Strigolaktone im Fokus

Signal-, Botenstoffe und Unterstützer der pflanzlichen Abwehr

26.09.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pflanzenhormone der Gruppe der Strigolaktone sind unter anderem Wachstums- und Entwicklungsregulatoren. (Bildquelle: © Goldlocki/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Pflanzenhormone der Gruppe der Strigolaktone sind unter anderem Wachstums- und Entwicklungsregulatoren. (Bildquelle: © Goldlocki/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Pflanzenhormone der Gruppe der Strigolaktone sind nicht nur das Signal für Samen parasitischer Pflanzen, dass es sich zu keimen lohnt. Sie unterstützen Pflanzen auch als Wachstums- und Entwicklungsregulatoren. Darüber hinaus locken sie nützliche Symbiosepartner an und spielen bei der Abwehr von biotischen Stressfaktoren eine Rolle, nämlich bei der Verteidigung gegen spezifische Krankheitserreger.

Strigolaktone sind Pflanzenhormone, die an mehreren Prozessen in und um die Pflanze beteiligt sind. Allerdings war ihre Funktion als Hormon zunächst nicht bekannt: Man identifizierte Strigolaktone ursprünglich als Stimulatoren für die Keimung der Samen der parasitären Pflanzen aus der Gattung Striga, die in den Tropen und Subtropen verbreitet sind, wie z. B. die gefürchtete Art Striga hermonthica, die in der Landwirtschaft Afrikas große Ernteverluste verursacht. Aufgrund ihres „heimlichen“ unterirdischen Befalls, der erst sichtbar wird, wenn es schon zu spät ist, wird der Parasit umgangssprachlich auch „Hexenkraut“ (im Englischen witchweed) genannt.

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Sie sehen unscheinbar, gar schön aus, doch was hier lila aus dem Boden kommt, sind die Blüten der parasitären Striga-Pflanze, die vor allem in Afrika zu Ernteverlusten führt.

Sie sehen unscheinbar, gar schön aus, doch was hier lila aus dem Boden kommt, sind die Blüten der parasitären Striga-Pflanze, die vor allem in Afrika zu Ernteverlusten führt.

Bildquelle: © International Institute of Tropical Agriculture/flickr.com; CC BY-NC 2.0

Der Grund ist, dass Strigolaktone von den Wurzeln in den Boden (Rhizosphäre) abgegeben werden und dort als Signalstoff für die schädlichen Unkräuter dienen. Durch Rezeptoren spürt das Unkraut die Strigolaktone auf und beginnt, sich heimisch einzurichten – auf Kosten der Wirtspflanzen und zulasten der Landwirtschaft (siehe hierzu: „Wissenschaft schlägt Hexenkraut“).

Freund und Feind werden angelockt

Daher fragte man sich zurecht, warum Pflanzen einen Stoff produzieren und abgeben, der für sie schädliche Auswirkungen hat. Erst später entdeckte man die nützliche Funktion der Strigolaktone: Sie können Symbiosepartner, wie Mykorrhiza-Bodenpilze, gezielt zu den Wurzeln der Pflanze führen (siehe hierzu: „Lockstoff im Boden“). Die Signalmoleküle werden im Boden von den nützlichen Pilzen bemerkt. Die Pilzhyphen beginnen daraufhin, zur Wurzel zu wachsen, dringen dann in die Wurzelzellen ein und bilden verästelte Netzwerke. Diese Symbiose-Form wird abgeleitet vom lateinischen Wort für Bäumchen als arbuskuläre Mykorrhiza bezeichnet und liefert den Pflanzen zusätzliche Nährstoffe.

Nach dieser Entdeckung wurde klar, dass das Anlocken der schädlichen Parasiten ein ungewünschter Nebeneffekt ist: Eigentlich will die Pflanze Freunden den Weg weisen, doch leider erkennen auch Schmarotzer die Wegmarkierungen.

Noch „junge“ Pflanzenhormone

2008 erkannte man, dass Strigolaktone wichtige Regulatoren der Pflanzenarchitektur sind, da sie die Seitenverzweigung des Sprosses hemmen (Umehara et al., 2008; Gomez-Roldan et al., 2008). Verhindert man die Bildung des Hormons, so steigt in Experimenten die Anzahl an Sprossverzweigungen. Doch das ist nicht alles. Kürzlich entdeckte man, dass Strigolaktone aktiv sind bei der Abwehr von Krankheitserregern.

Spezifischer Helfer der pflanzlichen Abwehr

Um sich vor Krankheitserregern (Pathogenen) zu schützen, bedarf es eines ausgeklügelten Systems innerhalb der Pflanzen. Der erste Hinweis, dass auch hier Strigolaktone am Werk sein könnten, lieferte eine Entdeckung: Forscher bemerkten, dass Promotorregionen von Genen, die in der Biosynthese der Hormone beteiligt sind, Sequenzmotive aufweisen, die von Transkriptionsfaktoren erkannt werden, die im Zusammenhang mit der Abwehrreaktion gegen Krankheitserreger, d. h. Bakterien, Viren oder Pilze, stehen.

