussen?
Prof. Graner: Der Klimawandel wird Auswirkungen auf die Brauqualität der Gerste haben, z. B. wenn er sich in vermehrter Trockenheit niederschlägt. Es wird eine Herausforderung für die Pflanzenzüchter darstellen, Sorten mit den erforderlichen Qualitätsanforderungen züchten zu können, die ihre Qualität auch unter sich verändernden und unter stärker wechselhaften Umweltbedingungen behalten.
Da man Bier aus allen möglichen Getreiden und stärkehaltigen Pflanzen brauen kann, wird der Biervorrat nicht versiegen. Es ist letztlich eine Frage der Qualität und des Geschmacks. Das wird unsere Brauereien beschäftigen. Daher sind unsere Arbeiten an Gerste wichtig.
Pflanzenforschung.de: Wie bewerten Sie den praktischen Effekt, den dieses Projekt haben wird?
Prof. Graner: Man kann sagen, das Projekt wird zu einem Quantensprung bei der Aufklärung des komplexen Merkmals Brauqualität führen. Durch die Erkenntnisse, die für die Anwendung relevant sind, hat es einen hohen kommerziellen Wert. Letztlich kann es dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Brauereien zu erhalten und die der deutschen Pflanzenzüchtung zu stärken.
Dr. Korzun: Der züchterische Prozess ist langwierig. Es ist nichts, was in 24 Stunden passiert. Es braucht viele Jahre teilweise Jahrzehnte Vorlauf. Ich gehe aber davon aus, dass wir in Zukunft Sorten auf den Markt bringen können, die auf den Erkenntnissen des Projektes beruhen.
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt: Das grundlegende Wissen, das wir über Gerste und deren Anpassungen an den Klimawandel erhalten kann, zwar nicht 1:1, aber doch in sehr großen Teilen auch auf Weizen übertragen werden. Und Weizen ernährt die Welt und ist deshalb eine der weltweit wichtigsten Getreideart.
Pflanzenforschung.de: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Zum Weiterlesen:
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Titelbild: Ziel des Projektes INNO GRAIN-MALT ist es, die Malz- und Brauqualität von Gerste unter wechselnden Umweltbedingungen zu verbessern. (Bildquelle: © HappyAlex - Fotolia.com)
PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationale Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ und die Ausschreibungen des transnationalen Programms „PLANT-KBBE“, an denen sowohl Wissenschaftler aus dem akademischen Bereich als auch privatwirtschaftliche Unternehmen beteiligt sind.
Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030