„Ich gewann Einblicke in die Arbeit zwischen Königspalast und Europaparlament“

Interview mit Isabelle Deppé

07.12.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Doktorandin Isabelle Deppé erforscht, wie Eiweiß aus Raps auch für die menschliche Ernährung nutzbar werden kann, und schaut dabei auch „über den Tellerrand“ ihrer eigenen Arbeit. (Bildquelle: © Isabelle Deppé)

Die Doktorandin Isabelle Deppé erforscht, wie Eiweiß aus Raps auch für die menschliche Ernährung nutzbar werden kann, und schaut dabei auch „über den Tellerrand“ ihrer eigenen Arbeit. (Bildquelle: © Isabelle Deppé)

Raps enthält viel hochwertiges Protein, das momentan jedoch nicht für die menschliche Ernährung verwendet werden kann. Die Doktorandin Isabelle Deppé möchte das ändern.

Im Interview erläutert sie, welche Erfolge sie mit ihrem Projektteam auf der Suche nach den genetischen Schlüsseln dazu bereits hatten. Sie gibt Einblicke, wie sie durch ihre Mentorin viel über Europapolitik und Zeitmanagement gelernt hat und welche Faktoren junge Forschende darin unterstützen, den Spagat zwischen Arbeit und Privatleben zu meistern.

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Raps ist eine einheimische Pflanze, aus deren Samen Öl und Protein gewonnen wird. Hier wurden pollendichte und luftdurchlässige Tüten über ausgewählte Blütenstände gezogen, um selbstbestäubte Pflanzen zu erhalten.

Raps ist eine einheimische Pflanze, aus deren Samen Öl und Protein gewonnen wird. Hier wurden pollendichte und luftdurchlässige Tüten über ausgewählte Blütenstände gezogen, um selbstbestäubte Pflanzen zu erhalten.

Bildquelle: © Isabelle Deppé

Pflanzenforschung.de: Raps ist bei den meisten Menschen für sein Öl bekannt. Sie untersuchen hingegen die Proteine der Samen. Frau Deppé, warum ist Eiweiß aus Raps interessant?

Isabelle Deppé: Raps ist eine einheimische Ölpflanze und muss nicht um die halbe Welt transportiert werden, wie etwa Soja. Der Rapsschrot, der das Protein nach der Ölpressung enthält, wird hauptsächlich in der Tierernährung verwendet.

Dabei ist die Qualität des Rapsproteins vergleichbar und sogar ein bisschen besser als die des Sojaproteins. Das liegt an den höheren Mengen schwefelhaltiger Aminosäuren im Raps, die wichtig sind für unsere Ernährung. Allerdings enthält der Rapsschrot gewisse Bitterstoffe, die seine Verwendung für die menschliche Ernährung schwierig machen.

Pflanzenforschung.de: Was genau untersuchen Sie in Ihrem Projekt? Wie gehen Sie dabei vor?

Isabelle Deppé: Unser Projekt heißt RaPEQ und das „Q“ steht für Qualität. Wir wollen die Grundlagen für die Zucht von Rapssorten legen, die viel, hochwertiges und kaum bitteres Protein enthalten. Dazu müssen wir die Genetik hinter den Proteineigenschaften im Raps besser verstehen. Wir führen daher eine sogenannte genetische Assoziationsstudie durch. Sie zeigt uns Stellen im Genom der Rapspflanze, die mit dem Proteingehalt bzw. der Proteinqualität zusammenhängen.

Wichtig ist dabei zum Beispiel der Gehalt an Cruciferin und Napin. Diese bilden die beiden größten Proteinfraktionen im Raps und machen zusammen rund 80 Prozent des Gesamtproteingehaltes im Samen aus.

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In ihrem Projekt analysiert Isabelle Deppé die Proteine aus Rapssaat. Oben: Aminosäureextrakte aus Rapsschrot, die gefiltert und dann im Aminosäureanalysator untersucht werden. Unten: Proteinisolate Napin (links) und Cruciferin (rechts).

In ihrem Projekt analysiert Isabelle Deppé die Proteine aus Rapssaat. Oben: Aminosäureextrakte aus Rapsschrot, die gefiltert und dann im Aminosäureanalysator untersucht werden. Unten: Proteinisolate Napin (links) und Cruciferin (rechts).

Bildquelle: © Isabelle Deppé

Beide Proteinfraktionen beinhalten verschiedene Aminosäuren. Da Napin mehr schwefelhaltige Aminosäuren besitzt, streben wir einen erhöhten Napingehalt an. In den Assoziationsstudien werden die Daten zum Cruciferin-, Napin- und Gesamtproteingehalt mit den genetischen Daten in einem Rechenverfahren am Computer verknüpft. So können wir dann Rückschlüsse auf die Genetik der Proteineigenschaften ziehen.

Um diese Studien durchführen zu können, haben wir 200 Rapsvarianten für zwei Jahre angebaut und dann die Aminosäurezusammensetzung sowie den Cruciferin- und Napingehalt der Samenkörner analysiert. Tatsächlich sind die Laboranalysen und Feldversuche dabei am zeitaufwendigsten. Die Rechnung am Computer selbst dauert nur ein paar Stunden.

