Steinzeit-Ernährung in Qujialing

Lotuswurzeln, Hiobstränen und Eicheln

13.12.2022 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Lotusblüte ist eine weit verbreitete Nahrungspflanze in Zentralchina. (Bildquelle: © lamosi / Pixabay)

Die Lotusblüte ist eine weit verbreitete Nahrungspflanze in Zentralchina. (Bildquelle: © lamosi / Pixabay)

Lange Zeit lebten die Menschen als Jäger und Sammler. Dann erfanden sie die Landwirtschaft. Spannend ist, wie sehr sich die Ernährungsgewohnheiten der Menschen im Zuge dessen gewandelt haben. Jetzt liegen neue Erkenntnisse darüber aus der Region Qujialing in China vor. Dort aßen die Menschen in der Jungsteinzeit neben Reis und Hirse auch Lotuswurzeln, Hiobstränen, Eicheln, Chinesische Yams und Bohnen. Doch je mehr Reis auf den Feldern wuchs, desto weniger vielfältig wurde die Ernährung der Menschen.

China ist das einzige Land der Welt, in dem sich zwei unabhängige landwirtschaftliche Systeme entwickelt haben. Im Norden des Landes dominiert der Hirseanbau, im Süden gibt es vornehmlich Reisfelder. Ein Team aus Wissenschaftlern aus China hat nun Scherben von Koch- und Vorratsgefäßen aus der Ausgrabungsstätte Qujialing in der Provinz Hubei in Zentralchina analysiert – also genau dort, wo sich beide Anbausysteme trafen.

Solche Tonscherben sind für Archäolog:innen eine wichtige Informationsquelle für die Ernährungsgewohnheiten: Was und wie viel haben die Menschen früher gegessen? Denn auf den Scherben finden sich häufig Stärkekörner, die sich in ihrem Aussehen unterscheiden. Unter dem Mikroskop lässt sich dann erkennen, aus welchen Pflanzenspezies die Stärkekörner stammen.

Die Stärke verrät‘s

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Die dominierende Nahrungspflanze in China ist der Reis, der schon seit tausenden von Jahren in weitläufigen Terrassen angebaut wird.

Die dominierende Nahrungspflanze in China ist der Reis, der schon seit tausenden von Jahren in weitläufigen Terrassen angebaut wird.

Bildquelle: © hbieser / Pixabay

Insgesamt fanden die Forscher:innen 1521 Stärkekörner auf den 41 Tonscherben. Basierend auf ihrem Aussehen und Größe ließen sich diese Stärkekörner sieben verschiedenen Nahrungspflanzen zuordnen: Reis (Oryza sativa), Hirse (Setaria italica und Panicum miliaceum), Hiobstränen, Eicheln, Bohnen, Lotuswurzeln und Arten mit unterirdischen Speicherorganen (USOs). Im letzten Fall könnte es sich um die chinesische Yamswurzel (Dioscorea panthainca) handeln.

Es ist die erste Studie, die Beweise dafür liefert, dass die in China weitverbreitete Nahrungs- und Heilpflanze Hiobstränen sowie die beliebten Lotuswurzeln bereits vor langer Zeit von den Menschen in der Region Qujialing als Nahrung genutzt wurde. Frühere Analysen, die sich auf Phytolithen (Kieselsäurepartikel) und Makrofossilien beschränkten, konnten diese Pflanzen nicht nachweisen.

Mehr Landwirtschaft, weniger Sammlertum

Die analysierten Tongefäße stammen aus drei verschiedenen Zeiträumen. Die erste Phase ist die Neolithische Youziling Kultur (vor 5800-5100 Jahren), die zweite nennt sich Qujialing Kultur (vor 5100-4500 Jahren) und der dritte Zeitraum heißt Shijiahe Kultur (vor 4500-4200 Jahren). In allen drei Zeiträumen fanden sie eine Vielzahl von Stärkekörnen von Reis, Hirse, Hiobstränen und Lotuswurzeln. Anders sah es bei den Nahrungsmitteln aus, die nicht angebaut, sondern gesammelt wurden: Eicheln und USOs. Die Anzahl dieser Stärkekörner war auf den ältesten Tonscherben am höchsten und nahm dann kontinuierlich ab. Bei Eicheln sank der Wert von etwa 10 Prozent auf null, bei USOs von 50 Prozent auf 16 Prozent. Offensichtlich konzentrierten sich die Menschen schon damals zunehmend auf den Anbau weniger Kulturarten, die dafür größere Ernten versprachen.

Die Erfindung der Landwirtschaft ist der Grundstein für die Entwicklung der menschlichen Zivilisationen. Sie ermöglichte es, dass eine relativ kleine Gruppe von Menschen die Nahrung für eine ganze Gemeinschaft produziert. Das wiederum setzte Ressourcen frei, die nun für Fortschritt und Entwicklung sowie Arbeitsteilung auch in anderen Bereichen genutzt werden konnten.


Quelle:
Khan, M. et al. (2022): Plant foods consumed at the Neolithic site of Qujialing (ca. 5800-4200 BP) in Jianghan Plain of the middle catchment of Yangtze River, China. In: Front. Plant Sci. 13 (18.Oktober 2022). doi: 10.3389/fpls.2022.1009452

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Titelbild: Die Lotusblüte ist eine weit verbreitete Nahrungspflanze in Zentralchina. (Bildquelle: © lamosi / Pixabay)