Ob die Hormone beim Widerstand gegen biotische Stressfaktoren zum Einsatz kommen, wurde daraufhin weiter untersucht. An der Modellpflanze Arabidopsis thaliana fand man 2015 heraus, dass sie tatsächlich bei der Abwehr gegen spezielle Pathogene involviert sind: Dies beinhaltet bakterielle Infektionen verursacht von Rhodococcus fascians (Stes et al., 2015), Pectobacterium carotovorum und Pseudomonas syringae (Piisilä et al., 2015).

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Das Bakterium Rhodococcus fascians verursacht Blattgallen. Pflanzengallen können von vielen unterschiedlichen Erregern hervorgerufen werden und an unterschiedlichen Stellen der Pflanze auftreten. Hier abgebildet sind Blattgallen, die die Pflanze Milben zu verdanken hat. 

Das Bakterium Rhodococcus fascians verursacht Blattgallen. Pflanzengallen können von vielen unterschiedlichen Erregern hervorgerufen werden und an unterschiedlichen Stellen der Pflanze auftreten. Hier abgebildet sind Blattgallen, die die Pflanze Milben zu verdanken hat. 

Bildquelle: © Gilles San Martin/ wikimedia.org/ CC BY-SA 4.0

Strigolaktone gegen Bakterien

Rhodococcus fascians beispielsweise sondern bei der Infektion eine Mischung an Cytokininen ab, die infizierten Pflanzen bilden daraufhin Anomalien (sogenannte Pflanzengallen) aus, was einen Verlust der apikalen Dominanz, d. h. das Wachstum der Seitenknospen wird nicht mehr unterdrückt, und eine Aktivierung ruhender Achselmeristeme zur Folge hat. Cytokinine wirken während des Wachstums der Achselknospen antagonistisch auf Strigolaktone und können deren Biosynthese hemmen. In Experimenten mit Mutanten, die Strigolaktone nicht wie gewohnt bilden oder weiterleiten konnten, waren Pflanzengallen stärker ausgeprägt. Die Abwehr gegen das Bakterium scheint mit dem Level an Strigolaktonen im pflanzlichen Gewebe verknüpft zu sein. Da die Gene, die in der Strigolakton-Produktion involviert sind, während der Infektion überreguliert werden.

Strigolaktone spielen keine universelle Rolle bei Pflanzenabwehr

Allerdings wirken die Hormone, anders als erwartet, nicht universell gegen schädliche Pilze. Ihre Wirkung auf Pilze variiert von förderlich bis hemmend. Generelle Aussagen sind wie so oft in der Biologie schwierig zu treffen. Sehr oft sind es Reaktionen, die als „sowohl ... als auch” beschrieben werden können. Im konkreten Fall der Strigalaktone bedeutet dies, dass das Hormon als Schutzmechanismus der Pflanzen gegenüber speziellen Pathogene dient, aber eben auch Schädlinge, die es verstanden haben das Hormon zu nutzen, fördert. Viele Facetten der Beteiligung von Strigolaktonen in der Abwehr sind noch unbekannt und bedürfen weiterer Forschung. Viele der molekularen Mechanismen sind noch unverstanden.

Gezielte Steuerung für Landwirtschaft und Züchtung interessant

Große Hoffnung legt man auf Strigolaktone in Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung, da eine gezielte Beeinflussung deren Funktionen und Wirkungen neue Perspektiven eröffnet – für ein optimiertes Wachstum, aber auch für den Pflanzenschutz. Synthetische Strigolakton-Analoge wie GR24 oder Verbindungen, die das Biosynthese-Zwischenprodukt Carlacton als Vorbild haben, das dem „richtigen“ Hormon sehr ähnlich ist, könnten Striga-Parasiten täuschen und zur Keimung auch ohne Wirt veranlassen und so helfen, das Hexenkraut im Zaum zu halten (vgl. „Pflanzliche Hormone als Unkrautvernichtungsmittel“).


Quellen:

  • Marzec, M. (2016): Strigolactones as Part of the Plant Defence System. In: Trends in Plant Science, (05. September 2016), doi: 10.1016/j.tplants.2016.08.010.
  • Marzec, M. (2016): Perception and Signaling of Strigolactones. In: Front Plant Sci. 2016; 7: 1260, (23. August 2016), doi: 10.3389/fpls.2016.01260.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Pflanzenhormone der Gruppe der Strigolaktone sind unter anderem Wachstums- und Entwicklungsregulatoren. (Bildquelle: © Goldlocki/wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)