Pflanzenforschung.de: Welche Ergebnisse liegen bereits vor?

Isabelle Deppé: Unsere Partner in München konnten einen Stoff im Rapsschrot identifizieren, welcher vor allem für den bitteren Geschmack verantwortlich ist: ein Kaempferol.

Jetzt wollen wir anhand weiterer genetischer Studien Rapsvarianten identifizieren, die einen niedrigen Kaempferolgehalt aufweisen. Diese Pflanzen sind dann der Ausgangspunkt für die Züchtung nicht bitterer Sorten.

Pflanzenforschung.de: Parallel zu Ihrer Forschung haben Sie auch am Mentoring-Programm der PLANT 2030 ACADEMY teilgenommen. Mit wem haben Sie zusammengearbeitet und warum?

Isabelle Deppé: Meine Mentorin war Petra Jorasch. Sie arbeitet bei Euroseeds als Manager Plant Breeding Innovation Advocacy in Brüssel. Mir war wichtig, dass meine Mentorin außerhalb der Universität arbeitet. Ich wollte das Mentoring-Programm nutzen um „über den Tellerrand“  zu sehen und zu erfahren, was es außer Forschung noch gibt.

Pflanzenforschung.de: Welche Einblicke und Einsichten haben Sie durch das Mentoring gewonnen? Würden Sie Mentoring auch anderen jungen Forschenden empfehlen?

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Isabelle Deppé mit ihrer Mentorin Petra Jorasch vorm Europaparlament in Brüssel.

Isabelle Deppé mit ihrer Mentorin Petra Jorasch vorm Europaparlament in Brüssel.

Bildquelle: © Petra Jorasch

Isabelle Deppé: Zuerst habe ich ein bisschen den Arbeitsalltag von Petra kennengelernt, mitten in Brüssel zwischen dem Königspalast und dem Europaparlament. Wir waren auch im Europaparlament, wo wir an einer Podiumsdiskussion teilnahmen. Während unserer Mentoringzeit habe ich sie aber auch immer wieder um professionellen und persönlichen Rat gefragt.

Es ist einfach schön, eine Gesprächspartnerin zu haben, die so viel Lebens- und Berufserfahrung hat. Neben Verbandsarbeit habe ich so auch einiges über Europapolitik und Zeitmanagement gelernt. Es hat sehr viel Spaß gemacht! Auf alle Fälle würde ich das Mentoring empfehlen.

Pflanzenforschung.de: Die PLANT 2030 ACADEMY bietet vielfältige Angebote für junge Pflanzenforschende. Welche Angebote haben Ihnen besonders weitergeholfen?

sabelle Deppé: Am meisten hat mir das Mentoring weitergeholfen. Überhaupt Menschen zu treffen, die auch in der Pflanzenforschung promovieren und sich mit ihnen auszutauschen war super. Wenn ich länger darüber nachdenke, waren alle Angebote der PLANT 2030 ACADEMY gut, aber das Mentoring und der Austausch mit anderen war definitiv mein Highlight.

Pflanzenforschung.de: Im vergangenen Jahr sind Sie Mutter geworden, herzlichen Glückwunsch! Hat sich ihr Forschungsalltag dadurch verändert?

 Isabelle Deppé: Ja, würde ich schon sagen. Ich bin effizienter in der Erledigung meiner Aufgaben geworden. Beispielsweise habe ich vorher immer sehr lange geplant, wie ich etwas tue, und mich sehr lange eingelesen. Jetzt informiere ich mich gezielter und gehe schneller in die angewandte Phase.

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Isabelle Deppé bei einem PLANT 2030 ACADEMY Workshop.

Isabelle Deppé bei einem PLANT 2030 ACADEMY Workshop.

Bildquelle: © Matthias Arlt/Plant 2030

Pflanzenforschung.de: Welche Möglichkeiten zur Unterstützung von Forschenden mit Kindern empfinden Sie als hilfreich oder würden Sie sich wünschen?

Isabelle Deppé: Flexible Arbeitszeiten sind super und davon profitiere ich sehr. Ich kann selbst planen, wann ich was tue, und das hilft mir ungemein. Unschlagbar sind meiner Meinung nach Vorgesetzte, die einem Verständnis für die Familiensituation entgegenbringen und dementsprechend aufgeschlossen für verschiedene Arbeitsmodelle sind.

Pflanzenforschung.de: Wie schätzen Sie generell die Situation junger Forschender ein? Wie könnte sie weiter verbessert werden?

Isabelle Deppé: Ich glaube die Situation junger Forschender in Deutschland ist gar nicht schlecht. Ich würde mir wünschen, dass es mehr entfristete Stellen nach der Promotion in der Forschung gibt.

Pflanzenforschung.de: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre Vorhaben!


Zum Weiterlesen:

Titelbild: Die Doktorandin Isabelle Deppé erforscht, wie Eiweiß aus Raps auch für die menschliche Ernährung nutzbar werden kann, und schaut dabei auch „über den Tellerrand“ ihrer eigenen Arbeit. (Bildquelle: © Isabelle Deppé)