Opium aus Hefe statt Schlafmohn

Bald könnten Hefen Opiate für Medikamente produzieren

03.09.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hefe in kleinen gepressten Blöcken, ist ein gewohnter Anblick. Doch Hefezellen sind nicht nur zum Backen oder Bierbrauen zu gebrauchen, wie Forscher nun bewiesen haben. (Bildquelle: © Brandtmarke / pixelio.de)

Hefe in kleinen gepressten Blöcken, ist ein gewohnter Anblick. Doch Hefezellen sind nicht nur zum Backen oder Bierbrauen zu gebrauchen, wie Forscher nun bewiesen haben. (Bildquelle: © Brandtmarke / pixelio.de)

Weltweit steigt der Bedarf an Medikamenten. Darunter auch der an Opiaten, zum Beispiel Schmerzmittel die Morphin enthalten. Diese Arzneistoffe werden aus Opium gewonnen. Derzeit ist die einzige Quelle dafür der Schlafmohn. Molecular Pharming mal anders herum, denn bald könnten Hefen diese begehrten Substanzen mit Hilfe von Pflanzengenen produzieren.

Schlafmohn (Papaver somniferum) ist eine wichtige Kulturpflanze, denn sie besitzt die Fähigkeit Opium zu produzieren. Um das Opium zu erhalten, muss man den in den Samenkapseln enthalten Milchsaft trocknen. Er enthält viele Opiate wie z. B. Morphin oder Codein, die zu medizinischen Zwecken genutzt werden. Sie werden als starke Schmerzmittel oder stark verdünnt als Hustenstiller eingesetzt. Die Pharmaindustrie ist auf eine stetige Versorgung der Arzneistoffe angewiesen. Doch der legale Anbau von Schlafmohn ist begrenzt und eine künstliche Synthese derzeit wirtschaftlich noch nicht möglich. Es gibt derzeit auch keine pflanzliche Alternative, da nur wenige Pflanzen Opiate herstellen und wenn, dann nur in sehr geringen Mengen.

Hefen als Opiat-Fabriken

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Derzeit ist Schlafmohn die einzige wirtschaftliche Quelle für Opium und somit auch für Opiate, die medizinisch genutzt werden. Um Rohopium zu erhalten, muss man die Samenkapseln des Schlafmohns anritzen und den austretenden Milchsaft trocknen.

Derzeit ist Schlafmohn die einzige wirtschaftliche Quelle für Opium und somit auch für Opiate, die medizinisch genutzt werden. Um Rohopium zu erhalten, muss man die Samenkapseln des Schlafmohns anritzen und den austretenden Milchsaft trocknen.

Bildquelle: © iStock.com/mafoto

Illegaler Drogenhandel und klimatische Veränderungen machen es nötig, sich über Alternativen zum Anbau von Schlafmohn zu bemühen. Dabei klingt es vielversprechend, Schlafmohn zu imitieren und dessen Stoffwechselprodukte vollständig von Mikroorganismen in Gärbottichen herzustellen. Das wäre eine schnelle und kostengünstige Methode. Denn man würde nur ein Reaktionsgefäß und Zucker benötigen, um von den Hefen die wertvollen Opiate zu bekommen. Weit entfernt ist man davon nicht mehr: Ein Forscherteam veröffentlichte eine Studie, in der sie die Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) mit Genen aus Pflanzen so veränderten, dass die Hefezellen aus einem Vorläuferstoff medizinisch relevante Opiate erzeugen.

Fünf zusätzliche Gene für die Hefe  

Nachdem herausgefunden wurde, wie Opiate im Schlafmohn entstehen, konnte man das Wissen übertragen. Um den komplexen Stoffwechselweg der Pflanzen - der Stoffe wie Morphin hervorbringt - in die Hefen einzuführen, waren gentechnische Modifikationen des Hefegenoms nötig. Dabei wurden der Hefe drei Gene aus dem Schlafmohn eingeschleust. Die Gene codieren für drei Enzyme, die in der Pflanze die Synthese von Opiaten steuern.

Darüber hinaus war das Ziel, auch andere medizinisch relevante Stoffe, die auf Opiaten basieren in den Hefen zu erzeugen. Stoffe wie Hydromorphon weisen im Vergleich zu natürlichen Opiaten verbesserte Eigenschaften auf. Sie lassen sich besser über den Magen-Darm-Trakt aufnehmen, wodurch sich deren Wirkung verbessert. Diese optimierten Schmerzmittel entstehen durch chemische Modifikation der natürlichen Ausgangsstoffe.

Die Hefezellen wurden daher zusätzlich mit zwei Genen von einem Bakterium ausgestattet, welches auf Mohnpflanzen lebt (Pseudomonas putida). Denn dieses Bakterium ist zu der chemischen Synthese in der Lage, die notwendig ist, um diese strukturverwandten Opiate zu erzeugen.

Geglückte Opiat-Produktion

In den Experimenten konnten die Wissenschaftler feststellen, dass die veränderten Hefezellen mit Hilfe des Vorläuferstoffs Thebain natürliche Opiate und halb-synthetische Opiate hergestellt hatten. Das letzte Hindernis zu einer vollständigen Synthese der wertvollen Stoffe in den Hefen ist, sie dazu zu bringen, auch die Syntheseschritte zu vollführen, die zum Vorläufer Thebain führen. Kann auch dieser Stoff von den Hefezellen hergestellt werden, würde sich der Kreis schließen. Dann könnten die Hefezellen eigenständig Opiate hervorbringen.  

Es ist nicht neu, Pflanzenzellen oder tierische Zellen als Plattform zur Produktion von Arzneistoffen zu nutzen, dies bezeichnet man als Molecular Pharming. Hier dreht man das ganze um und nutzt pflanzliche Gene, um in Hefezellen die gewünschten Stoffe zu erzeugen.

Nur zu medizinischen Zwecken gedacht

Da Opium nicht nur medizinisch, sondern auch als Droge genutzt wird, fällt es unter das Betäubungsmittelgesetz. Aus dem Opiat Morphin lässt sich bekanntlich auch Heroin herstellen. Gelänge es, auf direktem Weg halb-synthetische Arzneistoffe in den Mikroorganismen zu produzieren, könnte dadurch auch der illegale Missbrauch eingedämmt werden. Diese Stoffe bringen nur der Pharmaindustrie einen Zusatznutzen und wären für illegale Zwecke nicht nutzbar.


Quelle:
Thodey, K., Galanie, S. und Smolke C.D. (2014): A microbial biomanufacturing platform for natural and semisynthetic opioids. In: XX, (online 24. August 2014), doi: 10.1038/nchembio.1613.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Hefe in kleinen gepressten Blöcken, ist ein gewohnter Anblick. Doch Hefezellen sind nicht nur zum Backen oder Bierbrauen zu gebrauchen, wie Forscher nun bewiesen haben. (Bildquelle: © Brandtmarke / pixelio.de)