Zusammen sind sie stark: Verwandte Pflanzen

25.10.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ambrosia erkennt seine

Ambrosia erkennt seine "Angehörigen" (Quelle: © emer - Fotolia.com).

Pflanzen erkennen ihre “Angehörigen“. Verwandte investieren mehr in ein gemeinsames Mykorrhiza-Netzwerk als nicht verwandte Pflanzen – zum Vorteil der Gruppe.

Die Symbiose mit Mykorrhizapilzen bringt dem Ambrosia-Kraut viele Vorteile: Der Pilz versorgt die Pflanzen mit Wasser und wichtigen Nährstoffen und schützt sie vor Krankheitserregern. Als Gegenleistung erhält er von der Pflanze Kohlenhydrate , die er zum Wachsen braucht. Mykorrhizapilze interagieren mit vielen Pflanzen gleichzeitig. Forscher haben herausgefunden, dass verwandte Pflanzen im Kampf um Nährstoffe zusammen arbeiten. Sie investieren mehr wertvolle Ressourcen in das Wachstum des Mykorrhizanetzwerks – zum Wohle der Gruppe. Dies zeigen zwei Experimente mit Beifuß-Ambrosie und Ambrosia artemisiifolia L. sowie Mykorrhiza-Pilzen (Glomeromycota). Die Forscher wollten mit diesen untersuchen, ob Pflanzen die Anwesenheit von Familienangehörigen bzw. Fremden erkennen und wie sie darauf reagieren. 

Verwandte investieren mehr in das Pilzwachstum

In einem ersten Experiment pflanzten sie je zwei Keimlinge der gleichen mütterlichen Linie bzw. nicht verwandter Pflanzen zusammen in einen Topf, der entweder mit dem Mykorrhizapilz geimpft war oder nicht. Nach vier Wochen im Gewächshaus maßen die Forscher das Wachstum der Pflanzen. Sie erfassten die Biomasse der Blätter und Stiele und extrahierten die Wurzelbiomasse aus einem 2x2cm großen Bodenareal. Die Hälfte der Wurzelprobe nutzten sie, um die Wurzelbiomasse zu quantifizierten. In der anderen Hälfte wurden die Arbuskeln des Mykorrhizapilzes gezählt. Arbuskeln sind bäumchenartige Hyphenstrukturen des Mykorrhizapilzes innerhalb der Wurzelrindenzellen der Pflanze. An diesen Stellen findet der Nährstoffaustausch zwischen Pilz und Pflanze statt. Die Anzahl der Arbuskeln ist daher ein Zeichen für eine funktionierende Symbiose. Zudem wurden die Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber Krankheitserregern anhand der Anzahl geschädigter Wurzeln erfasst. Wurzelläsionen konnten nur von Pathogenen aus dem Gewächshaus stammen, denn die Pflanzen wurden nicht willentlich mit Krankheitserregern infiziert. 

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Ambrosia ist eine invasive Pflanze, die ursprünglich aus Nordamerika stammt. In Europa hat sie sich besonders auf gestörten Böden ausgebreitet, z.B. an Straßenrändern und Bahndämmen, in Kiesgruben, auf Baustellen und Schutthalden, aber auch in Gärten (Quelle: © Dalgial / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0).

Ambrosia ist eine invasive Pflanze, die ursprünglich aus Nordamerika stammt. In Europa hat sie sich besonders auf gestörten Böden ausgebreitet, z.B. an Straßenrändern und Bahndämmen, in Kiesgruben, auf Baustellen und Schutthalden, aber auch in Gärten (Quelle: © Dalgial / wikimedia.org; CC BY-SA 3.0).

Wenn die Ambrosia mit ihren Angehörigen gepflanzt wurde, war das Pilznetzwerk größer und die Wurzeln der Pflanzen stärker mit Arbuskeln und Hyphen des Pilzes besiedelt als bei fremden Pflanzen. Dies lässt darauf schließen, dass die verwandten Pflanzen mehr Kohlenhydrate in das Netzwerk investierten, um so auch mehr Vorteile zu erlangen. Denn die verwandten Pflanzen hatten auch deutlich weniger Wurzelläsionen. Sie waren also weniger anfällig für Krankheitserreger. Keine Unterschiede gab es beim Wachstum, also dem Biomasseertrag über der Erde und der Wurzellänge, zwischen Pflanzen mit und ohne Mykorrhizanetzwerk. 

