Schon gewusst? Moorschutz ist Klimaschutz

Renaturierung und Bewirtschaftung von Mooren – passt das zusammen?

19.05.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Moor hatte lange Zeit einen schlechten Ruf – es galt als ebenso unheimlich wie gefährlich. Heute wissen wir: Moore sind schützenswerte CO2-Speicher. (Bildquelle: © Marisa04 / Pixabay)

Das Moor hatte lange Zeit einen schlechten Ruf – es galt als ebenso unheimlich wie gefährlich. Heute wissen wir: Moore sind schützenswerte CO2-Speicher. (Bildquelle: © Marisa04 / Pixabay)

Feuchtgebiete speichern Kohlenstoff effizienter als andere Ökosysteme und leisten so einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz. Sie müssen geschützt und gegebenenfalls renaturiert werden. Das ist das Fazit einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde. In Deutschland fördert das Umweltministerium vier Pilotprojekte, die bis zum Jahr 2030 Lösungen für die Bewirtschaftung von wiedervernässten Mooren erarbeiten sollen.

Die Klimakrise führt dazu, dass Forschende sich die Frage stellen, wie CO2 in der Atmosphäre reduziert und als Kohlenstoff in Ökosystemen längerfristig gebunden werden kann. Neben Wäldern und Ozeanen, die große Teile der Erdoberfläche bedecken, spielen Feuchtgebiete eine wichtige Rolle.

Feuchtgebiete sind die Superstars der CO2-Speicherung

Feuchtgebiete sind laut Ralph Temmink von der Universität Utrecht echte „‚Hotspots‘ für die CO2-Speicherung“. Denn sie lagern im Vergleich zu anderen Ökosystemen ein Vielfaches an Kohlenstoff pro Quadratmeter ein – fünfmal mehr als Wälder und 500-mal mehr als Ozeane. Konkret bedeutet das: Obwohl Moore, Salzwiesen, Mangrovenwälder und Seegraswiesen nur ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, speichern sie etwa 20 Prozent des in Ökosystemen gebundenen Kohlenstoffs. Das zeigt eine neue Studie von Forscher:innen des Niederländischen Instituts für Meeresforschung, der Radboud-Universität Nijmegen sowie der Universitäten Utrecht, Groningen und Greifswald.

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Der Abbau von nährstoffreichem Torf zerstört Hochmoore. Ehemals als Brennstoff genutzt, wird Torf heute im Gartenbau zur Bodenverbesserung oder in der schottischen Whiskey-Produktion eingesetzt.

Der Abbau von nährstoffreichem Torf zerstört Hochmoore. Ehemals als Brennstoff genutzt, wird Torf heute im Gartenbau zur Bodenverbesserung oder in der schottischen Whiskey-Produktion eingesetzt.

Bildquelle: © bernswaelz / Pixabay

Doch was steckt hinter dem enormen Speicherpotenzial? Kohlenstoffablagerungen im Boden und das Pflanzenwachstum haben einen positiven Effekt aufeinander. Beispielsweise bei Mooren: In wassergesättigten Milieus werden kohlenstoffreiche Pflanzenreste aufgrund des Sauerstoffmangels kaum zersetzt und lagern sich im Boden ab. Die lebenden Pflanzen profitieren von den Nährstoffen, die die Pflanzenreste freisetzen, bis sie selbst absterben. So wird der Kohlenstoff über die Pflanzenreste langfristig im Boden gespeichert. Oder zumindest bis der Mensch eingreift.

Hohe CO2-Emissionen durch Zerstörung von Feuchtgebieten

Die Zerstörung von Feuchtgebieten ist für etwa fünf Prozent der globalen CO2-Emissionen pro Jahr verantwortlich. Auch in Deutschland stammten 2019 knapp sieben Prozent der ausgestoßenen Treibhausgase aus zerstörten Moorböden. Hier rächt sich, dass in den letzten 300 Jahren bis zu 95 Prozent der deutschen Moore trockengelegt wurden – für die Landwirtschaft und für die Gewinnung von Torf zum Heizen. Bei der Entwässerung reagieren im Boden gespeicherter Kohlenstoff und Stickstoff mit Sauerstoff und gelangen als CO2 und das etwa 300-mal klimaschädlichere Lachgas in die Atmosphäre.

Für die Forscher:innen ist die Lage daher glasklar: Es ist wichtig, „die noch gut erhaltenen Moore streng zu schützen und die entwässerten, degradierten Moore möglichst schnell wiederzuvernässen und zu restaurieren“, betont Hans Joosten von der Universität Greifswald. „Die gute Nachricht ist, dass wir immer besser wissen, wie wir das großflächig machen sollen.“

Regenerierung von Feuchtgebieten muss Landwirtschaft einbeziehen

In Deutschland sieht die Nationale Moorschutzstrategie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) vor, die Treibhausgasemissionen aus Moorböden bis 2030 um 5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent zu reduzieren. Doch können trockengelegte Moore renaturiert und gleichzeitig landwirtschaftlich genutzt werden? Das wäre eine Win-win-Situation. Das BMUV fördert vier Pilotprojekte zum Moorbodenschutz, die sich dieser Frage stellen, mit 48 Millionen Euro.  

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Produktmuster aus Paludikultur-Biomasse: Verpackungen, Papiere, Bauplatten.

Produktmuster aus Paludikultur-Biomasse: Verpackungen, Papiere, Bauplatten.

Bildquelle: © Carsten Lühr / ATB

Das Projekt „BluMo“ in Brandenburg untersucht, wie wiedervernässte Moore bewirtschaftet werden können. Eine große Herausforderung, denn die land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Mooren, Paludikultur genannt, funktioniert nur mit Pflanzen, die auf nassen, sauerstoffarmen Böden wachsen. Typische Moorpflanzen wie Schilfrohr oder Segge werden bisher jedoch noch nicht stofflich verwertet.

Dr. Ralf Pecenka vom Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie erklärt: „Unser Ziel ist es, Verfahren zur Herstellung von Fasern aus Paludikultur-Biomasse für Torfersatz, Einstreupellets oder Plattenwerkstoffe zu entwickeln.“ Erste Vorschläge für die nachhaltige Verwertung der produzierten Biomasse durch Kaskadennutzung werden bis 2027 erwartet, danach sollen bis 2030 regionale Konzepte für die Wertschöpfung entwickelt werden. Dann wird sich zeigen, ob Landwirtschaft und Moorschutz nicht nur koexistieren können, sondern auch wirtschaftlich zusammen ein Erfolgskonzept sind.


Quelle:
Temmink, R.J. et al. (2022): Recovering wetland biogeomorphic feedbacks to restore the world’s biotic carbon hotspots. In: Science, 376(6593), (6. Mai 2022), doi: 10.1126/science.abn1479.

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Titelbild: Das Moor hatte lange Zeit einen schlechten Ruf – es galt als ebenso unheimlich wie gefährlich. Heute wissen wir: Moore sind schützenswerte CO2-Speicher. (Bildquelle: © Marisa04 / Pixabay)