Insektenbestäubung älter als gedacht

Forscher finden 99 Millionen Jahre alten Käfer mit Pollen von Nacktsamer

12.09.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Illustration zeigt, wie es ausgesehen haben könnte in der Kreidezeit: C. Cycadophilus auf Palmfarnen. (Bildquelle: © NIGPAS)

Die Illustration zeigt, wie es ausgesehen haben könnte in der Kreidezeit: C. Cycadophilus auf Palmfarnen. (Bildquelle: © NIGPAS)

Ein in Bernstein eingeschlossener Käfer lässt vermuten, dass die Bestäubung von Pflanzen durch Insekten bereits begann, als es noch den Großkontinent Gondwana gab.

Ob Getreide oder Obstbäume: Die Bestäubung von Bedecktsamern durch Insekten spielt für die heutige Nahrungsmittelproduktion eine zentrale Rolle. Die evolutionär älteren Nacktsamer, zu denen heute vor allem noch Nadelholzgewächse zählen, setzen hingegen meist auf die Bestäubung durch den Wind. Ein Bernsteinfund zeigt nun, dass die Bestäubung durch Insekten ihren Ursprung jedoch bei den Nacktsamern nahm – und wahrscheinlich schon vor dem Aufkommen der ersten Bedecktsamer entstanden ist.

Käfer mit „verdächtigen“ Pollen

Eine internationale Forschungsgruppe unter Beteiligung des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn hat dazu einen in Bernstein eingeschlossenen Käfer untersucht. Der in die Kreidezeit datierte Fund aus dem nördlichen Myanmar enthielt neben dem Käfer noch Pollen. Den Käfer bestimmten die Wissenschaftler um Chenyang Cai von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften mit phylogenetischen Methoden als neues Mitglied der Familie der Boganiidae und tauften ihn Cretoparacucujus cycadophilus.

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Fund im Bernstein: Der Käfer, der auf den Namen Cretoparacucujus cycadophilus getauft wurde, mit Pollen von Palmfarnen.

Fund im Bernstein: Der Käfer, der auf den Namen Cretoparacucujus cycadophilus getauft wurde, mit Pollen von Palmfarnen.

Bildquelle: © NIGPAS

Den Pollen ordneten die Forscher aufgrund von Form, Struktur und weiteren Eigenschaften den zu den Nacktsamern zählenden Palmfarnen (Cycadopites) zu. Die heute noch vorkommenden Arten dieser Farne gehören zu den wenigen Nacktsamern, die von spezialisierten Insekten bestäubt werden. Das ließ das Team hellhörig werden, denn der heute in Australien verbreitete Paracucujus-Käfer und der südafrikanische Metacucujus-Käfer sind enge Verwandte des Käfers aus der Jurazeit – und bestäuben Palmfarne. Sollte der rund 99 Millionen Jahre alte Käfer bereits ein Bestäuber gewesen sein, zu einer Zeit, als die Ausbreitung der Bedecktsamer eben erst begonnen hatte?

Körperbau zeigt Ähnlichkeiten mit modernen Bestäubern

Tatsächlich deuten einige morphologische Merkmale des Käfers genau daraufhin, wie weitere Untersuchungen zeigten. Dessen großer Unterkiefer weist einen weiten Hohlraum auf, der mit borstenartigen Härchen besetzt ist. Eben diese Strukturen dienen seinen heutigen Verwandten dazu, Pollen zu transportieren. Von weiteren körperlichen Merkmalen ist bekannt, dass sie heutigen Arten dazu dienen, sich an Pflanzen festzuhalten und auf ihnen zu klettern. Die Ernährung von Pollen scheint demnach eine biologische Eigenschaft der gesamten Klade zu sein.

Insekten-Bestäubung gibt es vielleicht schon seit 175 Millionen Jahren

„Boganiide Käfer sind Bestäuber von Cycadeen seit der Zeit der Dinosaurier“, resümiert Chenyang Cai. Er geht sogar noch einen Schritt weiter. Denn der Umstand, dass die Verwandten des Käfers heute in Südafrika und Australien leben, deute darauf hin, dass deren Vorfahren bereits zur Zeit des Großkontinents Gondwana gelebt haben, vor rund 175 Millionen Jahren. „Unser Fund legt den wahrscheinlichen Ursprung der Bestäubung von Cycadeen durch Käfer in die frühe Kreidezeit, lange bevor Bedecktsamer dominierten und Blühpflanzenbestäuber wie Bienen umher schwirrten“, betont Cai. Der direkte Beweis dafür könnte jedoch schwierig zu führen sein, da Insekten aus der frühen Jurazeit meist als komprimierte Fossilien und nicht in Bernsteineinschlüssen gefunden werden.

Für die Pflanzenforschung hat die Entdeckung vor allem deshalb Bedeutung, weil die komplexe Biologie der Nacktsamer bis heute nur unvollständig verstanden ist. Insbesondere gilt das für die Spezialisierung einiger ihrer Arten auf die Bestäubung durch Insekten.


Quelle:
Cai, C. et al. (2018): Beetle Pollination of Cycads in the Mesozoic. In: Current Biology 28, 1-7, (10.09.2018), doi: 10.1016/j.cub.2018.06.036.

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Titelbild: Die Illustration zeigt, wie es ausgesehen haben könnte in der Kreidezeit: C. Cycadophilus auf Palmfarnen. (Bildquelle: © NIGPAS)