Starkes Netzwerk verbessert die Nährstoffversorgung

Mit einem zweiten Experiment wurde untersucht, inwieweit die Verwandtschaft der Pflanzen und die Nährstoffversorgung die Symbiose im Jugendalter beeinflussen. Hierzu pflanzten die Forscher je vier junge Pflanzen in einen Topf und variierten dabei die Verwandtschaftsverhältnisse. Die Hälfte der Töpfe wurde mit einem einzelnen Isolat des Mykorrhizapilzes geimpft, die andere Hälfte nicht. Zusätzlich wurde ein Teil der Pflanzen gedüngt, ein anderer Teil nicht. Insgesamt untersuchten die Forscher 768 Pflanzen in allen möglichen Bedingungskombinationen. 15 Wochen hatten die Pflanzen und ihre Mykorrhizanetzwerke nun Zeit zu wachsen, dann wurde geerntet. Die Forscher quantifizierten die Biomasse der Blätter und Stiele sowie der Wurzelbiomasse. Und sie maßen das Verhältnis von Wurzelbiomasse zu Arbuskeln, Versikeln und Hyphen sowie die Hyphenlänge. Darüberhinaus erfassten sie die Nährstoffversorgung der Pflanzen je Topf. Hierzu berechneten sie den Stickstoffgehalt der Blätter aller vier Pflanzen im Topf. 

Auch hier waren die Netzwerke verwandter Pflanzen deutlich größer und die Wurzelbesiedelung weiter vorangeschritten. Je größer das Mykorrhiza-Netzwerk, desto größer war auch die Stickstoffausbeute der ganzen Pflanzengruppe. Ungedüngte Pflanzen konzentrierten ihr Wachstum in den Wurzeln und bildeten weniger Blätter aus als gedüngte Pflanzen. Gedüngte Einzelpflanzen wuchsen am stärksten, egal ob mit oder ohne Mykorrhizapilz. Auch bei gedüngten Pflanzen, die mit Fremden im Topf wuchsen, gab es mit oder ohne Pilznetzwerk keine Unterschiede in der Blattbiomasse. Komplexer war die Situation bei den verwandten Pflanzen, die sich einen Topf teilten. Gedüngte Pflanzen wuchsen auch ohne Pilznetzwerk gut. Wurden die Pflanzen jedoch nicht gedüngt, konnte die Nährstoffversorgung aus dem Pilznetzwerk den fehlenden Dünger kompensieren.

Weniger Dünger dank Mykorrhiza-Netzwerk

Verwandte Pflanzen profitieren von einem funktionierenden Mykorrhiza-Netzwerk. Und sie fördern selbst das Wachstum dieses Netzwerks. Bislang war nur bekannt, dass Tiere ihre Angehörigen erkennen können. Die Studie liefert nun einen Beweis dafür, dass auch Pflanzen auf Verwandte reagieren. Wahrscheinlich erkennen sie ihre Familienmitglieder an den Wurzelsekreten, vermuten die Forscher. Die Kooperation unter Verwandten hat für die Pflanzen eine wichtige Funktion im Konkurrenzkampf um Nährstoffe, dies zeigen die Experimente. Inwieweit verwandte Pflanzen auch in anderen Zusammenhängen zum Wohle der Gruppe kooperieren, müssen weitere Studien zeigen. 

Dieses Wissen ist wichtig für die Landwirtschaft. Mykorrhizapilze werden heute als Bodenadditive für Gartenpflanzen vermarktet. Konventionelle landwirtschaftliche Praktiken stören bisher in der Regel Mykorrhizapilze. Die symbiotischen Netzwerke aus Pilz und Pflanzen könnten zukünftig jedoch einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Landwirtschaft leisten, indem sie das Pflanzenwachstum fördern und gleichzeitig den Düngemittelbedarf senken. 


Quelle:

Amanda L. File, John Klironomos, Hafiz Maherali, Susan A. Dudley. Plant Kin Recognition Enhances Abundance of Symbiotic Microbial Partner. PLoS ONE, 2012; 7 (9), DOI: 10.1371/journal.pone.0045648.

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